Stellungnahmen zu den Landratssitzungen vom 10. und 11. Dezember 2025
Die Handelskammer beider Basel nimmt Stellung zu diversen Traktanden der Landratssitzung vom 10. und 11. Dezember 2025
Traktandum 20: Verkehrspolitische Komplexität reduzieren – ein ergänzendes Agglomerationsprogramm fürs Baselbiet, 2025/237; Motion von Christine Frey
Die Handelskammer bekräftigt ihre langjährige Position, dass die Verkehrsplanung im Raum Basel nur durch enge Zusammenarbeit und Koordination über Kantons- und Landesgrenzen hinweg erfolgreich sein kann. Die Herausforderungen der Mobilität enden nicht an administrativen Grenzen – vielmehr erfordern sie integrale, funktionale Lösungen, wie sie das bestehende Agglomerationsprogramm Basel ermöglicht.
Der Vorstoss fordert ein eigenständiges Agglomerationsprogramm für den Kanton Basel-Landschaft, um regionale Interessen gezielter zu berücksichtigen und die Planungsautonomie zu stärken. Die Handelskammer anerkennt das Anliegen nach mehr Transparenz und der Berücksichtigung lokal unterschiedlicher Voraussetzungen. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die bestehenden Strukturen bereits eine wirksame Einbindung der Baselbieter Projekte ermöglichen.
Die Handelskammer teilt die Einschätzung des Regierungsrats, dass ein separates Agglomerationsprogramm für Basel-Landschaft die Gefahr birgt, funktionierende und eingespielte Prozesse zu zerstören, zu mehr, statt zu weniger Abstimmungsbedarf durch die Schaffung einer neuen Schnittstelle zu führen und daraus resultierend Bundesmittel zu verlieren. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die gemeinsame Eingabe und Abstimmung von Projekten im Rahmen des trinationalen Agglomerationsprogramms Basel höchst effizient verläuft. Wenn Projekte sich verzögern oder vom Bund nicht mitfinanziert werden, liegt dies nicht an der Koordination im Rahmen des Agglomerationsprogramms, sondern an der fehlenden Reife, welche in der Verantwortung der kantonalen Planungsbehörden liegt.
Die Handelskammer lehnt die Motion deshalb ab und setzt sich weiterhin für eine koordinierte, integrale und zukunftsorientierte Verkehrsplanung im Raum Basel ein. Die Lösung liegt in der Zusammenarbeit – nicht in der Separation.
Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.
Traktandum 41: Gleich lange Spiesse im Bildungswesen – Schulische Ausbildung dem Ferienstandard der Berufslehre angleichen; 2025/409; Motion von Silvia Lerch-Schneider
Traktandum 42: Mögliche Kooperationen in Bildung und Sozialwesen durch gesellschaftliche Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern ab Sekundarstufe II; 2025/425; Postulat von Silvia Lerch-Schneider
Die Handelskammer anerkennt die Bedeutung der Berufsbildung für die Schweizer Wirtschaft ohne Vorbehalte und befürwortet Impulse, die zu einer Stärkung der Berufsbildung beitragen. Eine solche Stärkung muss allerdings, davon ist die Handelskammer überzeugt, im Rahmen einer Pull-Strategie erfolgen, in der die Attraktivität der Berufsbildung gesteigert wird, um motivierte Jugendliche anzuziehen. Nicht zielführend erscheinen uns Push-Strategien, die Jugendliche in die Berufsbildung drängen möchten, indem sie die Alternativen zur Berufsbildung unattraktiver machen. Kurz: Eine Stärkung der Berufsbildung darf nicht die Abwertung des allgemeinbildenden Wegs zur Folge haben.
Diese Abwertung ist bei den vorliegenden Geschäften leider klar erkennbar. Sowohl die Motion wie auch das Postulat von Silvia Lerch-Schneider zielen einzig darauf ab, Mittelschülerinnen und -schülern die Freizeit zu verplanen – was nicht Aufgabe eines liberalen Staates ist. Motion und Postulat sind bereits aus diesem Grund abzulehnen. Dennoch möchten wir auch noch detaillierte Einwände gegen die Argumentation der beiden Vorstösse anführen.
- Die allseits beliebte Rede von den «gleich langen Spiessen» verfängt in Bezug auf die beiden Ausbildungswege nicht. Berufsbildende und allgemeinbildende Wege verfolgen jeweils spezifische Ziele und orientieren sich an den spezifischen Stärken der Jugendlichen. Deshalb sind sie auch anders ausgestaltet, mit jeweiligen Vor- und Nachteilen für die Jugendlichen: Auf der einen Seite mehr Ferien, auf der anderen Seite ein eigener Lohn. Wer gleich lange Spiesse für beide Ausbildungswege fordert, müsste demnach auch einen Lohn für Mittelschülerinnen und -schüler fordern.
- Die Ferien und die freie Zeit der Mittelschülerinnen und -schüler ist nicht einfach freie Zeit. Gerade im Gymnasium, aber auch in den anderen Mittelschulen, ist die vermeintlich freie Zeit notwendig, um im Selbststudium den Stoff zu festigen. Dieses Selbststudium durch den Kanton zu reglementieren und gar kontrollieren zu wollen, wie es die Motion suggeriert, verschwendet nicht nur kantonale Ressourcen, sondern ist auch dem Geist des Selbststudiums zuwider. Selbststudium verlangt Eigenverantwortung, Disziplin und die Fähigkeit zur Selbstorganisation – Tugenden, die für die allgemeine Hochschulreife, die bekanntlich das Ziel des Gymnasiums ist, unabdingbar sind.
- Motion und Postulat sind durchzogen von einer negativen Wahrnehmung des allgemeinbildenden Wegs. «Betriebliche Disziplin» und «Leistungsbereitschaft» werden nur in der dualen Lehre gesehen, während die Mittelschulen als ein Hort des Müssiggangs gezeichnet werden. Dazu kommt, dass durchweg Leistung und Disziplin mit Präsenzzeit verwechselt werden. Weil sowohl Motion wie auch Postulat verkennen, wie viel Disziplin und Leistungsbereitschaft der allgemeinbildende Weg den Schülerinnen und Schülern abverlangt, entstehen untaugliche Ideen, wie man die Schülerinnen und Schüler in ihrer Freizeit zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten kann. Wie der Regierungsrat festhält, stehen diese Vorschläge nicht nur im Widerspruch zum Grundsatz des unentgeltlichen Zugangs zur Bildung auf der Sekundarstufe II, sondern die unfreiwilligen Kurzeinsätze von Schülerinnen und Schülern dürften kaum etwas zur Entlastung der genannten Einsatzgebiete beitragen. Dazu braucht es gut ausgebildete Fachkräfte, sowohl in der Pflege wie auch in der Primarschule.
Zusammenfassend sei gesagt, dass sowohl die Motion und das Postulat keinen nennenswerten Beitrag zur Stärkung der Berufsbildung erkennen lassen, sondern bloss darauf zielen, die Mittelschülerinnen und -schülern mit irgendwelchen Tätigkeiten zu beschäftigen. Dabei scheint es nicht darauf anzukommen, ob diese inhaltlich mit dem Ausbildungsweg zu tun haben oder nicht. Ebenfalls wird in Kauf genommen, dass solche Praktika, sollten sie im Gesetz verankert werden, von der Schule organisiert und zur Verfügung gestellt werden müssen. Bei einem Mengengerüst von jährlich 5'200 Schülerinnen und Schülern bedeutet dies einen immensen administrativen und finanziellen Aufwand. Angesichts dessen möchten wir Sie bitten, dem Regierungsrat nicht zu folgen und die Motion wie auch das Postulat nicht zu überweisen.
Wir bitten Sie, sowohl die Motion wie auch das Postulat nicht zu überweisen.