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BILATERALE
FOKUS
SCHAFFEN
STABILITAT
Offene Märkte und Freihandel sind Garanten für den wirtschaftli hat die Alterung der Schweizer Bevölke-
chen Erfolg der Schweiz. Das Verhältnis zur EU steht aber weiter rung gedämpft. Unsere Unternehmen
hin auf wackeligen Beinen. Warum die Bilateralen wichtig für die konnten dank des Zugangs zu qualifizier-
ten Arbeitskräften ihre Innovationskraft
konjunkturelle Entwicklung der Schweiz und damit für die Stabilität stärken und ihre Wirtschaftsleistung kon-
sind, wissen Elisabeth SchneiderSchneiter und Martin Dätwyler. tinuierlich steigern. Das Resultat sind sta-
bile Löhne und eine tiefe Arbeitslosigkeit.
Von dieser positiven Entwicklung profi-
Warum sind offene Märkte so wichtig Welchen Einfluss haben die Bilateralen tierten also alle.
für die Schweiz? auf die Schweizer Wirtschaft?
Schneider-Schneiter: Kleine Länder wie Dätwyler: Die meisten Ökonomen kommen Dätwyler: Neben der Personenfreizügig-
die Schweiz können von ihren eigenen Bin- zum Schluss, dass ohne die bilateralen Ver- keit waren auch die Handelserleichterun-
nenmärkten nur eingeschränkt leben und träge die Wertschöpfung und die Realein- gen wichtig. Als Land im Herzen Europas
müssen sich deshalb dem internationalen kommen in der Schweiz in den letzten zwei sind für die Schweiz die Handelsbeziehun-
Handel öffnen. Die weltweite Vernetzung Jahrzehnten deutlich geringer ausgefallen gen mit den europäischen Nachbarländern,
bietet ihnen Chancen für wirtschaftliches wären. Die bilateralen Abkommen haben vor allem mit Deutschland, Italien und
Wachstum, Innovation, Wettbewerbsfähig- die wirtschaftliche Zusammenarbeit Frankreich, traditionell von besonderer
keit und Diversifizierung. Schweizer Export- Schweiz-EU signifikant erleichtert. Im Bedeutung. Die Hälfte der zehn wichtigs-
unternehmen behaupten sich mit ihren in- Handel, im Verkehr, im Transport oder im ten Exportländer befindet sich in der Euro-
novativen Produkten und Dienstleistungen Arbeitsmarkt sind die Kosten und Hürden päischen Union, bei den Importen sind es
im weltweiten Wettbewerb besonders er- für Unternehmen stark gefallen. Das hat sogar sechs von zehn Ländern. Die Bilate-
folgreich. Dieser Erfolg beruht auf optima- Ressourcen freigesetzt, die die Firmen in ralen haben den Handel zwischen der
len Rahmenbedingungen im Inland und of- zusätzliches Wachstum investieren konnten. Schweiz und der EU massiv vereinfacht.
fenen Märkten im Ausland. Verschiedene
Studien zeigen, dass die Schweiz von allen Welche Rolle spielte dabei die Personen Wie steht es um die Beziehungen zur EU?
Ländern in den letzten Jahrzehnten am freizügigkeit? Schneider-Schneiter: Die Beziehungen
meisten von der internationalen Vernet- Schneider-Schneiter: Der jüngste Bericht sind schwierig geworden, weil beide Seiten
zung profitiert hat. Dank eines sehr guten des SECO zur Umsetzung des Freizügig- hohe Ansprüche stellen und diese auch ve-
Bildungs- und Sozialsystems ist der Wohl- keitsabkommens vom Juni 2023 zeigt, dass hementer als früher vertreten. Das liegt
standsgewinn aus seit Beginn der Personenfreizügigkeit das zum Teil auch daran, dass die EU gewach-
der Globalisierung Bruttoinlandprodukt pro Kopf der Schweiz sen ist und mehr Selbstbewusstsein entwi-
in der Schweiz zudem um fast 20 Prozent gewachsen ist. Die Zu- ckelt hat. Sie pocht auf gleiche Regeln für
breit verteilt. wanderung von Personen im Erwerbsalter alle, die am Binnenmarkt teilnehmen. Die
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