Recycling ist mehr als Wiederverwertung

08.09.2021

Aus alten Produkten werden neue. Mit dieser Idee ist Recycling in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Bestandteil des Umweltschutzes geworden. Christophe Gence, CEO und VR-Delegierter von Paprec Schweiz, erläutert, wie sich das Recycling in den vergangenen 125 Jahren entwickelt hat und welche Herausforderungen es heute zu bewältigen gilt.

Seit 1896 steht der Name Lottner in der Region Basel für Abfallentsorgung und Wiederverwertung. Wie hat sich das Unternehmen in dieser Zeit entwickelt?

Der Basler Unternehmensgründer Robert Lottner war 1896 ein Visionär im Recycling von Papier, Karton, Textilien und Metallen. Seine Leistung war geradezu Pionierarbeit, denn damals war Recycling noch ein unbekanntes Thema. Umso mehr erfüllt es mich mit grossem Stolz, dass wir dieses Jahr das 125-jährige Jubiläum feiern und wir uns in dieser Zeit durch zahlreiche Firmengründungen und Übernahmen zur erfolgreichen Unternehmensgruppe Paprec Schweiz mit neun Gesellschaften in den Regionen Basel, Aargau, Genf, Luzern und Zürich entwickelt haben. So gehören heute neben der Lottner AG acht weitere Spezialunternehmen im Bereich Recycling, Rohstoffhandel und Akten- und Datenvernichtung dazu.

Vor fünfzig Jahren sonnten wir uns im Wirtschaftswunder. Die Abfallberge wurden immer höher, sie haben uns im Alltag aber nicht beschäftigt. Wie sieht es heute aus?

Tatsächlich stellen wir heute einen grossen Wandel in der Gesellschaft und in der Industrie fest. Die Menschen sind sensibilisiert auf die Themen Recycling und Entsorgung und wollen mit der richtigen Mülltrennung einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Dazu kommt, dass sich aufgrund der gesetzlichen und ökologischen Bedingungen der gesamte Recyclingsektor in den vergangenen Jahren stark geändert hat. Was früher von kleinen Betrieben gestemmt wurde, ist heute ein hochtechnologischer Industriezweig.

Auf der anderen Seite stellen wir aber auch ein hohes Mass an Konsum fest. Dies zeigt sich nicht zuletzt auch in der aktuellen Gesundheitskrise. Mit dem rasant wachsenden-Onlinemarkt kam auch ein Verpackungs-Boom. Die Schachtel, in der beispielsweise neue Kleidung, Gartenutensilien oder Wein angeliefert werden, besteht ebenfalls aus Recyclingpapier und führt schliesslich unter anderem dazu, dass Altpapier und Karton ein immer knapperes Gut werden.

Lassen Sie uns den Begriff Kreislaufwirtschaft unter die Lupe nehmen. Worum geht es dabei?

Bei der Circular Economy geht es darum, verantwortungsbewusst mit den Ressourcen umzugehen und zwar über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts hinweg – also von der Gewinnung der Rohstoffe über die Produktion bis hin zu Verbrauch, Entsorgung, Recycling und Wiederbenutzung. Damit werden Ressourcen geschont und der Co2-Ausstoss verringert.

Abfall bekommt also plötzlich seinen eigenen Wert?

Exakt! Das alte Produkt ist die Ressource für ein neues Produkt. Die Paprec Gruppe recycelt jährlich 16 Mio. Tonnen Materialien und versteht sich damit als Produzent von Rohstoffen für das 21. Jahrhundert. Dabei stehen zwei Ziele im Vordergrund: das Recycling neuen Materials sowie die Optimierung der Recyclingtechnologie. Um dem eigenen Anspruch an höhere Recyclingquoten gerecht zu werden, verbessern wir laufend unsere Verfahren. So ist die Paprec Gruppe heute ein führender Akteur im Bereich des Recyclings und kann dank Investitionen in Aufbereitungsanlagen eine echte Alternative zur Mülldeponie liefern.

Welchen Herausforderungen werden Sie sich in den nächsten fünf Jahren stellen müssen?

Wir arbeiten ständig an der Verbesserung unserer Lösungen und adaptieren frühzeitig Marktveränderungen. In den nächsten Jahren wird die bereits begonnene Konsolidierung des Schweizer Marktes noch weiter anhalten. Dabei geht es uns nicht nur um Wachstum, sondern in erster Linie um die Schonung unserer natürlichen Ressourcen und Rohstoffe. Die Rohstoffverwertung ist ein essenzielles Thema der Nachhaltigkeit. Auch in unseren eigenen Betrieben suchen wir immer weiter nach nachhaltigen Lösungen. So beziehen wir beispielsweise bereits heute Wasserstrom nur aus Schweizer Wasserkraftwerken und investieren in Fahrzeuge mit geringem Co2-Ausstoss. Darüber hinaus werden wir uns weiter diversifizieren und verschiedene Bereiche konsequent stärken. So sichern wir uns eine gewisse Marktunabhängigkeit.

Im Rahmen von «HKBB on Tour» spricht Christophe Gence, CEO und VR-Delegierter von Paprec Schweiz mit Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel. 

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