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Schweiz ist ebenfalls anspruchsvoll, auf- In welchen Bereichen braucht es rasch Was muss jetzt getan werden?
grund der grossen demokratischen Mit- neue Abkommen? Schneider-Schneiter: Der Bun-
spracherechte und insbesondere auch we- Schneider-Schneiter: Es braucht insbe- desrat hat im Juni endlich die
gen Vorbehalten beim Lohnschutz und bei sondere im Bereich der Energie eine enge- Eckwerte für ein Verhand-
der Zuwanderung. Aktuell sieht es aber so re Zusammenarbeit zwischen der Schweiz lungsmandat mit der EU verabschiedet –
aus, dass eine Einigung möglich wird. und der EU. Die letzten Jahre haben uns ein wichtiger, erster Schritt. Wir freuen uns
gezeigt, wie wichtig eine zuverlässige und über die Fortschritte in den Sondierungs-
Für welche Branchen wird es eng? bezahlbare Energieversorgung für die gesprächen der letzten Monate und unter-
Dätwyler: Da die EU sich weigert, das Wirtschaft ist. Die Energiewende und der stützen den breiten Paketansatz des Bun-
MRA-Abkommen* zu aktualisieren, ent- steigende Energiebedarf setzen grosse desrats. Die Verankerung der umstrittenen
stehen nun nach und nach Handelshürden Investitionen in die Infrastruktur und in Punkte wie die dynamische Rechtsüber-
für verschiedene Branchen. Die Medizin- neue Technologien voraus. Diesen Weg in nahme oder die Streitbeilegung in den ein-
technik- und Diagnostikbranche ist bereits die Energiezukunft müssen die Schweiz zelnen Binnenmarktabkommen ist Erfolg
betroffen. Spätestens 2027 wird der Export und ihre europäischen Verbündeten gemein- versprechend. Der Bundesrat muss nun
von Maschinen aufwendiger und teurer. sam und in enger Kooperation beschreiten. zielgerichtet und entschlossen handeln.
Danach ist die Pharmaindustrie dran. Die Es braucht deshalb Energieabkommen, die Wer zögert, die nachbarschaftliche Zusam-
bisherige Erfahrung zeigt, dass die Unter- neben einer engen Zusammenarbeit im menarbeit auf eine stabile Basis zu stellen,
nehmen sich mit den neuen Hürden arran- Strombereich auch die Kooperation bei wird früher oder später bestraft.
gieren können. Sie passen sich an, was neuen Energieträgern wie grünem Was-
leider oft auch bedeutet, dass sie zusätzli- serstoff oder synthetischen Kraftstoffen Dätwyler: Besonders wichtig ist es nun,
che Kapazitäten direkt im EU-Binnen- beinhalten. dass wir bei den Abkommen im Bereich
markt aufbauen – sprich ihre Standorte Strom und Gesundheit schnellstmöglich
ins Ausland verlagern. Zudem droht ein vorankommen. Beide tragen zur Stabilität
Versorgungsproblem, da viele EU-Unter- als wesentlicher Faktor für den weiteren wirt-
nehmen aufgrund der entstandenen schaftlichen Erfolg unseres Landes bei. •
Bürokratie den kleinen
Markt Schweiz gar * Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von
nicht mehr be- Konformitätsbewertungen
dienen.
Setzen sich für stabile bi-
laterale Beziehungen ein:
Elisabeth Schneider-
Schneiter, Nationalrätin
(Die Mitte), Mitglied der
Aussenpolitischen
Kommission im National-
rat und Präsidentin
Handelskammer beider
Basel, und Martin Dätwy-
ler, Direktor Handelskam-
mer beider Basel.
GABRIEL SCHWEIZER,
Leiter Aussenwirtschaft
g.schweizer@hkbb.ch
twice Herbst 2023 15