Geopolitik und Inflation fordern Unternehmen
Die Unternehmen in der Region Basel sind nach coronabedingt schwierigen Monaten gut ins Jahr gestartet. Der Ukraine-Krieg trübt nun aber die positive Grundstimmung. Herausforderungen sind neben unterbrochenen Lieferketten, hohen Rohstoffkosten und fehlender Planungssicherheit insbesondere die Inflation und der Fachkräftemangel. Dennoch blickt die Wirtschaft dank hoher Resilienz weitgehend zuversichtlich in die Zukunft – das zeigen die Ergebnisse unseres aktuellen Stimmungsbarometers.
«Corona und der Ukraine-Krieg haben die Welt verändert. Trotz aller Unsicherheiten blicken die Unternehmen in der Region Basel aber weitgehend mit Zuversicht in die Zukunft.», fasst Andreas Meier, stv. Direktor Handelskammer beider Basel, die aktuellen Ergebnisse des Stimmungsbarometers Frühjahr 2022 zusammen: «Grösste Sorge sind die allgemein steigenden Preise. Für mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen ist die Inflation die grösste Herausforderung, getrieben von der schwierigen Materialbeschaffung und Versorgungsengpässen. Sorge bereitet der Wirtschaft auch weiterhin der Fachkräftemangel.»
Inflation ist grosse Herausforderung
Unterbrechungen der Lieferketten lassen die Preise steigen und führen, trotz teilweise voller Auftragsbücher, zu Lieferengpässen bis hin zu Produktionsausfällen. Nebst den weiterhin grossen Engpässen bei Produkten aus China unterbricht nun zusätzlich der Ukraine-Krieg wichtige Versorgungsketten. Besonders betroffen sind Elektronikteile, Stahl, holzbasierte Rohstoffe, Nahrungs- und Futtermittel sowie Öl, Gas, Strom und Treibstoffe. «Viele Unternehmen überdenken nun ihre Lieferketten, suchen Alternativen und neue Zulieferer, um in Zukunft weniger abhängig zu sein», informiert Meier.
«Energieintensive Branchen und Produktionsbetriebe sind massiv von steigenden Energiepreisen betroffen. Handelt es sich dabei um Zulieferbetriebe im Ausland, trifft es die Schweizer Abnehmer gleichermassen. Die hohen Treibstoffpreise spüren vor allem Logistik- und Transportunternehmen», betont Meier. So macht in der Binnenschifffahrt der Diesel bis zu 50 Prozent der Transportkosten aus.
Auswirkungen des Ukraine-Kriegs
Direkt vom Ukraine-Krieg betroffen sind wenige, aber bedeutende international tätige Unternehmen der Region Basel mit Tochtergesellschaften oder Betriebsteilen in der Ukraine und in Russland. «Die beispiellose Tragödie in der Ukraine nimmt sie in eine nie dagewesene Verantwortung und Sorge um ihre Mitarbeitenden, sowohl in der Ukraine als auch in Russland», nennt Meier konkrete Auswirkungen: «Direkte Geschäftsbeziehungen zur Ukraine und zu Russland sind schwierig bis unmöglich. Voraus- oder Zwischenzahlungen in diese Länder sind vorderhand verloren. Lieferungen nach Russland werden eingeschränkt. Die Sanktionen müssen und wollen eingehalten werden. In den beiden Ländern realisierte Umsätze sind grösstenteils schlagartig weggebrochen.» Bei Geschäftsbeziehungen nach Russland stelle sich eine ethische Frage. Laufende Projekte werden gestoppt, neue gar nicht erst gestartet.
Geschäftsgang ist branchenabhängig
40 Prozent der Unternehmen berichten von einem guten Geschäftsgang. Das sind rund zehn Prozent weniger gegenüber dem Stimmungsbarometer Herbst 2021. Weitere rund 40 Prozent sprechen von einem befriedigenden Geschäftsgang. Im Vergleich zur Vorjahresperiode weist ein Drittel der Unternehmen einen besseren und rund die Hälfte einen gleichbleibenden Geschäftsgang auf. Für das kommende Halbjahr prognostizieren knapp 30 Prozent einen besseren und rund 60 Prozent einen gleichbleibenden Geschäftsgang. Der Detailhandel, der Tourismus, die Gastronomie und die Hotellerie sowie die Event-Branche beurteilen den Geschäftsgang am schlechtesten.
Bürokratieabbau für mehr Investitionsfreude
«Schwierigkeiten und Verzögerungen in der Materialbeschaffung treffen nicht nur Konsumgüter, sondern auch Investitionsgüter und dämpfen damit die Investitionstätigkeit», betont Meier. «Jedes fünfte Unternehmen wünscht sich weniger Bürokratie und einfachere Bewilligungsverfahren bei Investitionsvorhaben. Wir setzen uns konsequent dafür ein, dass Verfahren vereinfacht werden und der Wirtschaftsstandort Basel im nationalen und internationalen Vergleich steuerlich attraktiv ist.»
Corona weiterhin Thema
Für gut 40 Prozent der Unternehmen ist die Pandemie weiterhin eine Herausforderung. Viele Unternehmen beklagen Personalausfälle - bei manchen sind bis zu 25 Prozent der Belegschaft seit anfangs Jahr ausgefallen. «Corona hat aber auch gezeigt, dass Homeoffice eine neue Chance bietet. Es spielt eine immer geringere Rolle, von wo aus gearbeitet wird», hält Meier fest.
Über den Stimmungsbarometer
Die halbjährliche Konjunkturumfrage basiert auf einer Online-Umfrage, ergänzt durch Gespräche mit CEO sowie mit Expertinnen und Experten von Unternehmen. Den Stimmungsbarometer Frühjahr 2022 führten die Handelskammer beider Basel, der Arbeitgeberverband Basel, die Standortförderung Baselland und die Standortförderung des Amts für Wirtschaft und Arbeit Kanton Basel-Stadt von 14. März bis 1. April 2022 durch. 184 Unternehmen nahmen teil, darunter 86 aus Basel-Stadt und 88 aus Baselland.