Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 3. und 10. Juni

29.05.2020

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratisstzungen vom 3. und 10. Juni 2020 Stellung.

Traktandum 4: Ratschlag betreffend dringliche Grossratsbeschlüsse für Massnahmen zur Abfederung der negativen wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie im Kanton Basel-Stadt

Der Regierungsrat unterbreitet in einem weiteren dringlichen Ratschlag zur Bewältigung der Coronakrise dem Grossen Rat, ausserordentlich dem Standortförderungsfonds sowie dem Fonds zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zusätzliche Mittel zuzuweisen. Weiter wird eine Teilrevision des Standortförderungsgesetzes vorgeschlagen, damit der Regierungsrat auch in Zukunft in wirtschaftlichen Notzeiten Kredite an Unternehmen verbürgen kann. Damit soll ein Grossratsbeschluss aus dem Jahr 1975 abgelöst werden.

Die Handelskammer begrüsst die vom Regierungsrat ergriffenen Massnahmen, um die Coronakrise zu bewältigen und die Wirtschaft in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen. Sie unterstützt deshalb das Anliegen, den beiden genannten Fonds zusätzliche Mittel zuzuweisen und das Standortförderungsgesetz anzupassen.
In der Region Basel nehmen Biotech-Start-ups eine wichtige Rolle ein. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Forschungsregion Basel. Die Wirtschaft und der Kanton haben in den letzten Jahren einiges unternommen, um ein günstiges Umfeld für solche Start-ups zu bieten. Es muss deshalb verhindert werden, dass erfolgsversprechende Start-ups wegen der aktuellen Krise aufgeben müssen. Sie tragen zum Erfolg unserer Region einen wichtigen Teil bei.

Kritisch anzumerken ist, dass im Schnellverfahren und ohne vertiefte Beratung eine unbefristete Kompetenz für den Regierungsrat geschaffen werden soll, um auch in künftigen wirtschaftlichen Krisen Kredite im Umfang von bis zu 125 Mio. Franken zu verbürgen. Es ist hierbei durchaus richtig, einen Grossratsbeschluss aus den 70er-Jahren durch eine gesetzliche Grundlage abzulösen. Eine solche permanente Gesetzesgrundlage bedürfte jedoch einer ordentlichen Beratung in einer Kommission, bei der auch verschiedene Fragen noch geklärt werden könnten. Andererseits wird damit eine wirkungsvollere Grundlage geschaffen, um allfällige Liquiditätsprobleme der Unternehmen im Rahmen der Zweitrundeneffekte zur Coronakrise abzufedern.
Die Unterstützungsprogramme des Kantons müssen nach Ende der Krise sorgfältig evaluiert und daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft gezogen werden, so wie dies auch ein im Grossen Rat eingereichter Anzug fordert. Es müsste sodann diskutiert und geklärt werden, in welchen Fällen der Regierungsrat solche Bürgschaften sprechen können soll. Die im Ratschlag genannten Fälle („internationale politische Ereignisse", „Veränderungen in der globalen Wirtschaft") sind äusserst vage. Auch wäre zu prüfen, inwiefern der Grosse Rat in eine solche Massnahme mit einbezogen werden kann und soll.

Im Sinne einer Gesamtabwägung stimmt die Handelskammer dem Ratschlag zu.

Wir bitten Sie, den drei Beschlüssen zuzustimmen.

Traktandum 9: Nicole Amacher und Konsorten betreffend Lohngleichheit: Lohngleichheitsanalysen für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden

Wir verweisen an dieser Stelle auf die Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes Basel.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 23: Motion von Kaspar Sutter betreffend Ausbau Elsässerbahn nur mit Überdeckung und S-Bahn-Station Morgartenring

Mit der Motion 19.5368 rückt ein altbekanntes Anliegen in den Fokus. Der Kanton Basel-Stadt soll seine Zustimmung für den strategisch wichtigen Ausbau der Elsässerbahn an Bedingungen knüpfen. Diese sind die Erstellung der S-Bahn-Haltestelle Morgartenring und die Überdeckung der Bahnstrecke vom Zolli (Brücke Oberwilerstrasse) bis zum Kannenfeldplatz. Damit soll neben einem effizienten Lärm- und Bevölkerungsschutz auch ein bedeutender Flächengewinn erzielt werden. Aufgrund möglicher Synergien mit dem Ausbau der Elsässerbahn ist eine Prüfung der Option «Überdeckung» sinnvoll. Bei der Umsetzung des Anliegens müssen die Projektmehrkosten jedoch in einem angemessenen Verhältnis zum Projektmehrwert stehen. Dies gilt es weiter zu prüfen. Da die Böschungen entlang der Elsässerbahn Teil des Bundesinventars der Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung sind, ist auch die rechtliche Umsetzbarkeit des Anliegens fraglich. Diese Tatsache wirft wiederholt die Frage auf, inwiefern Nutzungseinschränkungen verursacht durch einen rigiden Natur- und Umweltschutz im stark urbanen Raum zielführend sind. Insbesondere im Vergleich mit anderen Schweizer Städten ist die Inventardichte in Basel besonders hoch. Diese schränkt die Wettbewerbsfähigkeit und den Handlungsspielraum der Stadt langfristig ein und führt zu einer verstärkten Zersiedelung.

Wir bitten Sie, dem Antrag der Regierung zu folgen und die Motion als Anzug zu überweisen.

Traktandum 24: Motion von Thomas Grossenbacher und Konsorten betreffend Untertunnelung und Finanzierung der gesamten Osttangente durch das Stadtgebiet – A2 Unterground – the way to the future

Mit einer komplett unterirdischen Streckenführung der Osttangente stellt die Motion eine naheliegende und aus raumplanerischer Sicht grundsätzlich sympathische Forderung auf. Wie das ASTRA jedoch erläutert, ist der Rheintunnel kein geeigneter Ersatz für die Osttangente, da er keine Stadtanbindungen anbietet. Aufgrund der engen Platzverhältnisse ist eine Untertunnelung der Stadtanschlüsse sehr anspruchsvoll und nur partiell möglich. Die äusserst kostenintensiven baulichen Begleitmassnahmen weisen somit nicht nur ein deutlich schlechteres Kosten-Nutzen-Verhältnis gegenüber dem derzeitigen Rheintunnel-Projekt auf, sondern würden auch das städtische Strassennetz einer erheblichen Mehrbelastung aussetzen. Der Regierungsrat stellt in seinem Bericht einen partiellen Rückbau der Osttangente und eine Reduktion der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 80 auf 60 km/h in Aussicht. Er macht jedoch klar, dass dies erst nach Inbetriebnahme des Rheintunnels und nur mit Zustimmung des Bundes möglich wäre. Dass der Bund diesem Ansinnen zustimmt, ist nach heutigem Kenntnisstand unrealistisch.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 27: Motion von Jürg Vitelli betreffend kein Zubringer Allschwil ohne Bachgrabentram

Die Handelskammer ist der Ansicht, dass die Erschliessung des Bachgrabenareals für alle Verkehrsträger so rasch als möglich zu erfolgen hat. Die Verschleppung der Erschliessung aufgrund von Verzögerungen bei der Planung einzelner Anbindungen ist kontraproduktiv und daher inakzeptabel. Wie der Regierungsrat in seiner Stellungnahme schreibt, ist eine zeitgleiche Realisierung und Inbetriebnahme der Anbindungen des öffentlichen Verkehrs und des Langsamverkehrs mit dem ZUBA nur teilweise möglich. Da die Planungen der verschiedenen Anbindungsprojekte einer Gesamtverkehrsbetrachtung unterzogen werden, ist die Nutzung möglicher Synergien bereits ausreichend sichergestellt.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.
Wir bitten Sie, auch die Motion 19.5447 (Motion betreffend flankierende Massnahmen Autozubringer Allschwil ZUBA) nicht zu überweisen.

Traktandum 36: Stellungnahme des Regierungsrates zur Motion Luca Urgese und Konsorten betreffend Digital statt Papier - Baugesuche elektronisch einreichen

Die Handelskammer beider Basel befürwortet - wie im Factsheet zur Grossratssitzung vom 13. November 2019 festgehalten - die Digitalisierung von Behördengeschäften, sofern sich dadurch der administrative Aufwand und die Kosten auf Seite Unternehmen, Bevölkerung und Verwaltung reduziert.

Wir bitten Sie, die Motion als Motion zu überweisen.

Traktandum 39: Motion der Bau- und Raumplanungskommission betreffend Stadtbildkommission

Ausgehend von der Motion der Bau- und Raumplanungskommission, sollen die Kompetenzen der Stadtbildkommission leicht eingeschränkt werden. Ihr verbindliches Urteil soll lediglich auf die Schonzonen und auf Fälle grosser Tragweite oder grundsätzlicher Bedeutung begrenzt werden. Darüber hinaus sollen die Stellungnahmen der Stadtbildkommission, analog zu anderen Fachkommissionen, lediglich empfehlenden Charakter für das Bau- und Gastgewerbeinspektorat haben. Die Handelskammer beider Basel begrüsst diesen Ansatz einer gestärkten Güterabwägung ausserhalb der Schutz- und Schonzone. Ferner wird mit diesem Vorgehen auch die Gleichstellung der Stadtbildkommission mit den anderen Fachinstanzen angestrebt. Die Handelskammer beider Basel ist der Überzeugung, dass umfassende Güterabwägungen wichtige Entscheidungshilfen sind und vermehrt gestärkt werden müssen.

Wir bitten Sie, dem Antrag der Regierung zu folgen und die Motion zu überweisen.

Traktandum 41: Stellungnahme des Regierungsrates zur Motion Beat K. Schaller und Konsorten betreffend eine moderne Verkehrsführung am Aeschenplatz

Der Aeschenplatz ist einer der zentralsten Verkehrsknoten der Stadt und aufgrund seiner starken Frequentierung durch unterschiedliche Mobilitätsträger bei gleichzeitig engen Platzverhältnissen unübersichtlich und störungsanfällig. Daher sollen die verschiedenen Verkehrsmittel am Aeschenplatz entflochten werden. Im Rahmen der laufenden Verkehrsplanung soll die unterirdische Führung des motorisierten Individualverkehrs durch Projektstudien geprüft werden. Bedingt durch die verkehrstechnische Bedeutung des Aeschenplatzes ist dieses Vorgehen und die Prüfung einer umfangreichen Problemlösung zu begrüssen. Denn der Aeschenplatz wird auch in Zukunft ein wichtiges und stark frequentiertes Mobilitätsnadelöhr bleiben.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 42: Edibe Gölgeli und Sarah Wyss betreffend Einführung Elternzeit im Kanton Basel-Stadt

Wir verweisen an dieser Stelle auf die Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes Basel.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 52: Mark Eichner und Konsorten betreffend bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine wichtige Rahmenbedingung für eine hohe Partizipation der Bevölkerung am Arbeitsmarkt. Diese wiederum trägt zu einer starken Wirtschaft und zum allgemeinem Wohlstand bei. Ein höherer Steuerabzug für Drittbetreuung sorgt dafür, dass finanzielle Fehlanreize bei Eltern, die beide berufstätig sein wollen, reduziert werden und es sich eher lohnt, erwerbstätig zu werden. Weiter führt eine höhere Erwerbsquote auch zu höheren Steuereinnahmen, die zumindest teilweise die Ausfälle des höheren Steuerabzuges kompensieren.

Der Regierungsrat beantragt, den Abzug nur auf 15'000 statt auf 25'000 Franken zu erhöhen. Auch wenn dies ein Schritt in die richtige Richtung wäre, so würde damit das angestrebte Ziel nicht ausreichend erfüllt. Der Regierungsrat behauptet, eine Erhöhung auf 15'000 Franken würde in den meisten Fällen ausreichen. Er führt anschliessend jedoch aus, dass sein Vorschlag bis zu 1,5 Mio. Franken kosten würde, eine Erhöhung auf 25'000 Franken hingegen bis zu 4,5 Mio. Franken. Die Differenz von 3 Mio. Franken belegt, dass es bei Annahme des regierungsrätlichen Vorschlages immer noch viele Eltern gäbe, die hohe Betreuungskosten selber stemmen müssten. Damit würde der finanzielle Fehlanreiz nur geringfügig reduziert.

Wir bitten Sie daher, die Motion als Motion zu überweisen.

Traktandum 53: Christophe Haller und Konsorten betreffend Anpassung des Gesetzes über die direkten Steuern (Steuergesetz) zur Dividendenbesteuerung

Mit der kantonalen Umsetzung der Steuervorlage 17 (SV17) wurde die Teilbesteuerung der Dividenden von 50 auf 80 Prozent erhöht. Damit weist Basel-Stadt den schweizweit höchsten Steuersatz auf. Die Wirtschaft hat diese Erhöhung akzeptiert und mitgetragen, weil sie Teil eines breit abgestützten Kompromisspaketes war, welches für alle ein Gewinn war. Durch die Annahme der Topverdienersteuerinitiative am 19. Mai 2019 hat sich die Ausgangslage entscheidend geändert. Wie der Regierungsrat festgehalten hat, betrifft diese Steuererhöhung weitestgehend denselben Personenkreis, der bereits von der höheren Dividendenbesteuerung betroffen ist. Damit fand innerhalb von drei Monaten eine doppelte Steuererhöhung statt. Die Handelskammer erachtet dies nicht für tragbar.

Darüber hinaus ist eine Senkung gerechtfertigt: Die Teilbesteuerung der Dividenden kommt nur dann zur Anwendung, wenn der oder die Betroffene mindestens 10 Prozent eines Unternehmens hält. Damit wird die Doppelbesteuerung reduziert, die entsteht, wenn die ausbezahlte Dividende, welche bereits als Gewinn versteuert wurde, auch als Einkommen versteuert werden muss.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Regierungsrat im damaligen Ratschlag zur SV17 noch festhielt, die Teilbesteuerung der Dividenden auf 80% zu erhöhen und gleichzeitig die „Topverdienersteuer" umzusetzen ginge zu weit und die Standortattraktivität würde dadurch abnehmen, sich nun in seiner Stellungnahme jedoch in Relativierungen flüchtet. Die von der Motion vorgeschlagene Massnahme ist richtig und wichtig als Signal an die gutverdienenden Steuerzahlenden des Kantons.

Wir bitten Sie, die Motion als Motion zu überweisen.

Traktandum 54: Christian Griss und Konsorten betreffend Anpassung der Besteuerung beim Bezug des Vorsorgekapitals aus der Säule 3a (Änderung Steuergesetz §39d Abs. 1)

Die 3. Säule ist ein wichtiger Teil unseres Altersvorsorge-Systems. Sie ermöglicht einer breiten Bevölkerungsschicht, für das Alter über die obligatorische Rentenersparnis hinaus vorzusorgen und sich damit einen höheren Lebensstandard im Alter anzusparen. Sie stärkt dadurch die Eigenverantwortung und entlastet die Sozialwerke.

In Basel-Stadt wird die private Vorsorge bisher nicht angemessen honoriert. Der Kanton ist bei der Besteuerung von Vorsorgekapital ein Hochsteuerkanton. Während bei Steuervergleichen oft Einkommenssteuersätze verglichen werden, ist für die Steuerzahlenden letztendlich die Gesamtsteuerlast entscheidend. Die Attraktivität eines Standorts bemisst sich somit nicht nur in der Höhe der Einkommenssteuersätze, sondern auch bei anderen Steuerformen. Die vorliegende Motion legt den Finger auf einen wunden Punkt: Bei der Besteuerung von Vorsorgekapital hat der Kanton Basel-Stadt dringenden Nachholbedarf.

Im Sinne der Stellungnahme des Regierungsrates kann darauf hingewiesen werden, dass die zu hohe Besteuerung des Vorsorgekapitals nicht nur die 3. sondern auch die 2. Säule betrifft. Es spricht daher nichts dagegen, dass mit der vorgeschlagenen Änderung von § 39 Abs. 1 StG die Besteuerung sämtlicher Kapitalleistungen aus Vorsorge angepasst werden.

Wir bitten Sie, die Motion als Motion zu überweisen.

Traktandum 57: Stellungnahme des Regierungsrates zum Antrag Christian von Wartburg und Konsorten auf Einreichung einer Standesinitiative Klimasteuer auf Finanztransaktionen

Die Standesinitiative fordert eine zweckgebundene Finanztransaktionssteuer von 0.1 Prozent auf börslichem und ausserbörslichem Handel von Aktien und Obligationen resp. 0.01 Prozent auf dem Handel von Derivaten und strukturierten Produkten. Die Idee einer Finanztransaktionssteuer ist weit verbreitet und wurde in verschiedenen Ländern bereits getestet. Aufgrund der Komplexität und hohen Summen haben beispielsweise die skandinavischen Länder schlechte Erfahrungen gemacht – in Schweden ist der Börsenhandel gar zeitweise zusammengebrochen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern besteht in der Schweiz bereits eine massvolle Variante der Finanztransaktionssteuer in Form der Umsatzsteuer. Radikalere Formen könnten zu unvorhersehbaren Schocks auf die Schweizer Börse und damit auf die gesamte Wirtschaft führen. Basel als schweizweit wichtiger Standort für die Finanzwirtschaft wäre von dem Standortnachteil der zusätzlichen Steuer besonders betroffen.

Wir bitten Sie, den Erläuterungen und dem Antrag der Regierung zu folgen und den Antrag auf Einreichung einer Standesinitiative abzulehnen.

Traktandum 60: Schreiben des Regierungsrates zum Anzug Beat K. Schaller und Konsorten betreffend MINT-Fächer ganzheitlich fördern
  • Der Bericht des Regierungsrates zeigt auf, dass in den vergangenen Jahren sehr viel im Bereich MINT-Förderung getan wurde. Dass die Wirtschaft der Schule immer einen oder sogar zwei Schritte voraus ist, kann jedoch nicht von der Hand gewiesen werden. So sind für die Handelskammer beider Basel zwei Punkte wichtig, die aus Sicht der Wirtschaft noch zu wenig berücksichtigt werden:
  • Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft muss noch stärker gefördert werden. Ausserschulische Projekte und Initiativen wie z.B. die tunBasel sollten vermehrt von den Schulen aber auch von der Pädagogischen Hochschule genutzt und gefördert werden. So kann gewährleistet werden, dass den Schülerinnen und Schüler aktuelle Kompetenzen vermittelt werden und nicht reines Schulwissen, das später im Berufsleben nicht mehr relevant ist.


Ein besonderes Augenmerk muss auf die Nachhaltigkeit gelegt werden. Die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen ist daher enorm wichtig. So gilt Mathematik als Grundstein für alle Naturwissenschaftlichen Fächer und wie die aktuelle Lage klar aufzeigt, ist aufgrund der Digitalisierung ein spezieller Fokus auf die Informatik zu legen. Seitens Wirtschaft ist die Tatsache, dass das Ausmass an Weiterbildungen z.B. in der Informatik noch immer den Schulleitungen, resp. sogar den Lehrpersonen überlassen wird, ein Unding. Es braucht hier eine gewisse Verbindlichkeit über alle Schulen hinweg, damit alle Schülerinnen und Schüler dieselben Chancen erhalten.

Die aktuelle Situation mit den Schulschliessungen zeigt klar auf, dass die Digitalisierung nicht in allen Schulen und schon gar nicht in allen Klassen gleich weit umgesetzt ist. Wie aus den Medien zu erfahren war, reicht die Bandbreite von digital abgehaltenen Schulstunden bis zum persönlichen Posteinwurf von Aufgabenblättern durch die Lehrpersonen. Das ist aus Sicht der Wirtschaft nicht mehr der heutigen Zeit entsprechend und schon gar nicht mit den technischen Möglichkeiten zu erklären. Hier benötigt es noch dringend Handlungsbedarf.

Wir empfehlen daher, den Anzug stehenzulassen.

Traktandum 62: Sibylle Benz und Konsorten betreffend Durchlässigkeit der Ausbildungswege

Die Handelskammer beider Basel weist in ihrem Grundsatzpapier darauf hin, dass die Brückenangebote nur dann sinnvoll sind, wenn sie nachqualifizierende Inhalte vermitteln und in der Berufswahl unterstützend sind. Mit der Neuausrichtung des Zentrums für Brückenangebote ist nun genau dies auch realisiert worden. Das heisst, die Jugendlichen werden in den Angeboten individuell unterstützt und auf die Berufsbildung vorbereitet. Ganz wichtig: sie werden inhaltlich nicht auf weiterführende Schulen vorbereitet. Mit der Einführung von Prüfungen für die Mittelschule am Ende des Brückenangebotes, könnten die Jugendlichen fälschlicherweise annehmen, in diesem Jahr werden sie fit für die Aufnahme in eine weiterführende Schule gemacht. Die Motionäre begründen ihr Anliegen u.a. auch mit dem System im Landkanton, welcher ebenfalls durch politischen Druck eine Aufnahmeprüfung am Ende des Brückenangebotes vorsieht. Im Gegensatz zum Kanton Basel-Landschaft besteht in Basel-Stadt jedoch die Möglichkeit, nach der obligatorischen Schulzeit eine Prüfung zu erwirken, sollten die Noten nicht für eine weiterführende Schule ausreichend sein.

Sollten sich Jugendliche tatsächlich im nachobligatorischen Jahr derart entwickeln, dass eine weiterführende Schule sinnvoll ist, besteht bereits jetzt und ohne Prüfung die Möglichkeit «sur Dossier» zu entscheiden. Damit ist auch die Durchlässigkeit gewährleistet.

Wir bitten Sie, dem Bericht der Regierung zu folgen und die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 70.3: Motion David Wüest-Rudin und Konsorten betreffend Umwandlung der Basler Kantonalbank in eine Aktiengesellschaft

Die Frage nach der Rechtsform der Basler Kantonalbank und dem Umgang mit der Staatsgarantie stellt sich aufgrund der Grösse des Instituts zunehmend. Die Motion fordert als Lösung eine sofortige Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, ohne dass alle möglichen Rechtsformen auf dem Tisch liegen und die jeweiligen Vor- und Nachteile evaluiert wurden. Die Handelskammer beider Basel wünscht sich zu diesem Thema eine breitere Diskussion, so wie dies in anderen Kantonen (zum Beispiel Basel-Landschaft und Aargau) aktuell geschieht. Dies würde dem Regierungsrat erlauben, verschiedene Varianten zu evaluieren und die Folgen abzuschätzen. Die Handelskammer empfiehlt daher, die Motion erstmalig zu überweisen, um anschliessend den Vorstoss in einen Anzug umzuwandeln und dann an die Regierung zu überweisen.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 70.4: Motion Jürg Stöcklin und Konsorten betreffend Anpassung von § 7 Energiegesetz

Mit der vorliegenden Motion sollen die hohen Anforderungen bezüglich CO2-Neutralität an das Fernwärmenetz der IWB nun auch für kleinere Wärmeverbünde gelten. Als Wärmeverbund gilt eine zentrale Wärmeerzeugungsanlage, die für mehrere Liegenschaften in Betrieb ist. So zum Beispiel auf grösseren Industrieanlagen oder zur gleichzeitigen Nutzung für mehrere Wohnliegenschaften. Insbesondere bei Wärmeverbünden mit grossen Nachfragespitzen können diese Anforderungen an die CO2-Neutralität nicht so einfach erreicht werden. Häufig genutzte CO2 neutrale Wärmequellen kleinerer Wärmeverbünde, wie beispielsweise Abwärme, liefern konstante Wärme und eignen sich nicht zur Deckung von Nachfragespitzen. Daher werden diese Spitzen in der Regel durch flexibel einsetzbare Gasheizsysteme gedeckt. Die starren Forderungen dieser Motion eignen sich somit nicht für alle Wärmeverbünde gleichermassen. Es ist zu befürchten, dass bei einer Umsetzung dieser Motion viele der bestehenden Wärmeverbünde zurückgebaut und durch individuelle Wärmesysteme ersetzt würden.

Wir bitten Sie, die Motion abzulehnen.

Traktandum 70.10: Beatrice Messerli und Konsorten betreffend mehr gemeinnützige Wohnungen dank Basler Richtplan,
Traktandum 70.11: Tonja Zürcher und Konsorten betreffend mehr gemeinnütziger Wohnraum dank angemessener Bodenwerte im Wohnbauprogramm 1000+ und
Traktandum 70.12: Beat Leuthardt und Konsorten betreffend faire energetische Sanierungen ohne Verlust von bezahlbaren Mieten (grien saniere statt digg profitiere)

Mit den drei Motionen «Mehr gemeinnützige Wohnungen dank Basler Richtplan», «Mehr gemeinnützige Wohnungen dank angemessener Bodenwerte im Wohnbauprogramm 1000+» und «Faire energetische Sanierungen ohne Verlust von bezahlbaren Mieten» soll günstiger Wohnraum gefördert werden. Die Motionäre täuschen sich jedoch in der Annahme, dass ...

1. ... gemeinnützige Wohnungen per se billiger sind als Wohnungen von Investoren. (Motion 20.5067)
2. ... indirekte Subventionen einzelner Marktteilnehmer zu günstigerem Wohnraum führen. (Motion 20.5068)
3. ... unflexible Sanierungsvorschriften zur Bereitstellung von kostengünstigem und energetisch saniertem Wohnraum führen. (Motion 20.5069)

Nachdem die Anpassung des Wohnraumfördergesetzes an der Grossratssitzung vom 22. und 23. April bereits ausführlich besprochen wurde, erachten wir die erneute Diskussion dieser Fragen als nicht zielführend.

Wir bitten Sie, die drei genannten Motionen nicht zu überweisen.

Traktandum 70.15: Balz Herter und Konsorten betreffend steuerlicher Abzug der im Kanton günstigsten Grundversicherungsprämie

Die Motion nimmt ein bekanntes und bereits mehrfach diskutiertes Anliegen auf, um die mittelständische Bevölkerung zu entlasten. Basel-Stadt könnte mit der Umsetzung der Motion seine Attraktivität als Wohnkanton für Steuerzahlende steigern.

Viele Gemeinden und Kantone sind im schweizweiten Vergleich steuerlich attraktiver als Basel. Dazu sind die Krankenkassenprämien in Basel-Stadt landesweit am höchsten. An beiden Punkten setzt die vorliegende Motion an und möchte für eine gewisse Entlastung sorgen. Mit der Begrenzung der Abzugsfähigkeit auf die günstigste Grundversicherungsprämie ist der Vorschlag zudem für die Kantonsfinanzen gut verkraftbar.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 70.16: Erich Bucher betreffend Reduktion des Zahlungsziels auf 10 Tage
Traktandum 70.17: Luca Urgese betreffend Soforthilfe für baselstädtische Unternehmen zur Bewältigung der Coronavirus-Krise
Traktandum 70.18: Stephan Mumenthaler betreffend Verzicht auf Verzugszins auf Steuern während der Dauer der Corona-Krise

Der Grosse Rat hat es zum Bedauern der Handelskammer in der April-Sitzung abgelehnt, diese drei Motionen für dringlich zu erklären und sie sofort zu behandeln. Die darin aufgeführten Forderungen bleiben jedoch weiterhin sinnvoll und notwendig. Es ist wichtig, den volkswirtschaftlichen Schaden einzudämmen und damit verbunden eine langfristige Rezession zu verhindern. Die drei Motionen greifen drei Punkte auf, mit denen das bisherige Massnahmenpaket des Regierungsrates noch verbessert werden kann.

Wir bitten Sie, die drei Motionen zu überweisen.

Traktandum 71.3: Anzug Jürg Stöcklin und Konsorten betreffend den weiteren Ausbau der CO2-neutralen Fernwärmeversorgung der IWB

In diesem Jahr wird die IWB ihr Fernwärmenetz mittels 80 Prozent CO2-neutraler Quellen betreiben. Damit erreicht sie ein hochgestecktes Ziel. Heute bezieht die IWB die Energie für ihr Fernwärmenetz im Wesentlichen aus dem CO2-neutralen Betrieb von Holzkraftwerken und aus der Verwertung von Kehricht. Nach diesem Erfolg ist es verständlich, dass neue Ziele geprüft werden. In diesem Fall soll der Regierungsrat die Umsetzbarkeit einer zu 100 Prozent CO2-neutralen Fernwärmeversorgung bis ins Jahr 2050 prüfen. Dies wird insofern zur Herausforderung, als zur Deckung der Nachfragespitzen heute auf Erdgas zurückgegriffen werden muss. Aufgrund der Grösse des Fernwärmenetzes der IWB ist dieses neue Ziel äusserst ambitioniert und wird aller Voraussicht nach zu Mehrkosten führen. Dies spricht jedoch nicht gegen die Prüfung dieses Vorhabens. Die Leistungsfähigkeit des IWB Fernwärmenetzes und die Versorgungssicherheit der Kunden darf mit dieser neuen Strategie jedoch zu keinem Zeitpunkt aufs Spiel gesetzt werden.

Wir bitten Sie, den Anzug an die Regierung zu überweisen.

Traktandum 71.5: Lisa Mathys und Konsorten betreffend zulässige Parkplatz-Anzahl auf Privatgrundstücken

Der öffentliche Raum im Basel ist bereits heute knapp und wird immer knapper. Auch in Zukunft wird die Einwohnerzahl voraussichtlich weiter zunehmen. Der öffentliche Raum wird vielseitig genutzt. Etwa für Freizeitzwecke zum Beispiel in Form von Parks oder auch für die Mobilität in Form von Strassen, Schienen und Parkplätzen. In den vergangenen Jahren wurden vor allem letztere stark reduziert und sollen politisch gewollt auch zukünftig weiter zurückgehen. Da die Nachfrage nach individuellem motorisierten Verkehr jedoch auch in Basel-Stadt nach wie vor vorhanden ist, müssen neue Parkräume entstehen. Hierbei auch auf den Privatgrund zu zielen ist nachvollziehbar. Damit Parkplätze dort in namhafter Grösse wirtschaftlich realisiert werden können, müssen vor allem grössere Projekte ins Auge gefasst werden. Solche werden jedoch durch die heutige Parkplatzverordnung (PPV) eingeschränkt, da diese grundsätzlich nur einen Parkplatz pro Wohnung vorsieht. Dies läuft auch dem Ansinnen des Kantons zum Bau privater Quartierparkings zuwider, die er mit Mitteln aus dem Pendlerfonds fördern möchte. Der vorliegende Anzug greift damit ein legitimes Anliegen auf. Er greift jedoch zu kurz, indem er die maximale Anzahl lediglich auf zwei Stellplätze pro Wohnung erhöhen möchte. Vielmehr sollte weder eine Minimalgrenze – wie sie etwa im Kanton Basel-Landschaft existiert – noch eine Maximalgrenze an realisierbaren Stellplätzen vorgegeben werden. Die Situation der Parkplatzverfügbarkeit und -not ist in den Quartieren des Stadtkantons äusserst heterogen. Wir beantragen daher eine Aufhebung der Maximalzahl an Parkplätzen pro Wohnung im Rahmen der PPV für Basel-Stadt zu prüfen.

Wir bitten Sie, den Anzug an die Regierung zu überweisen.

Traktandum 70.15: David Wüest-Rudin und Konsorten betreffend Pilotversuch mit Mobility Pricing in Basel-Stadt

Die heutigen Verkehrsinfrastrukturen der Region Basel kommen regelmässig an ihre Kapazitätsgrenzen oder überschreiten diese sogar. Wichtige Projekte zur Engpassbeseitigung sind zwar planerisch aufgegleist, jedoch zeitlich stark verzögert. Damit wir als Wirtschafts- und Lebensraum weiterhin gut zu erreichen sind, müssen daher neben den Aus- und Neubauten auch weitere Ansätze zur Kapazitätsoptimierung der Verkehrsinfrastrukturen verfolgt werden. Das federführende Bundesamt für Strassen (ASTRA) hat in einer Simulationsstudie die Wirkung von Mobility Pricing auf das Brechen von Verkehrsspitzen am Beispiel der Region Zug analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl beim motorisierten Individualverkehr als auch beim öffentlichen Verkehr signifikante Reduktionen des Verkehrsaufkommens in den Spitzenzeiten morgens und abends theoretisch realisiert werden können. Das System soll in einem nächsten Schritt nun empirisch in Pilotregionen der Schweiz getestet werden. Zentral hierbei ist, dass durch distanz- und zeitabhängige Tarife des Mobility Pricings Treibstoffsteuern, die Nationalstrassenabgabe sowie die Automobilsteuer ersetzt und somit keine zusätzliche, sondern eine andere finanzielle Belastung des Reisenden an deren Stelle tritt. Für die Pilotversuche sehen wir es als zentral an, dass sämtliche Verkehrsträger, die schon in der Simulationsstudie berücksichtigt wurden, auch in die empirische Anwendung einbezogen werden. Konkret soll vor allem kein reines Road Pricing umgesetzt werden – auch nicht zu Testzwecken. Basel-Stadt als Stadtkanton im Dreiländereck mit vielen Berufspendlern aus der Agglomeration und steigendem Freizeitverkehr ist sicherlich eine anspruchsvolle Region, um Mobility Pricing im gegebenen Setting repräsentativ zu testen. Schliesslich würde es keinen Sinn machen, nur auf den Stadtkanton zu fokussieren. Vielmehr muss das Umland als funktionaler Raum, d.h. kantons- und länderübergreifend, in den Untersuchungsperimeter eingeschlossen werden. Nur dann könnte der Ansatz des Mobility Pricings in der Region unter realitätsnahen Bedingungen empirisch untersucht werden. Der Regierungsrat muss daher, wenn er Teil einer Pilotregion sein möchte, die regionale Zusammenarbeit mit den Nachbarkantoren sowie dem südbadischen Raum und dem Elsass, beispielsweise im Rahmen des Agglomerationsprogramms Basel, suchen.

Wir bitten Sie, den Anzug an die Regierung zu überweisen.

Traktandum 71.21: Erich Bucher und Konsorten betreffend Förderung und Ansiedlung von Firmen im Finanzdienstleistungsbereich

Basel war lange Zeit der führende Finanzplatz der Schweiz. In den letzten Jahrzehnten fand allerdings ein stetiger Abbau an Mitarbeitenden in der Region statt, wobei eine Stagnierung in den letzten Jahren festzustellen ist. Mit dem Vorstoss soll geprüft werden, inwiefern Firmen aus dem Finanzdienstleistungsbereich in Basel gefördert und neu angesiedelt werden können. Eine breit diversifizierte Branchenstruktur mit einer grossen Finanzdienstleistungsindustrie würde den Wirtschaftsstandort Basel stärken.

Wir bitten, Sie den Anzug zu überweisen.

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