Revision des CO2-Gesetzes

31.03.2022

Das revidierte CO2-Gesetz wurde am 13. Juni 2021 vom Stimmvolk abgelehnt. Am
17. Dezember 2021 wurde eine überarbeitete Vorlage in Vernehmlassung gegeben. Sie soll das gleichentags zur Verlängerung beschlossene derzeitige CO2-Gesetz bis 2024 ablösen.

Zusammenfassung unserer Anliegen
  • Wir unterstützen Massnahmen zur Erreichung des Netto-Null Emissionen Ziels des Bundesrats bis 2050, jedoch unter der Voraussetzung, dass die Versorgungssicherheit mit Energie zu jeder Zeit gewährleistet bleibt.
  • Vorab zu klären und zu definieren ist die Klimafreundlichkeit von Erdgas und Kernenergie – analog zur Europäischen Union.
  • Wo sinnvoll und möglich, sollen nationale Regelungen mit jenen der EU harmonisiert werden (kein «Swiss Finish»). Für die Einführung einer Verminderungs- bzw. Beimischquote für den Land- und Flugverkehr, ist eine Harmonisierung mit EU-Regelungen zwingend.
  • Emissionen sollten dort kompensiert werden können, wo dies dauerhaft, sicher und kosteneffizient erfolgen kann. Eine Inlandsquote lehnen wir ab.
  • Eine Umverteilung finanzieller Mittel zwischen den Verkehrsträgern lehnen wir ab. Vor allem der gebeutelten Luftfahrtbranche müssen eigene Mittel für ihre Dekarbonisierung zur Verfügung gestellt werden.
  • Wir begrüssen die Weiterführung des Emissionshandels und die Berücksichtigung von Carbon Capture and Storage sowie Carbon Removal. Wir fordern allerdings die Verminderungs-verpflichtungen bis zum Stichjahr 2050, anstatt von 2040, festzuschreiben.
  • Mit der vorhergehenden Revision des CO2-Gesetzes hätte die Möglichkeit bestanden, Anlagen, welche Biogas erzeugen und ins öffentliche Netz einspeisen, mittels Investitionsbeiträgen zu fördern. Diese Fördermöglichkeit ist in der überarbeiteten Vorlage wieder aufzunehmen.
  • Der Staat kann eine Rolle bei der Finanzierung innovativer Technologien und Anwendungen spielen, welche für die Privatwirtschaft aus Gründen der Risikoabwägung nicht in Frage kommen.
Zur Vernehmlassungsvorlage

Das revidierte CO2-Gesetz wurde am 13. Juni 2021 vom Stimmvolk abgelehnt. Am 17. Dezember 2021 wurde eine überarbeitete Vorlage in Vernehmlassung gegeben. Sie soll das gleichentags zur Verlängerung beschlossene derzeitige CO2-Gesetz bis 2024 ablösen. In der Vorlage werden Reduktionsziele, Massnahmen im Bereich des Gebäude- und Verkehrssektors sowie der Industrie vorgeschlagen. Gerne nehmen wir wie folgt dazu Stellung.

Konzeption

Die Vorlage sieht als Globalziel die Umsetzung der Beschlüsse der Pariser Klimakonferenz 2015 (Netto-Null Emissionen bis 2050 und Reduktion bis 2030) vor. Das Zwischenziel verlangt eine Halbierung der Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990. Mindestens 60 Prozent der beschlossenen Massnahmen sollen im Inland umgesetzt werden. Zusätzlich zu vorhergehenden Vorlagen soll neu ein Durchschnittsziel festgeschrieben werden: Treibhausgasemissionen sollen im Durchschnitt der Jahre 2021-2030 zu mindestens 35 Prozent unter dem Wert von 1990 liegen. So soll sichergestellt werden, dass «Versäumnisse» der Vorjahre im Prozess aufgeholt werden. Oberstes Ziel sind Netto-Null Emissionen im Jahr 2050. Im Gebäudebereich ist eine Weiterführung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe vorgesehen. Der maximale Satz von 120 Franken/t CO2 ist seit 1. Januar 2022 in Kraft. Die Einnahmen aus der Abgabe stehen für die weitere Finanzierung des Gebäudeprogramms des Bundes zur Verfügung. Im Verkehrsbereich werden neue Flottenziele für Personenwagen (PW) sowie Lieferwagen und leichte Sattelschlepper (LNF) bis 2025 bzw. 2030 definiert. Sanktionszahlungen, bei der Verfehlung dieser Ziele, sollen vorübergehend zur Finanzierung von Ladeinfrastrukturen für Elektrofahrzeuge verwendet werden. Beim Landverkehr soll mit einer Verminderungsquote CO2-Emissionen von 5 bis 10 Prozent eingespart werden. Beim Flugverkehr soll erneuerbares Kerosin in Anlehnung an die Regelungen der EU beigemischt werden müssen (Beimischquote). Von 40 auf 90 Prozent angehoben werden soll zudem der Anteil CO2-Emissionen aus fossilen Treibstoffen, die Importeure dieser kompensieren müssen. Der Inlandanteil der Kompensation soll hierbei mindestens 15 Prozent betragen. Beim Schwerverkehr sollen Elektro- und Wasserstofffahrzeuge – befristet bis 2030 – von der Zahlung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) befreit werden. Der grenzüberschreitende Personenverkehr auf der Schiene, insbesondere Nachtzüge, soll mit maximal 30 Millionen Franken pro Jahr vorübergehend mit A-fonds-perdu-Beiträgen aus den Emissionsrechten der Luftfahrt finanziell unterstützt werden. Ferner soll der Umstieg auf Busse und Schiffe mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb befristet bis 2035 mit 15 Millionen Franken pro Jahr aus dem allgemeinen Bundeshaushalt gefördert werden. Explizit ausgenommen von dieser Förderung sind Antriebe mit synthetischen Treibstoffen oder Biodiesel. Ab 2025 fällt die Rückvergütung der Mineralölsteuer an konzessionierte Verkehrsbetriebe weg. Im Bereich der Industrie wird eine Weiterführung des Emissionshandelssystems (EHS), basierend auf der Gesetzgebung vom 1. Januar 2021, angestrebt. Neu soll auch die dauerhafte und sichere Abscheidung von CO2-Emissionen (Carbon Capture and Storage, CCS) sowie das Entfernen von bereits freigesetztem CO2 aus der Umwelt (Carbon Removal, CR) im EHS anrechenbar sein. Ausserdem soll eine Anrechnung von Massnahmen im Ausland sowie geologische Speicherung in Senken in der Schweiz anrechenbar sein. Der Abschluss einer Verminderungsverpflichtung zur Befreiung von der CO2-Abgabe soll künftig allen Unternehmen offenstehen.

Forderungen

Grundsätzliches

Die Europäische Kommission hat am 2. Februar 2022 beschlossen, dass Erdgas und Kernkraft unter bestimmten Voraussetzungen als Quellen grüner Energien (CO2-neutral) anerkannt werden. Dieser Grundsatzentscheid kann weitreichende Folgen für Investitionen in diese beiden Energieträger und somit auch für den Finanzmarkt haben. Für die Schweiz ist bislang kein Entscheid in Aussicht gestellt, ob Erdgas und Kernkraft ebenfalls als grüne Energien anerkannt werden. Zentral sind hierbei Überlegungen zur Wahrung der Versorgungssicherheit, welche auch auf europäischer Ebene zu einer Neubewertung geführt haben. Sicher scheint, dass Netto-Null Emissionen bis 2050 einfacher erreichbar sein können, wenn Strom aus Kernkraft und Erdgas als grün eingestuft werden.

Reduktionsziele

Wir befürworten die Reduktionsziele grundsätzlich. Auch ein Durchschnittsziel kann effektive Anreize setzen, um einem «Massnahmenstau» vorzubeugen. Wir lehnen hierbei jede Forderung nach Verschärfungen der Reduktionsziele für das Stichjahr 2030 oder eine Vorverlegung des Stichjahrs 2050 für Netto-Null Emissionen ab, die aus einer möglichen Übererfüllung der Durchschnittsziele resultiert.

Massnahmen im Gebäudebereich

Wir befürworten die Weiterführung des Gebäudeprogramms des Bundes sowie eine maximale CO2-Abgabe von 120 Franken / t CO2 für dessen Finanzierung. Zielführend wäre aus unserer Sicht, wenn besonders ambitionierte und daher auch kostenintensive Massnahmen durch das Gebäudeprogramm gefördert werden würden.

Massnahmen im Verkehrsbereich

Einer Anpassung der Flottenziele für Personenwagen, Lieferwagen und leichte Sattelschlepper sowie der Finanzierung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge stimmen wir zu. Bei Letzteren bevorzugen wir eine Förderung von Ladestationen auf der Allmend, da diese öffentlich zugänglich sind und somit den grössten Nutzen versprechen. Einer Verminderungs- bzw. Beimischquote im Land- und Flugverkehr stimmen wir nur unter der Bedingung zu, dass (1) massenbilanzierte Produkte importiert werden können und (2) die gleichen (Qualitäts-)Anforderungen zur Anwendung kommen wie in der Europäischen Union (kein «Swiss Finish»). Dies auch aus der Überlegung, dass insbesondere die Luftfahrtbranche einen grossen Anteil der erneuerbaren Treibstoffe auf dem Markt wird beschaffen müssen. Bliebe eine Harmonisierung mit EU-Regelungen aus, würde der Preis für synthetische Kraftstoffe massiv steigen. Kritisch stehen wir einem Inlandanteil bei der Kompensation von importierten fossilen Treibstoffen gegenüber. Die Kompensation sollte aus Effizienzgründen grundsätzlich ortsungebunden stattfinden können.

Massnahmen im öffentlichen Verkehr

Den im Bereich des öffentlichen Verkehrs vorgeschlagenen Massnahmen stehen wir kritisch gegenüber. Insbesondere die zusätzliche finanzielle Förderung des Bahnverkehrs mit Mitteln aus der Luftfahrt, stellt einen ordnungspolitischen Sündenfall dar. Zum einen wird der Bahnverkehr bereits heute umfangreich finanziell und regulatorisch gefördert. Eine weitere Förderung scheint daher aus Kosten-Nutzen-Überlegungen fraglich. Zum anderen werden der gebeutelten Luftfahrtbranche so Mittel entzogen, auf die sie für ihre Dekarbonisierung bis 2050 dringend angewiesen ist. Die Luftfahrt ist für die Schweiz strategisch und volkswirtschaftlich zentral. Auch im Bericht 2016 über die Luftfahrpolitik (Lupo) des Bundesrats und im Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt (SIL) ist richtigerweise festgehalten, dass die gute Erreichbarkeit der Schweiz mit den vielen Direktverbindungen auch in Zukunft gewährleistet werden muss. Diesem Grundsatz muss bei Massnahmen zulasten der Luftfahrtbranche stets Rechnung getragen werden.

Massnahmen in der Industrie

Den Massnahmen im Bereich der Industrie stimmen wir grundsätzlich zu. Insbesondere befürworten wir die Weiterführung des EHS und die Berücksichtigung von CCS und CR. Wir fordern allerdings die Verminderungsverpflichtungen bis zum Stichjahr 2050, anstatt von 2040, festzuschreiben.

Förderung der Innovation

Eine Risikoabwägungen kann dazu führen, dass die Privatwirtschaft Investitionen in die Erforschung und Anwendung neuer Technologien und Verfahren nicht von sich aus vorantreibt. In Einzelfällen kann es aber volkswirtschaftlich sinnvoll sein, diese Innovationen dennoch zu forcieren. In solchen speziellen Fällen kann der Staat eine Rolle bei der Finanzierung spielen, da für ihn der erwartete volkswirtschaftliche Nutzen im Investitionskalkül entscheidend ist. Hierbei ist eine Zusammenarbeit mit Akteuren der Privatwirtschaft zu bevorzugen. Mit der vorhergehenden Revision des CO2-Gesetzes hätte die Möglichkeit bestanden, Anlagen, welche Biogas erzeugen und ins öffentliche Netz einspeisen, mittels Investitionsbeiträgen zu fördern. Diese Fördermöglichkeit ist in der überarbeiteten Vorlage wieder aufzunehmen.

Massnahmen Finanzmarkt

Siehe Ausführungen unter Punkt «Grundsätzliches».

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1) Ab 2025: Personenwagen (PW) sowie Lieferwagen und leichte Sattelschlepper (LNF): -15 Prozent. Ab 2030: PW: -37.5 Prozent und LNF: -31 Prozent. 
2) Klarheit gilt es zu schaffen, wie mit Kohlenstoff umgegangen wird, der bei der Produktion von Gütern Verwendung findet (Carbon Capture and Usage, CCU).

 

Stellungnahme zur Revision des CO2-Gesetzes

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