Revision des Aktienrechts
Die Handelskammer beider Basel fordert eine Sistierung der Aktienrechtsrevision. Sowohl die konjunkturelle Lage als auch die Währungssituation stellen die Schweizer Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Zu diesem Zeitpunkt soll nicht noch mehr Unsicherheit für Unternehmen und Investoren geschaffen werden. Zumal der Vorentwurf viele technische Details enthält, die keine zeitliche Dringlichkeit aufweisen.
Hauptantrag
Die Aufhebung der Euro-Franken-Untergrenze stellt die Schweizer Unternehmen vor grosse Herausforderungen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen hat sich gegenüber dem Ausland massiv verschlechtert, die Standortattraktivität steht bereits seit einiger Zeit auf dem Prüfstand und die Planungssicherheit für Unternehmen als auch für Investoren ist stark gefährdet.
Aus diesem Grund ist aktuell von einer Revision des Aktienrechts abzusehen. Denn damit würde während einer Situation mit ernsthaften Herausforderungen unnötige und schädliche Unsicherheit geschaffen, was Gift für Investitionen und eine prosperierende Volkswirtschaft ist. Dies wird durch die Tatsache gestützt, dass die „Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften“ (VegüV) erst seit 1. Januar 2014 in Kraft ist und noch kaum Erfahrungen bei der Anwendung der neuen Bestimmungen bestehen. Diese Erfahrungen sind abzuwarten, zumal eine erneute Anpassung unzählige Statutenänderungen zur Folge hätte.
Die Handelskammer beider Basel fordert eine Sistierung der Aktienrechtsrevision.
Eventualantrag
Sollte dem Hauptantrag der Sistierung nicht entsprochen werden, nimmt die Handelskammer beider Basel zur Revision des Aktienrechts folgendermassen Stellung.
Die Handelskammer fordert, dass nur jene Punkte geregelt werden, bei welchen tatsächlicher Bedarf besteht. Die ursprünglich wichtigsten Punkte sind bereits in Verordnungen oder dem Rechnungslegungsgesetz geregelt. Der Vorentwurf zur Revision des Aktienrechts enthält zudem viele technische Details, die keine zeitliche Dringlichkeit aufweisen. Auf diese Anpassungen, und insbesondere auf weitergehende Regeln als in der VegüV festgehalten, ist zu verzichten. Materiellen Anpassungen gegenüber ist die Handelskammer jedoch grundsätzlich positiv eingestellt.
Bemerkungen zu einzelnen Bestimmungen des Vorentwurfs
Art. 661 Abs. 2 – Dividendenbegünstigung, -abschlag / Dispoaktien: Ein Dividendenabschlag für nicht an der Generalversammlung teilnehmende Aktionäre bzw. ein Dividendenzuschlag für teilnehmende Aktionäre ist nicht praktikabel. Das Aktienrecht kann und soll nicht zum Ziel haben, dass Aktionäre an der Generalversammlung teilnehmen müssen.
Die Handelskammer beantragt, Art. 661 Abs. 2 ersatzlos zu streichen.
Art. 689c Abs. 6 Ziff. 2 – Weisungen an die unabhängige Stimmrechtsvertretung: Die vorgeschlagene Weisung an die unabhängige Stimmrechtsvertretung ist nicht nachvollziehbar und nicht praktikabel. Es ist unsinnig, wenn an der Generalversammlung nicht anwesende Aktionäre im Voraus Weisungen zu Anträgen geben sollen, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt sind.
Die Handelskammer beider Basel beantragt, „oder anderer Aktionäre“ zu streichen.
Art 697 f. - Klage auf Kosten der Gesellschaft: Eine Anpassung des Prozessrechts für nicht-kotierte Unternehmen wird von der Handelskammer grundsätzlich unterstützt. Bei diesem Vorhaben geht es darum, Minderheitsaktionäre von kleinen (nicht-kotierten) Unternehmen zu schützen. Die Hürde, dass vor Gericht die Forderung glaubhaft gemacht werden muss, erachtet die Kammer als genug hoch. Diese Glaubhaftmachung ist bereits mit einer Kostenfolge für die Kläger verbunden, so dass nicht mit einer grossen Masse an Prozessen zu rechnen ist.
Die Handelskammer begrüsst grundsätzlich eine Anpassung des Prozessrechts. Diese Anpassung ist allerdings zeitlich nicht dringend, so dass insbesondere aufgrund der aktuell schwierigen Situation, momentan darauf verzichtet werden sollte.
Art. 703 – Beschlussfassung: Der Vorentwurf sieht einen Paradigmenwechsel für die Beschlussfassung und Wahlen durch die Generalversammlung vor. Soweit Gesetz oder die Statuten nichts anderes bestimmen, soll die GV ihre Beschlüsse mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen fassen. Enthaltungen sollen nicht als abgegebene Aktienstimmen gelten (Art. 703 Abs. 3).
Ein grosser Teil institutioneller Investoren enthält sich der Stimme an einer Generalversammlung. Deren Enthaltung kann letztlich nur so gedeutet werden, dass sie mit der Strategie und den operativen Entscheidungen der Unternehmensführung einverstanden sind. Wären sie das nicht, würden sie dies mittels Mitwirkung an der Generalversammlung zum Ausdruck bringen.
Die Handelskammer lehnt die Anpassungen der Beschlussfassung ab.
Art. 725ff. – Sanierungsrecht: Die Neuerungen im Sanierungsrecht sind grundsätzlich zu begrüssen. Dazu gehört insbesondere die Plausibilitätsprüfung eines Liquiditätsplans durch die zugelassene Revisionsstelle. Allerdings sind der administrative Aufwand und die damit verbundenen Kostenfolge nicht zu unterschätzen. Ex-ante die Plausibilität festzustellen, erachtet die Handelskammer zudem als schwierig.
Die Handelskammer begrüsst grundsätzlich die Neuerungen im Sanierungsrecht, weist allerdings auf die damit verbundene Kostenfolge und die Umsetzungsprobleme hin.
Art. 701g – Elektronisches Forum: Die Einführung eines elektronischen Forums für börsenkotierte Unternehmen wäre mit erheblichen Kosten verbunden. Zudem sind weder Auswirkungen noch genaue Umsetzung geklärt. Aktionäre haben bereits heute die Möglichkeit, sich über verschiedene Foren auszutauschen, die von Dritten angeboten werden.
Die Handelskammer lehnt die Pflicht zur Einrichtung eines elektronischen Forums ab.
Art. 734e – Geschlechterquoten auf Stufe VR und GL: Der „Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance“ von economiesuisse sieht bereits heute heterogen ausgestaltete Führungsgremien vor. Dieser erst vor Kurzem in Kraft getretene Selbstregulierung ist eine Chance zu geben.
Die Handelskammer lehnt gesetzlich vorgeschriebene Geschlechterquoten auf Stufe Verwaltungsrat und Geschäftsleitung ab.
Art. 964a ff. – Transparenz bei Rohstoffunternehmen: Sektorspezifische Bestimmungen sollten nicht Bestandteil des Aktienrechts sein. Mit der globalen „Extractive Industries Transparency Initiative (EITI)“ existiert bereits ein Rahmen für die Berichterstattung von Zahlungen an staatliche Stellen. Zudem müssten Begriffe präzisiert werden (bspw. „Einschlag von Holz in Primärwäldern“).
Die Handelskammer beantragt, in der Verordnung auf die Einhaltung der EU-Regeln hinzuweisen und im Aktienrecht auf sektorspezifische Bestimmungen zu verzichten.