Stellungnahmen zur Landratssitzung vom 11. Mai 2023

05.05.2023

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Landratssitzung vom 11. Mai 2023 Stellung.

Traktandum 22: Teilrevision des Gesetzes über die Motorfahrzeugsteuer; Hanspeter Weibel; 2022/700

In der Motion wird eine Förderung der Elektromobilität über die Motorfahrzeugsteuer gefordert. Auch der Regierungsrat hat den diesbezüglichen Handlungsbedarf erkannt und dazu die Vorlage «Teilrevision des Gesetzes über die Motorfahrzeugsteuer – verstärkte Ökologisierung» erarbeitet. Die Handelskammer hat die Gelegenheit genutzt, sich dazu vernehmen zu lassen (Siehe Stellungnahme der Handelskammer). Wir haben insbesondere folgende Forderungen aufgestellt:

  • CO₂-arme und -neutrale Antriebsformen sollen technologieneutral berücksichtigt werden.
  • Moderne Hybridfahrzeuge sind über eine bestimmte Distanz (bis ca. 100 km) ebenfalls rein elektrisch am Stück fahrbar. Sie verfügen über ein erhöhtes Gewicht und müssen daher ebenfalls von der Gewichtsreduktion zur Bemessung der Motorfahrzeugsteuer profitieren.
  • Die Anzahl öffentlich zugänglicher Ladestationen für Elektrofahrzeuge soll mit Augenmass erhöht werden.
  • Es soll ein Online-Rechner zur transparenten Berechnung der Motorfahrzeugsteuer erarbeitet und zur Verfügung gestellt werden.

Der Regierungsrat plant die Vorlage mit den politischen Parteien und Verbänden anlässlich eines Roundtables zu bereinigen. Die Handelskammer wird bei dieser Gelegenheit ihre Interessen und Forderungen einbringen. Auch die in der Motion vorgebrachten und teilweise in der regierungsrätlichen Vorlage bereits adressierten Anliegen können an diesem Roundtable verhandelt werden.

Wir bitten Sie, dem Regierungsrat zu folgen und die Motion als Postulat entgegenzunehmen und gleichzeitig abzuschreiben.

Traktandum 30: Einführung von Förderklassen auf Primar- und Sekundarschulstufe I für verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler; Anita Bieder; 2023/62

Aus Sicht der Wirtschaft sollte die integrative Schule tatsächlich kritisch hinterfragt werden. Schon bei der Zustimmung zum Sonderpädagogik-Konkordat haben wir angeregt, dieses mit Augenmass umzusetzen. Die Wirtschaft lehnt es ab, Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf in der Regelklasse vorrangig zu schulen, insbesondere solche mit schweren Lern-, Leistungs- und Verhaltensauffälligkeiten. Diese sollten in Klein- oder Förderklassen geschult werden. Die integrative Schulung verstärkt die Heterogenität der Klassenverbände, was das Leistungsniveau der Regelklasse beeinträchtigt. Mit der Überweisung der Motion als Postulat soll daher geprüft werden, ob verhaltens-auffällige Schülerinnen und Schüler allenfalls nicht besser in einer Förderklasse aufgehoben fühlen.

Wir bitten Sie, die Motion als Postulat zu überweisen.

Traktandum 32: Berufswahl stärken – Neuschaffung der Berufswahlklasse; Reto Tschudin; 2023/73

Durch die Schaffung der Leistungszüge und mit dem Fach Berufliche Orientierung sollte grundsätzlich gewährleistet sein, dass Jugendliche - gemäss den gewählten Niveaus - entsprechend auf die Berufswahl vorbereitet werden. Falls es diesbezüglich Anpassungen benötigt, müssten dort Angebote ausgebaut werden. Allerdings sollten aus unserer Sicht die bestehenden Möglichkeiten wie bspw. Berufliche Orientierung in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Informationsveranstaltungen und Orientierungsschnupperlehren direkt im Unternehmen gefördert werden und keine weiteren schulischen Angebote entwickelt werden. Mit diesem Vorbehalt stimmen wir einer Prüfung des Berufswahlprozesses zu.

Wir bitten Sie, das Postulat zu überweisen.

Traktandum 35: Die Region Basel fit für Wasserstoff machen; 2023/66

Der Regierungsrat wird aufgefordert, zusammen mit den Nachbarkantonen, dem Bund sowie allenfalls grenzüberschreitenden Gebietskörperschaften eine die Arbeiten des Bundes unterstützende und mit diesen, kongruente regionale Wasserstoffstrategie auszuarbeiten.

Neben der Identifikation möglicher Standorte für Anlagen zur Produktion und Lagerung sowie Anlagen für die Logistik von Wasserstoff soll insbesondere eine Kuratierung der hierfür benötigten Perimeter und Flächen vorgenommen werden. Zudem sollen weitere relevante Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass die Wasserstoffwirtschaft möglichst begünstigt wird. Wasserstoff und seine Derivate sind ein wichtiger Teil des Energiemixes der Zukunft. So kann er als Prozessenergie in der Industrie dienen. Aber auch als Treibstoff für Lastwagen, Busse und Schiffe verwendet werden und damit fossile Energieträger ersetzen. In beiden Fällen ist die Energiedichte von Batterien – Stand heute – nicht ausreichend.

Auf europäischer Ebene wird mit dem European Hydrogen Backbone ein leistungsfähiges Wasserstoffnetz grenzüberschreitend geplant und in absehbarer Zeit in Betrieb genommen. Die Schweiz und im Speziellen die Region Basel dürfen bei diesen Vorhaben auf keinen Fall ins Abseits geraten, denn es bietet eine einmalige Chance für unsere Region. Um diese nutzen zu können, muss der Kanton Basel-Landschaft in Zusammenarbeit mit dem Bund und den Nachbarkantonen eine mit der Strategie des Bundes kongruente Strategie Wasserstoff und seiner Derivate ausarbeiten. Gerade die Region Basel wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, dies schon allein wegen ihrer geografischen Lage als Tor zur Schweiz. Heute läuft fast ein Drittel der gesamten Erdölimporte über die Rheinhäfen. Es gilt, die vorhandene Infrastruktur und das vorhandene Know-how zu nutzen.

Auch national wird Wasserstoff mittelfristig an Bedeutung gewinnen. Eine seiner wichtigsten Funktionen für das Energiesystem der Zukunft hat der Wasserstoff nämlich als chemischer Speicher. Nach einem Ausbau der PV-Anlagen kann so zum Beispiel der Überschussstrom aus dem Sommer in das Winterhalbjahr transferiert werden. Nur wenn die schwankenden und stetig wachsenden Strommengen aus Wind und Sonnenkraft auch über den aktuellen Bedarf hinaus verwendet werden können, macht ein Ausbau der erneuerbaren Energiequellen Sinn, beziehungsweise können wir damit Versorgungssicherheit gewährleisten.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 40: Für eine starke Berufsbildung im Baselbiet; 2023/99

Mit verschiedenen Projekten und Initiativen (tunBasel, Coaching / Rent a Boss, Praktikumsmanagement etc.) arbeitet die Handelskammer beider Basel schon seit vielen Jahren sehr erfolgreich mit dem Kanton Baselland zusammen, um die Berufsbildung zu fördern und unterstützen. Tatsächlich war es bislang eher schwierig, seitens Wirtschaft die Eltern über die duale Berufsbildung zu informieren oder ihnen einen Einblick in die Ausbildung in den Unternehmen zu gewähren. Mittlerweile ist aber auch hier ein Umdenken in den Schulen und eine steigende Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu spüren. Eine Aufstellung aller Massnahmen und Bemühungen des Kantons würden sicher helfen, allfällige Informationslücken zu entdecken und diese entsprechend zu füllen.

Wir bitten Sie, das Postulat zu überweisen.

Traktandum 44: Spezifizierung der Grünflächenziffer in der Verordnung zum Raumplanungs- und Baugesetz RBV; Katrin Andrea Joos Reimer; 2023/140

Diese Motion ist aus Sicht der Handelskammer auf jeden Fall abzulehnen. Dem Naturschutz ist mit einer starren Grünflächenziffer pro Parzelle nicht gedient. Damit wird im Gegenteil dringend benötigte Verdichtung erschwert. Nur durch eine konsequente Verdichtung werden wertvolle Grünflächen am Stadtrand geschont. Entsprechend ist die Verdichtung für uns das übergeordnete Ziel, leider wirkt die vorliegende Motion diesem entgegen. Auch sind es vor allem grössere zusammenhängende Flächen, welche der Natur, aber vor allem auch der Kühlung der Stadt dienen. Kleinere Grünflächen im nahen Wohnumfeld kommen vor allem den darum liegenden Gebäuden zugute und liegen somit im Urinteresse jedes Hausbesitzers und jeder Investorin.

Aus unserer Sicht sollten die Grundzüge der Raumplanung möglichst übergeordnet stattfinden. Daneben wünschen wir uns ganzheitliche und fallspezifische Lösungen. Es macht keinen Sinn, hier der Bundesgesetzgebung oder der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB) vorzugreifen.

Zu guter Letzt stellen sich, wie der Regierungsrat richtig festhält, auch Fragen der Eigentumsgarantie von Privaten. Und auch der rechtliche Grundsatz der Planungshoheit der Gemeinden wird durch die vorliegende Motion infrage gestellt.

Wir bitten Sie, die Motion abzulehnen.

Traktandum 45: Hausaufgaben abschaffen; Caroline Mall; 2023/141

Schon bei der Abschaffung der Hausaufgaben im Kanton Zürich kam die Kritik auf, dass dies die Attraktivität des Gymnasiums gegenüber der Berufsbildung erneut steigert. Lernende arbeiten rund 40 Stunden in der Woche, während Gymnasiasten in Baselland wöchentlich rund 34 Lektionen besuchen. Bei den Ferien haben die Lernende mit 5-6 Wochen ebenfalls einen Nachteil gegenüber 14 Wochen Schulferien. Neben der Berufsfachschule fallen bei den Lernenden zwar seltener Hausaufgaben an, dennoch sind diese je nach Ausbildungsrichtung mit selbständigen Arbeiten und natürlich den Prüfungsvorbereitungen zusätzlich belastet.

Grundsätzlich sollten die Lehrpersonen selbst einschätzen können, wo Hausaufgaben sinnvoll oder notwendig, respektiv, überfordernd sind. Ob der Landrat hier fachlich versiert genug ist, die Lehrpersonen zu bevormunden, sei dahingestellt. Wichtiger ist aus Sicht der Wirtschaft, dass mit der gesetzlichen Abschaffung von Hausaufgaben im Gymnasium die Berufsbildung weiter geschwächt wird.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Stellungnahmen zur Landratssitzung vom 11. Mai 2023

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Kommentare

Es wurden noch keine Kommentare verfasst.

Member.HUB