Künstliche Intelligenz - Wer trägt das Haftungsrisiko?
Künstliche Intelligenz (KI) wird immer häufiger auch in Geschäftsbereichen eingesetzt. Eine der häufigsten Anwendungen von KI im gewerblichen Bereich ist die automatisierte Generierung von Texten. Innert kürzester Zeit produziert sie Inhalte, sei dies in Form von Abhandlungen auf Anweisung oder gar in Form von Dialogen, in denen die KI auf eine Vielzahl von Eingaben mit dem Menschen interagiert. Aber wer trägt das Haftungsrisiko, wenn unerwünschte oder rechtswidrige Inhalte automatisch generiert werden?
Stark vereinfacht gesagt sind KI-basierte Textgeneratoren Modelle, die auf Anwei-sung die wahrscheinlichsten Antworten aus den Daten, mit welchen sie trainiert wurden, zusammenstellen. Wie alle Technologien birgt KI auch Risiken, die es gegen die Chancen abzuwägen gilt. Der naheliegendste Vorteil bei der Erstellung von Texten auf Knopfdruck ist die Zeitersparnis. Mit KI-basierten Textgeneratoren können Unternehmen zudem aus (beinahe) unbeschränkt vielen Quellen Inhalte zusammenstellen lassen. Selbst geübte Autorinnen und Autoren schaffen es nicht, in dieser kurzen Zeit die gleiche Menge an Quellen zu verarbeiten oder daraus in wenigen Sekunden einen Text zu produ-zieren.
Vorteile und Nachteile
Ein weiterer Vorteil von KI-basierten Text-generatoren ist die Möglichkeit, ihre Antworten an bestimmte Zielgruppen anzupassen. Durch die Analyse von Daten wie Alter, Geschlecht und Standort können Textgeneratoren Inhalte erzeugen, die speziell auf die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten sind. Dies kann Unternehmen helfen, ihre Sichtbarkeit im Web zu erhöhen und ihre Zielgruppe mit gezielten Marketingmassnahmen effektiver zu erreichen. Als Nachteil wird vor allem die Ausgabe von unerwünschten Antworten genannt. Unerwünscht sind Aussagen, die man nicht abgeben möchte, beispielsweise weil sie als unmoralisch oder diskriminierend gelten. Um solche zu vermeiden, müssen entweder die Trainingsdaten entsprechend bereinigt oder die Modelle mit Filtern oder spezifischen Gewichtungen ausgestattet werden. Selbst mit diesen Vorkehrungen kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass unerwünschte oder gar rechtswidrige Antworten generiert werden. Zudem ist bekannt, dass KI-basierte Textgeneratoren auch «halluzinieren» können und Antworten liefern, die durch ihre Trainingsdaten nicht gerechtfertigt und daher möglicherweise wahrheitswidrig sind.
Haftungsrisiko auf Bearbeiterseite
Inhalte, die rechtswidrig oder wahrheitswidrig sind, können zu einer Haftung führen, sofern sie verbreitet und einer natürlichen oder juristischen Person zugerechnet werden. Eine Zurechnung erfolgt regelmässig, wenn die mittels KI-basierten Textgeneratoren erstellten Inhalte verbreitet werden und die Empfänger nicht erkennen können, dass die Antwort inhaltlich gar nicht von der die Inhalte verbreitenden Person stammt. Ein entsprechender Hinweis oder Haftungsausschluss vermag das Haftungsrisiko in gewissen Fällen einzugrenzen. In bestimmten Bereichen, wie beispielsweise beim zivil- und datenschutzrechtlichen Persönlichkeitsschutz, bleibt grundsätzlich die bearbeitende Person verantwortlich, wenn persönlichkeitsverletzende Inhalte generiert und verbreitet werden.
Pannen sind schädlich
Unternehmen, die bereits KI-basierte Textgeneratoren in ihrem Geschäftsfeld einsetzen, beweisen Pioniergeist. Der Reputati-onsvorteil dieser «Early Adopter» entfällt jedoch sofort, sobald Pannen bekannt werden. Von den Medien aufgegriffen, können diese zu einem «Shitstorm» führen. Das wäre ein Rückschritt nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für die Entwicklung der Technologie, die auf unser Vertrauen angewiesen ist. Ich empfehle daher eine sorgfältige Prüfung der Einsatzmöglichkeiten und eine schrittweise Einführung, idealerweise in einer geschützten Umgebung.
Dr. iur. Apollo Dauag ist seit 2013 im Advokaturteam Gremmelspacher Dauag Ruppaner und berät Private sowie Unternehmen auch zum Leistungsaustausch im digitalen Raum. 2021 ist seine Dissertation über den Zivilprozess gegen Cloud Provider erschienen. Seither untersucht er an der Juristischen Fakultät der Universität Basel Rechtsfragen zur Digitalisierung im öffentlichen Recht. Daneben beleuchtet er mit der Fachgruppe Digital der Advokatenkammer die Digitalisierung für die Anwaltspraxis und setzt sich mit der Plattform Repositorium.ch für den open access zu Publikationen zum Schweizer Recht ein.