Universität Basel: Positionen der Handelskammer beider Basel
Die Handelskammer nimmt zu folgenden vier Themenfeldern Stellung: Ausrichtung und Trägerschaft, Finanzierung und Drittmittel, Immobilien und Standort, Governance und Eignerstrategie.
1. Ausgangslage
Die Universität Basel ist für die volkswirtschaftliche und kulturelle Entwicklung in der Region Basel von grösster Bedeutung. Sie trägt mit der Ausbildung des akademischen Berufsnachwuchses für die breit diversifizierte, regionale Wirtschaft und mit ihrer exzellenten Forschung namentlich in Life Sciences Wesentliches zur Innovationskraft und damit zur Wertschöpfung der Region Basel bei. Die Handelskammer beider Basel unterstützt die strategische Ausrichtung, das Angebot einer Volluniversität aufrechtzuerhalten.
1.1. Volkswirtschaftliche Bedeutung in der Region
- Gesamtwertschöpfung der Universität Basel: 943 Mio. Franken
- Paritätische Aufwendung der Trägerkantone BL und BS:320 Mio. Franken
Daraus folgt, ein Multiplikator von 2.95: Für jeden Franken, den die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft investieren, entsteht ein Mehrwert von knapp drei Franken für die Gesamtregion Basel.
Forschung und Kooperationen:
- Schwerpunkt Life Sciences: 75 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel
- 21 Prozent Doktoranden
- Trinationale Kooperation mit Strasbourg und Freiburg
Universität als Arbeitgeber (direkt/indirekt):
- 5‘850 Arbeitsplätze in der Gesamtregion Basel
- 46 Mio. Steuereinnahmen in beiden Trägerkantonen
1.2. Politik
Die steigenden Kosten der Universität und die schwierige Finanzlage des Kantons Basel-Landschaft führten im Jahr 2015 zu Unstimmigkeiten zwischen den Trägerschaften: die Baselbieter Regierung erklärte, dass die Kosten für die Universität für den Landkanton um jährlich 25 Mio. Franken sinken müssen. Die SVP (BL) hingegen schlug eine vorsorgliche Kündigung des Staatsvertrages vor, um Neuverhandlungen mehr Gewicht zu erteilen. Die als „80-Millionen-Deal“ bekannte Vereinbarung zwischen den beiden Kantonen konnte die verfahrene Situation durch einen Zeitaufschub vorerst lösen.
Im Herbst 2017 wird nun in den beiden Parlamenten der Leistungsauftrag der Universität für die Jahre 2018-2021 behandelt. Der Inhalt dieses Leistungsauftrages wie auch das Globalbudget wurden im Juni 2017 von den beiden Trägerkantonen vorgestellt: die Universität wird in den kommenden vier Jahren Einsparungen hinnehmen müssen. Diese werden jedoch zum Teil durch den noch laufenden „80-Millionen-Deal“ wie auch durch Reserven der Universität aufgefangen. Damit wird Zeit gewonnen, um wichtige Strategien und Projekte (Eignerstrategie, Immobilienstrategie, Governance) anzugehen.
Für eine starke Universität ist Planungssicherheit von grosser Bedeutung. Damit der Leistungsauftrag genehmigt wird, braucht dieser eine breite Akzeptanz zwischen den Regierungen, den Parlamenten aber auch der Universität und der Gesellschaft.
Zielsetzung der Handelskammer beider Basel
- Universität: stärken, modernisieren, Prozesse transparenter machen, Unabhängigkeit fördern
- Politik/Trägerschaft: breite Akzeptanz und Identifikation mit der Universität, neuer Leistungsauftrag per 1. Januar 2018 genehmigt, langfristige Sicherung des Staatsvertrages
- Wirtschaft: stärker mit Universität vernetzen, Synergien nutzen
Um diese Ziele zu erreichen, bzw. einen Prozess hierfür anzustossen, hat die Handelskammer beider Basel mit Vertretern aus Universität, Politik und Wirtschaft diverse Gespräche geführt. Dabei haben sich vier Themenfelder herauskristallisiert, die es anzugehen gilt:
- Ausrichtung und Trägerschaft
- Finanzierung und Drittmittel
- Immobilien und Standort
- Governance und Eignerstrategie
Thematische Schwerpunkte
3.1. Ausrichtung und Trägerschaft
Die Handelskammer beider Basel spricht sich gegen eine Kündigung des Universitätsvertrages aus. Eine paritätische, breit abgestützte Trägerschaft mit starken und gleichberechtigten Partnern ist für die Wirtschaft wichtig. Aus Sicht der Handelskammer muss in jedem Fall an der Parität beim Mitbestimmungsrecht festgehalten werden. Eine „dynamisch, flexible Finanzierung“ die von den Trägern ab 2021 vorgesehen ist, begrüsst die Handelskammer im Grundsatz: ein Finanzierungsmodell, das wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Standortvorteile berücksichtigt, macht Sinn. Wichtigster Erfolgsfaktor hierbei ist allerdings, dass eine einfache Umsetzungsformel entwickelt wird. Für die Handelskammer ist bei dieser Art der Finanzierung auch nicht schlüssig, ob sie einen Einfluss auf die Sitzverteilung im Universitätsrat hat. Das muss zwingend vorab geklärt und transparent gemacht werden.
3.2. Finanzierung und Drittmittel
Aus Sicht der Handelskammer beider Basel ist die Drittmittelakquise der Universität Basel hinsichtlich des Anteils der Privatwirtschaft noch erweiterbar. Ein Vergleich der Zahlen zwischen anderen Universitäten ist zwar schwierig (siehe Kasten), dennoch lässt sich weiteres Potenzial vermuten. Dies auch basierend auf der Tatsache, dass die Region Basel ein weltweit führender Life Sciences Cluster ist. Die Handelskammer spricht sich insbesondere für eine engere Zusammenarbeit mit der Industrie aus und erwartet eine Kooperation bei der Innovationsstrategie der Universität Basel.
Drittmittel: Es existiert keine anerkannte Definition für Drittmittel. Allgemein sind mit „Drittmittel“ jene Beträge gemeint, welche die Universitäten zusätzlich zu den Grundbeiträgen (Beiträge der Trägerkantone, IUV-Beiträge und Grundbeiträge des Bundes) sowie den Studiengebühren einwerben: d.h. primär Forschungsprojekte von SNF, KTI und EU, Forschungskooperationen mit der Privatwirtschaft oder der öffentlichen Hand, Forschungsaufträge, Beiträge von Stiftungen und Schenkungen von Privaten. Die Statistik des BFS, welche meistens die Grundlage für Vergleiche zwischen den Universitäten bildet, entspricht in der Regel nicht den von den Universitäten im Jahresbericht angegeben Werte der Drittmittel. Nachfolgende Tabelle zeigt die unterschiedlichen Werte für die Universität Basel auf. Werte für 2015Quelle: BFS Online Tool „Hochschulfinanzen“, BFS „Personal der schweizerischen Hochschulen“ und Jahresbericht Universität Basel Der Grossteil der Drittmittel stammt aus öffentlichen Forschungsprogrammen bzw. Forschungsmandaten (SNF, KTI, EU-Forschungsprogramme, etc.). Knapp 75 Mio. Franken stammen aus Forschungsmandaten des privaten Sektors. Im nationalen Vergleich steht die Universität mit diesem Anteil relativ gut da (St. Gallen, Universität Svizzera Italiana und ETHZ liegen leicht höher). Gemäss F&E-Statistik des BFS tätigen Unternehmen in der Schweiz F&E-Ausgaben in Höhe von14 Milliarden Franken (2015). Davon entfallen 576 Millionen Franken auf die Hochschulen. Dies zeigt auf, dass von Seiten der Hochschulen grosses Potenzial vorhanden ist.
Angaben Jahresbericht Universität Basel |
BFS-Statistik |
|
Drittmittel absolut |
158,6 Mio. Franken |
137,4 Mio. Franken |
Drittmittel inkl. Spitäler |
264,4 Mio. Franken |
241,6 Mio. Franken |
Eine generelle Kürzung der Forschungsmittel lehnt die Handelskammer entschieden ab. Sie sieht die Universität aber in der Pflicht, die Forschungsmittel optimal, das heisst nach Exzellenz ausgerichtet, einzusetzen.So unterstützt und befürwortet die Handelskammer auch die Fokussierung in der Forschung. Wichtig ist, dass die Universität bei der Fokussierung den regionalen Arbeitsmarkt, bzw. die regionale Leitbranche berücksichtigt (Life Sciences).
Zudem ruft die Handelskammer die Universität Basel auf, Kooperationspartnerschaften einzugehen oder diese voranzutreiben. Durch Synergien mit anderen Instituten (ETH, trinationale Forschungsprojekte) können Kosten eingedämmt werden.
3.3. Immobilien und Standort
Die Nutzung der Liegenschaften durch die Universität wird nach marktüblichen Kriterien, unter Berücksichtigung der entsprechenden Regelungen der Schweizerischen Universitätskonferenz (SUK) geregelt. Die beiden Kantone haben bei der Ausarbeitung des Immobilienvertrages ein „Basler Modell“ entwickelt. Dabei werden die Mietkosten über das Globalbudget der Universität beglichen, während Unterhalt und Veränderungen über den Immobilienfonds laufen. Damit wird zwar die Unabhängigkeit der Universität gefördert, dies allerdings auf Kosten der Transparenz.
Die Trägerkantone haben hier Handlungsbedarf eingeräumt und eine Immobilienstudie in Auftrag gegeben. Die Resultate werden bis Ende 2017 bekannt sein. Die Handelskammer erwartet, dass die Trägerkantone anschliessend die Immobilienstrategie für die Universität Basel überarbeiten. Sie stösst zudem an, die Immobilienübertragung an die Universität Basel zu prüfen und zu verfolgen.
Für die Wirtschaft ist es wichtig, dass kein externer (politischer) Zwang zur Standortwahl herrscht. Der Standort muss für die Universität sinnhaft sein und Nutzen stiften. Ein zentrales Raumkonzept sollte ebenfalls geprüft werden, um Synergien zu nutzen und schaffen. Als Beispiel einer solchen Cluster-Bildung gilt der Life Sciences-Campus.
3.4. Gorvernance und Eignerstrategie
Im Austausch mit den Politikern, der Wirtschaft und der Universität konnte die Handelskammer beider Basel einen roten Faden ausmachen, welcher für alle hier behandelten Themenfelder existenziell sein wird: die gemeinsame Eignerstrategie der beiden Trägerkantone. Seit der Unterzeichnung des Universitätsvertrages im 2007 existiert kein solches, gemeinsam verabschiedetes Dokument. Zwar haben die beiden Träger jeweils für den eigenen Kanton eine Strategie erarbeitet – diese unterscheidet sich jedoch im Inhalt und wird nach jeder Leistungsperiode geprüft und bei Bedarf angepasst.
Mit einer gemeinsamen und vor allem langfristigen Eignerstrategie würden die beiden Kantone ihre Zielsetzungen und Grundsätze als Eigentümer der Universität Basel dokumentieren und sich verpflichten, danach zu handeln. Eine Eignerstrategie definiert den Kern der Universitätsstrategie und stellt damit in den wesentlichen Punkten das Leitbild für die Tätigkeit des Universitätsrates dar. Sie soll zudem ermöglichen, dass zukünftig alle Stakeholder in einer offenen und guten Atmosphäre zusammenarbeiten können. Sie ist konsensorientiert und soll langfristig den Kern für fruchtbare und konstruktive Beziehungen legen. Entsprechend ist die gemeinsame Eignerstrategie für die beiden Trägerkantone wegweisend. Die Handelskammer beider Basel ist überzeugt, dass die aktuell - und teilweise kontrovers - diskutierten Themenfelder keine Probleme mehr darstellen, wenn die Zusammenarbeit der beiden Träger auf einer soliden und langfristigen Strategie fusst.
3.5. Sonstige Themen
Semestergebühren: Die Wirtschaft unterstützt eine Differenzierung von Semestergebühren im Sinne der Exzellenz: so sollen weder in- noch ausländische Talente (Doktoranden/PhD Studenten etc.) mit zu hohen Gebühren vom Studium an der Universität Basel abgehalten werden.
Volluniversität:Die Handelskammer stützt die Volluniversität, solange sich die Universität in der Forschung klar fokussiert und damit in Bereichen entsprechend der regionalen Leitbranche (Life Sciences), in der Schweizer Hochschullandschaft „Leuchttürme“ schafft.
- FAZIT: Die Handelskammer beider Basel ruft Politik, Wirtschaft und Universität zur Zusammenarbeit auf
Die Trägerkantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft haben in ihrem Bericht zum Leistungsauftrag und Globalbudget 2018-21 der Universität Basel folgende Agenda aufgeführt:
Kurz- und mittelfristige Perspektive |
Langfristige Perspektive |
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|
Damit wurden die wichtigsten Themen erläutert und adressiert. Trotz bevorstehenden Sparbemühungen geht die Universität als „Gewinnerin“ aus diesem Prozess hervor: die Planungssicherheit für die Leistungsperiode 2018-2021 sollte gewährleistet sein, die Trägerkantone haben gemeinsam eine Lösung erarbeitet.
Die Handelskammer beider Basel weist jedoch darauf hin, dass die Strategien erst in Planung sind. Auch die Zusammenarbeit zwischen Universität und Wirtschaft ist aktuell erst ein Bekenntnis. Damit sich die Universität Basel auch nach der Leistungsperiode 2018-2021 im nationalen und internationalen Wettbewerb unter den Hochschulen behaupten kann, müssen die Strategien jetzt angegangen werden. Die Handelskammer ruft daher Politik, Wirtschaft und Universität zur Zusammenarbeit auf. Nur so wird gewährleistet, dass Gremien/Kommissionen zur Erarbeitung der Strategien mit den richtigen Kompetenzen ausgestattet werden und die Kommunikation konstruktiv und direkt verläuft.
Die Handelskammer beider Basel hat deswegen ihre Forderungen zusammengefasst. Sie bietet zudem Hand, als kompetente Ansprechpartnerin für Politik, Wirtschaft und Universität in den anstehenden Prozessen zu unterstützen, zu kommunizieren und zu verbinden.
Forderungen an die Politik
Kurzfristig:- Leistungsauftrag und Globalbudget 2018-2021 bis Ende 2017 genehmigen.
- Planungssicherheit für die Universität Basel ab 1. Januar 2018 gewährleisten.
- Konstruktiver und direkter Austausch zwischen den beiden Trägerkantonen.
- Keine Referenden ergreifen.
Mittelfristig:
- Gemeinsame Eignerstrategie beider Trägerkantone erarbeiten.
- Governance der Träger klar aufzeigen: weg vom „Juniorpartner" Baselland.
- Parität: dynamische und flexible Finanzierung seriös prüfen und, falls als sinnvoll erachtet, eine einfache Umsetzungs-Formel erarbeiten.
- Einfluss und Zusammensetzung des Universitätsrats ist nicht politischer Natur, sondern explizit zum Wohl der Universität.
- Breite Akzeptanz der Universität fördern.
Langfristig:
- Immobilienstrategie überarbeiten.
- Immobilienübertragung an die Universität prüfen.
- Schaffung eines zentralen Campus bzw. verschiedener Cluster prüfen, um Kosten zu sparen und Synergien zu nutzen.
- Standortwahl erfolgt unter Berücksichtigung rein betriebswirtschaftlicher Aspekte
Forderungen an die Wirtschaft
Kurzfristig:
- Engere Verknüpfung der Wirtschaft mit der Universität anstreben.
- Gemeinsame Dienstleistungen prüfen und entwickeln.
Mittelfristig:
- Einbezug der Wirtschaft in die Innovationsstrategie der Universität Basel sicherstellen.
Langfristig:
- Anteil der Privatwirtschaft bei den Drittmitteln erhöhen.
- Gemeinsame Forschungsprojekte realisieren.
Forderungen an die Universität
Kurzfristig:
- Proaktive Strategie für die Zusammenarbeit mit der Industrie entwickeln.
- Zusammenarbeit mit der Wirtschaft sicherstellen (Innovationsstrategie).
Mittelfristig:
- Fokussierung in der Forschung – „Leuchttürme" in der Schweizer Hochschullandschaft schaffen.
- Fokus weiterhin entsprechend der regionalen Leitbranche (Life Sciences) setzen.
- Drittmittelakquise (Anteil Privatwirtschaft) verstärken.
- Differenzierung der Semestergebühren zwischen Bachelor-/Masterstudierenden und Doktoranden (PhD-Studierenden) beibehalten.
- Semestergebühren für in- und ausländische Studenten nur mit Rücksicht auf die Konkurrenzfähigkeit der Universität erhöhen.
Langfristig:
- Kooperationspartnerschaften und Synergien mit anderen Institutionen (z.B. ETH) nutzen und ausbauen.
- Internationale Projekte (z.B. trinationale Forschungsprojekte) vermehrt initiieren und realisieren.
Positionen der Handelskammer beider Basel zur Universität Basel