Aus alt wird neu

05.12.2024

SapoCycle verwandelt gebrauchte Hotelseifen in neue Hygieneprodukte. Wie die Non-Profit-Organisation gebrauchte Seifen sammelt, recycelt und an bedürftige Familien auf der ganzen Welt verteilt, erklärt Gründerin und Präsidentin Dorothée Schiesser.

Frau Schiesser, wie sind Sie auf diese Recycling-Idee gekommen?
Mein Mann ist Präsident des Grand Hotel des Trois Rois in Basel. Die Frage der Abfallentsorgung in der Luxushotellerie war schon immer ein Diskussionsthema zwischen uns.

Was ist die Mission von SapoCycle?
SapoCycle ist die erste gemeinnützige Organisation in Europa, die in Hotels weggeworfene Seifen sammelt und sie in lebensrettende Produkte umwandelt. Die Seifen werden recycelt und dann verteilt, um die sanitären Bedingungen für bedürftige Familien zu verbessern.

Aus Ihrer Idee ist ein erfolgreiches Programm geworden – haben Sie ein paar Kennzahlen?
Wir haben seit der Gründung vor über zehn Jahren bereits über 50'000 Kilogramm gebrauchte Seifen gesammelt – davon 25'000 in der Schweiz, den Rest in Frankreich und Deutschland. Seitdem haben wir fast 400'000 recycelte Seifen kostenlos an Menschen in prekären Situationen weiterverteilt. Das sparte allein in der Schweiz über 50 Tonnen CO2.

Wie funktioniert der Seifenrecyclingprozess?
Das House Keeping-Personal in den Hotels sammelt die Seifen getrennt ein, dann organisieren wir den Transport zu unserer Recyclingwerkstatt. In der Schweiz sponsert Planzer den Transport. Dort reinigen und zerkleinern etwa zehn Erwachsene mit geistiger Beeinträchtigung die Seifen und stellen daraus neue her. Seit drei Jahren sammeln wir auch kleine, kaum benutzte Einzelflaschen von Duschgel, Shampoo und Conditioner und verpacken sie neu. Bei beiden Verfahren gewährleisten wir eine vollständige Rückverfolgbarkeit. Ausserdem testet ein externes Labor die Produktbatches bakteriologisch. Nun prüfen wir die Möglichkeit, unverkäufliche Reststoffe direkt bei den Herstellern von Hart- und Flüssigseifen sowie andere abspülbare Produkten einzusammeln, um eine verantwortungsvolle Sozial- und Umweltpolitik zu unterstützen.

In den Werkstätten in Basel, Colmar und Nürnberg reinigen und recyceln ausschliesslich Erwachsene mit geistiger Beeinträchtigung die Seifen.

SapoCycle wirkt nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch inklusiv – wie genau?
In unseren Werkstätten in Basel, Colmar und Nürnberg reinigen und recyceln ausschliesslich Erwachsene mit geistiger Beeinträchtigung die Seifen. Der Prozess wurde von uns für diese Menschen entwickelt, damit sie eine einfache, sichere und interessante Arbeit machen können. Einige Mitarbeitende arbeiten seit zehn Jahren bei uns und sind immer noch begeistert von ihrer Arbeit und dem Ziel, Menschen zu helfen, die noch bedürftiger sind als sie selbst.

Wie gelangen die recycelten Seifen zu bedürftigen Familien?
Die in Basel recycelten Seifen vertreiben wir zu über 85 Prozent in der Schweiz. Wir arbeiten dabei mit etwa 15 Partnern wie Frauenhäusern und Nachtunterkünften zusammen, die einen engen Kontakt zu bedürftigen Menschen haben, sei es durch die Verteilung von Nahrungsmitteln oder durch soziale Massnahmen. Die aktuellen sozialen und ökologischen Herausforderungen, die durch eine Armutsrate von 8,2 Prozent in der Schweiz noch verschärft werden, zeigen uns, dass sich diese Bevölkerung bei Hygieneprodukten stark einschränkt. Der Zugang zu Seife und Shampoo ist jedoch ein Element der sozialen Reintegration. Die restlichen 15 Prozent verteilen wir über Schweizer Organisationen in Flüchtlingszentren in Griechenland oder in abgelegenen Dörfern in Madagaskar.

Die recycelten Seifen gehen an bedürftige Familien.

Wo sehen Sie SapoCycle in zehn Jahren? Was wünschen Sie sich dabei von Politik und Gesellschaft?
Wir versuchen, unser Programm durch das Konzept des Social Franchising auch in anderen europäischen Ländern zugänglich zu machen. Derzeit sind wir damit konfrontiert, dass einige Hotels unter dem Vorwand der Umweltfreundlichkeit auf Hartseife verzichten. Wir gehen davon aus, dass sie diese Analyse wieder rückgängig machen. Eine im Journal of Cleaner Production veröffentlichte Studie ergab, dass die Umstellung auf feste Seife den CO2-Fussabdruck von Hotelhygieneprodukten um mehr als 60 Prozent reduzieren könnte.

Über SapoCycle

SapoCycle startete 2014 in der Schweiz. 2016 wurde die Fondation SapoCycle für den Schweizer Tourismuspreis nominiert. Im März 2018 gründeten sieben Gründungsmitglieder und die Fondation SapoCycle Schweiz die Association SapoCycle France in Mulhouse. Die gemeinnützige Organisation unter dem Dach der Fondation des Fondateurs machen Partnerschaften mit der Hotellerie, den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und mit Vertriebsorganisationen möglich. SapoCycle agiert heute in der Schweiz, Frankreich und Deutschland.

https://sapocycle.org/de/

Logo #NACHHALTIGEIMP

Das Interview erscheint in unserer Beitragsreihe #NACHHALTIGEIMPULSE

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