Investment mit Weitblick
Die Universität Basel hat in den letzten Monaten für positive Schlagzeilen gesorgt: bedeutende Preise für ihre Forschenden, Chance auf EU-Gelder für die Quantentechnologie und ein neues Forschungsinstitut für Augenheilkunde. Sparbemühungen setzen die Uni aber zusehends unter Druck. Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel, befragte Rektorin Andrea Schenker-Wicki über eine engere Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft.
Frau Schenker-Wicki, was bewirken die Erfolge für die Uni?
Die Universität Basel hat sehr erfolgreiche Projekte lanciert. Unsere Forschenden haben bewiesen, dass wir mit Recht zu den hundert besten Hochschulen der Welt gehören. Wir werden nicht nachlassen, neue Kooperationen mit anderen Universitäten aber auch mit der Privatwirtschaft zu etablieren.
Und dennoch: Die Universität muss durch Sparvorgaben der beiden Kantone den Gürtel enger schnallen.
Sie sprechen eine grosse Herausforderung an: trotz Sparbemühungen die Qualität der Uni auf hohem Niveau zu halten. Die Kantone stellen uns weniger Geld zur Verfügung, erwarten aber, dass wir weiterhin in der Champions League spielen. Das gelingt uns nur, wenn wir effizienter werden und unsere Mittel noch fokussierter einsetzen. Wir möchten beweisen, dass das von der Öffentlichkeit investierte Geld bei uns bestens angelegt ist.
Grosses Potenzial sehen wir bei Kooperationen mit Universitäten im In- und Ausland und mit einer vertieften Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Wir möchten die Innovations-Zyklen beschleunigen, damit Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung rascher in konkrete Anwendungen überführt werden.
Wie stehen Sie zur Idee einer Universität Schweiz?
Die Standortfrage ist ein Thema, das diskutiert werden muss: Unsere Universität wird von zwei Kantonen paritätisch getragen, deshalb ist es legitim, wenn der Kanton Baselland auch Uni-Standort sein möchte. Hier werden derzeit die Rahmenbedingungen geklärt. Im Lauf des Jahres sollten die Entscheidungsgrundlagen auf dem Tisch liegen.
Die Diskussion um eine «Universität Schweiz» zielt in eine andere Richtung, nämlich wo in der Schweiz die grossen, forschungsintensiven Schwerpunkte angesiedelt werden. Solange aber der Hauptanteil der Universitätskosten von den Kantonen getragen wird, müssen diese die Freiheit haben, ihre Forschungsschwerpunkte selber festzulegen. Als Universität am Standort Basel müssen wir uns auf die Life Sciences fokussieren. Und ich glaube nicht, dass die Universität Zürich oder die ETH zu unseren Gunsten auf dieses zukunftsträchtige Forschungsgebiet verzichtet. Das heisst aber nicht, dass wir nicht enger kooperieren und die Forschungsinfrastrukturen besser aufeinander abstimmen sollten.
Für die Wirtschaft ist die Zusammenarbeit mit der Universität sehr wichtig. Wo setzt die Uni ihre Forschungsschwerpunkte?
Der Schwerpunkt unserer Uni liegt klar in den Life Sciences, den Naturwissenschaften und der Medizin: Drei Viertel unseres Budgets fliessen in diese für unseren Standort wichtigen Bereiche. Wir pflegen enge Kontakte zu den grossen Unternehmen, aber auch zu KMU der Region. Dieses Netz werden wir in Zukunft noch ausbauen.
Gibt es einen direkten Austausch zwischen den regionalen Unternehmen?
Es gibt einen Austausch, der aber intensiviert werden kann. Wir möchten die unterschiedlichen Welten von Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen und Plattformen für Begegnungen schaffen. Deshalb habe ich eine Innovations-Initiative lanciert mit einem Delegierten für Innovation. Und wir haben einen Head of Innovation, der Uni-intern Rahmenbedingungen schafft, damit das an der Universität Basel generierte Wissen zu mehr Firmengründungen führt. 2017 haben wir mit dem «Innovation Day» in Allschwil einen jährlichen Anlass lanciert, an dem über 200 Personen aus der Region zusammenkamen, um über Innovation, Technologietransfer, IP-Rechte oder Produkteentwicklung zu diskutieren.
Ist aus Sicht der Universität die Beschaffung von Drittmitteln ausgeschöpft?
Unsere Forschenden werben schweizweit am meisten Drittmittel ein. Wir stehen also sehr gut da, lehnen uns aber nicht selbstzufrieden zurück! Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler holen wichtige europäische Forschungs-Grants nach Basel, der Schweizerische Nationalfonds vergibt überdurchschnittlich viele Förderprofessuren an unsere Uni und unser Fundraising überzeugt Stiftungen und Spender, in unsere Projekte zu investieren. Dabei muss aber klar sein: Drittmittel kann eine Universität nur einwerben, wenn sie über eine solide Grundfinanzierung verfügt, da wir all diese Gelder aufeinander abstimmen müssen. Das heisst, der Drittmittelgeber zahlt einen Teil und wir bezahlen den anderen Teil.
Sehen Sie dabei auch Potenzial bei kleineren und mittleren Unternehmen?
Selbstverständlich! Wir wollen nicht nur für die grossen Unternehmen da sein. Unsere Innovations-Initiative hat zum Ziel, die Pipeline mit Innovationen zu füllen und neue Technologien von der Wissenschaft in die Wirtschaft zu transferieren. So möchten wir zu mehr Startups-Gründungen beitragen.
Eine persönliche Frage: Trotz aller Turbulenzen treten Sie mit unverwüstlicher Dynamik und positiver Überzeugungskraft auf. Woher nehmen Sie diese Energie?
Als ich vor drei Jahren nach Basel kam, habe ich eine Universität mit riesigem Potenzial angetroffen, die tendenziell unterschätzt wurde. Mein Ziel ist, die Stärken dieser Institution noch mehr herauszuarbeiten und dafür zu kämpfen, dass die Universität Basel weiterhin zu den besten der Welt gehört, sich aber gleichzeitig stärker mit der regionalen Wirtschaft vernetzt. Die Menschen dieser Region sind bereit, sehr viel Geld in uns zu investieren. Wir möchten der Bevölkerung etwas zurückgeben.
Das Interview ist in unserer aktuellen twice-Ausgabe erschienen.