Industrie 4.0 bringt Unternehmen auf den neusten technologischen Stand
Industrie 4.0 verschmelzt IT mit Produktionstechnologien um dadurch innovative Produkte und Leistungen zu ermöglichen. Christof Klöpper, CEO Basel Area Business & Innovation, und Handelskammer-Direktor Martin Dätwyler zeigen auf, was Industrie 4.0 für unseren Wirtschaftsstandort bedeutet.
Wieso ist Industrie 4.0 wichtig?
Christof Klöpper: Mit Industrie 4.0 ist die umfassende Digitalisierung der industriellen Produktion gemeint. Auch in unserer Region muss sich die Industrie transformieren und mit der technologischen Entwicklung Schritt halten, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Unternehmen, die ihre Produktionsprozesse nicht modernisieren und digitale Technologien ausser Acht lassen, verpassen den Anschluss und sind auf die Dauer nicht mehr wettbewerbsfähig. Weil produzierende Betriebe in der Region Basel sehr zahlreich sind, müssen sich auch entsprechend viele Firmen auf die digitale Transformation ausrichten. Das muss sich die regionale Wirtschaft und Politik bewusst sein.
Martin Dätwyler: Die vierte industrielle Revolution eröffnet der Wirtschaft grosse Chancen und Potenziale. Dies betrifft auch den Raum Basel, der sich in der Schweiz immer mehr als Digitalisierungs-Standort etabliert. Unsere Region ist nebst der industriellen Produktion und den innovativen Life Sciences eine wichtige Drehscheibe für die Logistik. Durch einen gezielten Einsatz digitaler Systeme zur schnellen Datenerfassung kann auch hier eine Effizienzsteigerung erzielt werden. In anderen Bereichen, wie in den umliegenden Spitälern, nimmt die Digitalisierung unter anderem bei der Bearbeitung von Patientendaten eine ebenso unterstützende Funktion ein. Die Industrie 4.0 revolutioniert das Wirtschaftsgeschehen, erhöht Produktivität und Flexibilität und ermöglicht es Unternehmen, agiler auf Veränderungen zu reagieren.
Vor welchen Herausforderungen stehen die regionale Industrie und KMU aktuell im Bereich Industrie 4.0?
Dätwyler: Die Digitalisierung birgt nebst umfangreichen Chancen auch Gefahren. Die Cybersicherheit ist in diesem Zusammenhang aktuell ein grosses Thema. Wo vermehr mit digitalen Daten hantiert wird, nehmen Cyberangriffe spürbar zu. Umso wichtiger ist der Schutz der digitalen Infrastruktur. Eine neue Herausforderung besteht auch in der Digital Leadership. Ein offener Umgang der Führungsebenen mit der digitalen Transformation ist wichtig, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch interne Veränderungsprozesse zu begleiten und das notwendige Wissen zu vermitteln. Insbesondere für KMU ist die Umsetzung dieses Change-Prozesses schwierig, da die Verantwortlichkeiten oft nicht klar geregelt sind und es an Ressourcen mangelt. Daher ist es wichtig, dass KMU eine Strategie ausarbeiten, die den Anforderungen des Wandels gerecht wird.
Klöpper: Die meisten Unternehmen sind sich zwar bewusst, dass sie ihre Unternehmensstrategie aufgrund der technologischen Entwicklung anpassen müssen, doch bei vielen ist noch keine digitale Strategie vorhanden. Deshalb fühlen sich einige Firmen bedroht, weil sie merken, dass ihre Mitbewerber mit ihrer digitalen Strategie schon weiter sind als sie selbst. Für KMU ist die Umstellung auf digitale Produktionsprozesse kein leichtes Unterfangen, denn es sind eine entsprechende Infrastruktur, finanzielle Ressourcen, Know-how und strategische Entscheidungen nötig. Klar ist: Jedes KMU, das den Wandel im Alleingang anstrebt, macht einen Fehler. Es ist zentral, dass sich die Firmen untereinander über Erfahrungen und Entwicklungen austauschen.
Wo steht die Region im Bereich Industrie 4.0?
Klöpper: Es gibt in unserer Region viele spannende Projekte und Initiativen. Hervorheben möchte ich, was sich derzeit in Arlesheim abspielt. Mit uptownBasel entsteht dort auf 70'000 Quadratmetern ein internationales Kompetenzzentrum für Industrie 4.0. Das Schorenareal wird zu einem Entwicklungs- und Produktionsstandort, an dem sich ausgewählte Technologieunternehmen und weitere Organisationen ansiedeln können. Als Plattform für vernetzte Unternehmen treibt uptownBasel den branchen- und disziplinenübergreifenden Wissenstransfer voran. Das ist äusserst hilfreich, damit unsere Region im Bereich Industrie 4.0 vorne mitspielt.
Dätwyler: Unsere Region wird durch ihre starke Ausrichtung auf Innovation und Technologie definiert, die Kernbestandteile der Industrie 4.0 sind. Die hier angesiedelten Branchen profitieren davon. Wie Christof Klöpper bereits erwähnt, gilt im Speziellen die Quantentechnologie als Schlüsseltechnologie der Zukunft. Im vergangenen Sommer durfte QuantumBasel den Chip für den ersten kommerziell nutzbaren Quantencomputer der Schweiz auf dem Schorenareal in Arlesheim begrüssen, was dem Standort Basel eine Einzigartigkeit verleiht, und unsere Wirtschaftszone bestärkt. Die Entwicklung steckt zwar noch in den Anfängen, aber der nahe Zugang zur Quantentechnologie eröffnet der hiesigen Wirtschaft künftig grosse Potenziale.
Was machen die Handelskammer beider Basel und Basel Area Business & Innovation, um die regionale Entwicklung zu fördern?
Dätwyler: Mit unserer Plattform be-digital basel verleihen wir der ICT-Branche in der Region mehr Sichtbarkeit und schaffen einen Dialog zwischen Wirtschaft und Politik und damit Raum für die digitale Transformation. Mit unseren Projekten und Veranstaltungen verfolgen wir das Ziel, eine Brücke zwischen Expertinnen und Experten und Anwenderinnen und Anwendern zu schaffen. Mit unserer Initiative möchten wir die lokale ICT voranbringen und einen wettbewerbsfähigen Digitalisierungs-Hotspot bilden. Für einen starken ICT-Standort erfordert es aber Fachkräfte, die aktuell dringend gesucht werden. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, unterstützen wir die ICT-Berufsbildung sowie den Aufbau der geplanten Hochschule für Informatik. Zusammen mit den ICT Scouts am ICT Campus Handelskammer beider Basel in Allschwil bereitet be-digital basel zudem Nachwuchstalente auf einen potenziellen Berufseinstieg vor.
Klöpper: Zu unserem Angebot gehören Dienstleistungen, die speziell auf die Bedürfnisse von KMU im Bereich Industrie 4.0 ausgerichtet sind. Wir bieten Unternehmen unsere Unterstützung an, fördern Kollaborationen und stellen unser Netzwerk zur Verfügung, um gemeinsam regionale Lösungen für globale Herausforderungen zu finden. Wir bringen Unternehmen aus dem trinationalen Raum zusammen, weil wir überzeugt sind, dass eine grenzüberschreitende Vernetzung besonders gute Lösungen ermöglicht. Ausserdem fördern wir mit unserer i4Challenge KMU, Startups und Projektideen, die sich auf innovative Lösungen, Produkte oder Dienstleistungen im Bereich Industrie 4.0 konzentrieren. Die i4Challenge trägt dazu bei, neue Lösungen zur Marktreife zu bringen.