Investorenfreundlichkeit nötiger denn je

06.06.2023

Sinkendes Bauvolumen, Materialengpässe, Arbeitskräftemangel, steigende Leitzinsen. All dies macht Bauen für private Investoren unattraktiv. Deshalb muss die Politik rasch gegensteuern.

Das starke Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum sowie die Niedrigzinsphase befeuerten einen Bauboom. Dieser schwächt sich seit Monaten spürbar ab. Das nominelle Bauvolumen, das Preisveränderungen am Markt nicht berücksichtigt, nimmt zwar zu und stimmt positiv. Die Entwicklung des realen Bauvolumens, das etwa gestiegene Materialkosten einpreist, zeigt jedoch, dass seit 2020 immer weniger gebaut wird.

Bauen wird unattraktiv

Dieses Auseinanderdriften veranschaulicht, wie stark die Baupreise gestiegen sind: seit Beginn der Pandemie schweizweit durchschnittlich um 12,5 Prozent, in der Nordwestschweiz gar um 14,8 Prozent. In allen Grossregionen hat sich das Bauen im Vergleich zur Gesamtinflationsrate überproportional verteuert. Die Gründe? Gestörte Lieferketten, steigende Materialnachfrage aus den USA und Fernost, knappe Energie sowie ein Arbeitskräftemangel im Baugewerbe. Daran ändert sich so schnell nichts. Das Ergebnis: Bauen wird unattraktiv.

Zinswende verteuert Bauen

Dazu trägt auch der erhöhte Leitzins bei. Wegen stark steigender Inflationsraten in den USA, der Eurozone und moderater in der Schweiz haben die Zentralbanken ihre Leitzinsen deutlich erhöht: in den USA innerhalb eines Jahres von 0,125 auf bis zu fünf Prozent. In der Eurozone wurde die Nullzinspolitik aufgehoben. Seit März 2023 liegt der Refinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank bei 3,5 Prozent. Und in der Schweiz liegt der Leitzins heute mit einem Prozent um 2,25 Prozentpunkte höher als zu Beginn der Pandemie.

Quellen: KOF-Baublatt-Ausblick, Seco, BFS und eigene Berechnungen
Quellen: Bundesamt für Statistik und eigene Berechnungen
Bauvolumen sinkt

Dadurch wird es teurer, Fremdkapital aufzunehmen. Das dämpft zwar die Inflation. Für institutionelle Investoren, die einen Grossteil der Areale und Immobilien entwickeln, wird Bauen aber weniger rentabel. Das betrifft Pensionskassen und Versicherungen ebenso wie private Bauherren. Für sie werden gleichzeitig sichere AAA Staatsanleihen lukrativer. Hier kann Eigenkapital nahezu ohne Risiko für zehn Jahre oder länger mit einer Rendite zwischen 1,5 Prozent (CH) bis 3,7 Prozent (USA) pro Jahr angelegt werden. Noch lohnender sind AAA-Unternehmensanleihen, die gemäss Moody's heute eine durchschnittliche jährliche Rendite von 4,5 Prozent bieten. Die Anlage in Immobilien, die jahrelang als alternativlos galt, hat Konkurrenz. Die Folgen: Die Marktkosten steigen, das Bauvolumen geht zurück.

Politik muss Hebel ansetzen

Die Politik hat nicht allumfassenden Einfluss: Der Fachkräftemangel ist kein spezifisches Problem des Bausektors, wie die Materialpreise mangelnder Verfügbarkeit geschuldet sind. Und auch die Geldpolitik ist in der Schweiz unabhängig vom parteipolitischen Geschäft. Solange die Inflationsrate nicht stabil unter zwei Prozent liegt und somit keine Preisstabilität herrscht, ist eine neuerliche Lockerung der Zinspolitik nicht in Sicht. Die Politik kann aber Regulierungskosten senken. Etwa indem sie Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt oder strenge technische und gesellschaftliche Anforderungen überdenkt. So hängt über vielen Projekten  das Damoklesschwert einer «Verhinderung im letzten Moment». Die flankierenden Massnahmen wachsen finanziell und planerisch häufig zu einem eigenen Projekt heran – ohne das Gelingen des eigentlichen Vorhabens zu garantieren.

Kehrtwende einleiten

Es braucht einen griffigen Mechanismus zur Interessensabwägung, der die Wirtschaft berücksichtigt. Mehr Investorenfreundlichkeit tut besonders in urbanen Räumen mit einem hohen Druck auf die Entwicklung von Flächen Not. Der Kanton Basel-Stadt gibt hier kein gutes Beispiel ab: Die Bautätigkeit nimmt ab, die Regulierungskosten für private Investoren steigen zugunsten billigen Wohnraums in immer neue Höhen. Das revidierte Wohnraumfördergesetz etwa verunmöglicht die Refinanzierung von Sanierungen. Die Initiative «Basel baut Zukunft» fordert bei neuen Arealen gar 50 Prozent preisgünstigen Wohnraum in Form einer Kostenmiete. Das alles schafft Rechts- und Planungsunsicherheiten, was eigentlich einen Risikoaufschlag der erwarteten Rendite zur Folge haben müsste. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Quellen: BIS, OECD, moneypark.ch und SNB
Rahmenbedingungen verbessern

Diese Entwicklungen führen dazu, dass Bauprojekte redimensioniert werden, ausbleiben und stattdessen in alternative Assets mit besserer Rendite investiert wird. Ganz ohne zusätzliche politische Risiken. Wird das Bauen weiter teurer, müssen private Investoren Projekte selektiver wählen. Es ist denkbar, dass Bauvorhaben in Basel aufgrund hoher Regulierungskosten und Unsicherheiten auf Eis gelegt werden. Verlierer ist nicht nur der Wirtschaftsstandort. Einen Teil der Zeche zahlen auch die Mieterinnen und Mieter aufgrund höherer Mietzinsen und der Kanton aufgrund mangelnder Wachstumsperspektiven. Darum braucht es rasch attraktivere Rahmenbedingungen. Investorenfreundlichkeit ist nötiger denn je.

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