Der lange Weg zurück in die Unabhängigkeit

01.12.2021

Marta Martin stand kurz vor ihrem 50. Geburtstag voll im Leben und arbeitete in einem 100 Prozent Stellenpensum, als sie von ihrer Krankheit ausgebremst wurde. Ihr Weg zurück in den Arbeitsalltag, der sie zu den Schweizerischen Rheinhäfen in Basel führte, ist eine Win-Win-Win-Geschichte.

Mit dem Label iPunkt zeichnet die gemeinnützige Organisation Impulse Unternehmen aus, die Inklusion im Unternehmen fördern. Dazu gehört auch das HKBB-Mitglied Schweizerische Rheinnhäfen.

Schon bei der Begrüssung ist die positive Energie, die von Marta Martin ausgeht, deutlich spürbar. Sie empfängt Impulse zusammen mit Rebecca Gebhard (Stv. Bereichsleiterin/HR) nur wenige Gehminuten vom Rhein entfernt. Vor etwas mehr als fünf Jahren ist Marta Martin von Barcelona in die Schweiz gezogen. Nachdem sie aufgrund ihrer Krankheit über längere Zeit wirtschaftlich von ihrem Mann abhängig war, begann sie Ende 2020 schliesslich ein mehrmonatiges Arbeitstraining bei den Schweizerischen Rheinhäfen in Basel. Es war für sie der erste Schritt zurück in den ersten Arbeitsmarkt. Seit Mai 2021 ist sie in einem 50% Stellenpensum als Projektmitarbeiterin im Bereich Finanzen, Personal und Services tätig und betreut mittlerweile sogar lokale und deutschsprachige Projekte. Die Schweizerischen Rheinhäfen sind Mitglied der Handelskammer beider Basel.

Impulse: Frau Martin, welche Bedeutung hat es für Sie, wieder arbeiten zu können und unabhängig zu sein?

Marta Martin: Nach einer schwierigen Phase in meinem Leben, wird nun meine ganze Welt wieder mit Licht und Farbe durchflutet. Es bedeutet mir unglaublich viel, meinen Alltag wieder eigenständig und unabhängig meistern zu können. Ich liebe meine Arbeit und habe wunderbare Teammitglieder und Vorgesetzte. Auch wenn es nie eine Garantie dafür gibt, wie sich meine Krankheit in den nächsten Jahren entwickeln wird, so geniesse ich im Moment einfach jeden Tag und schaue positiv in die Zukunft.

Impulse: Wie hat sich Ihre Krankheit auf Ihr Arbeitsleben ausgewirkt?

M.M: Ich leide unter der Krankheit Multiple Sklerose (MS), was bei mir immer wieder starke Müdigkeit, Kraftlosigkeit sowie Konzentrationsschwierigkeiten auslösen kann. Vor meiner Diagnose war ich in einem 100% Stellenpensum in einem anderen Unternehmen tätig. Durch die nach einem Rückfall stärker werdenden Nebenerscheinungen meiner Krankheit, kam es dann aber zeitweise sogar soweit, dass ich weder gehen, schreiben noch arbeiten konnte und auf die Unterstützung der IV angewiesen war. Nebst den körperlichen Beschwerden spielten dann natürlich auch psychische Faktoren eine Rolle.

Impulse: Wie haben Sie aus dieser Negativspirale wieder herausgefunden?

M.M: Als ich mich nach längerer Zeit gesundheitlich wieder etwas besser fühlte, war es schliesslich eine Mitarbeiterin der SVA Basel-Landschaft, die in einem ersten Schritt mit dem Verein Impulse Kontakt aufnahm. Dadurch entstand die Verbindung zu den Schweizerischen Rheinhäfen, die mir trotz meiner Vorgeschichte die Möglichkeit geboten haben, in Form eines Arbeitstrainings wieder einen ersten Schritt in die Arbeitswelt zu wagen. Obwohl gerade am Anfang nicht immer alles leicht war, hat vor allem die soziale Inklusion ein unglaublich positives Gefühl in mir ausgelöst.

Impulse: 2018 wurden die Schweizerischen Rheinhäfen zum ersten Mal mit dem Label iPunkt ausgezeichnet. Was hat Sie Frau Gebhard dazu bewegt, sich in diesem Bereich aktiv weiterzuentwickeln?

Rebecca Gebhard: Generell ist es für uns einfach wichtig, dass der Mensch – unabhängig von seiner Geschichte – gut zu uns ins Team passt. Es war uns auch schon vorher immer ein grosses Anliegen, Menschen mit Behinderungen genau wie alle anderen Arbeitnehmenden zu integrieren. Mit Impulse hatten wir das Gefühl, den richtigen Partner gefunden zu haben, der uns auf unserem Weg bei Bedarf unterstützt, beratet und wie im Fall von Marta, auch in vermittelnder Form zur Seite steht.

Impulse: Wie konnten Sie als Arbeitgeberin Frau Martin auf ihrem Weg begleiten?

R.G: Aus unserer Sicht sind dabei zwei Faktoren ganz entscheidend. Von Arbeitgeberseite her ist ein gewisses Mass an Flexibilität unabdingbar. Eine Krankheit, wie die von Frau Martin, tritt normalerweise in Schüben auf, darum ist es enorm wichtig, dass sie selbständig über ihre Arbeitszeiten respektive über ihre Auszeiten mitbestimmen kann. Anfangs mussten wir sie teilweise eher bremsen, damit sie sich nicht übernimmt. Ausserdem ist eine offene Kommunikation mit der betroffenen Person, aber auch innerhalb des Teams, ganz entscheidend. Wenn alle Mitarbeitenden sowie auch die Unternehmensleitung gut informiert und mit eingebunden sind, ist das Verständnis und der Rückhalt auf allen Ebenen automatisch enorm viel höher.

Impulse: Würden Sie die Aussage unterschreiben, dass der wirtschaftliche Nutzen für ein Unternehmen, welches Barrieren für Fachkräfte mit Behinderungen abbaut, mindestens so gross ist, wie der Aufwand, den es dafür betreiben muss?

R.G: Ganz klar! In der heutigen Gesellschaft gilt dies mehr denn je, denn schliesslich kann jeder oder jede von uns selbst in solch eine Situation geraten. Wir alle wissen ausserdem, wie viel es dafür braucht, neue Fachkräfte einzuarbeiten, daher muss es immer das Ziel sein, diese Menschen im Unternehmen halten zu können. 

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