Schweiz-EU: Die Zeit drängt
Vor rund einem Jahr sind die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU abgebrochen worden. Noch immer steckt die Schweizer Europapolitik in der Sackgasse. Warum es fünf vor zwölf ist, weiss Elisabeth Schneider-Schneiter, Präsidentin Handelskammer beider Basel.
Sei es der Zugang zu Arbeitskräften, der grenzüberschreitende Warenverkehr oder Stromimporte für die Wintermonate. Die Schweiz profitiert in vielen Bereichen von der EU. Um Abkommen zu erneuern oder neue abzuschliessen, müssen die Beziehungen zur EU rasch wieder auf stabilen Beinen stehen. «Die Lage ist äusserst ernst. Unsere Unternehmen verlieren nun nach und nach den reibungslosen Zugang zu ihrem grössten Absatzmarkt», verweist Elisabeth Schneider-Schneiter, Präsidentin Handelskammer beider Basel und Nationalrätin, auf die Konsequenzen: «Mit dem Rauswurf aus dem Forschungsprogramm Horizon Europe wird es für die Schweizer Hochschulen schwierig, die besten Forscherinnen und Forscher der Welt anzuziehen. Ausserdem drohen Unterbrüche bei der Stromversorgung, wenn wir nicht bald ein Abkommen mit der EU abschliessen.» Die Region Basel mit ihrem Fokus auf Forschung und Export ist besonders von diesen Entwicklungen betroffen. Allein die beiden Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft handeln jeden Tag Waren im Wert von 150 Millionen Franken mit der EU.
Bilaterale verteidigen
«Die europapolitische Blockade ist gefährlich, weil wir sie im Alltag noch kaum spüren. Wenn eines Tages unser Strom teuer wird oder gar ausfällt, wenn unsere Unternehmen Geschäftsteile in die EU auslagern und Spitzenforscherinnen und Spitzenforscher nicht mehr an Schweizer Hochschulen kommen, ist es zu spät zum Handeln», betont Schneider-Schneiter: «Wir brauchen rasch wieder ein stabiles Verhältnis zur EU. Die Unternehmen und Verbände müssten daher immer wieder auf die Problemlage aufmerksam machen und aufzeigen, was auf dem Spiel steht und dass die Zeit drängt. Die Handelskammer beider Basel führt dazu am 20. Juni 2022 den zweiten Europa-Dialog durch. Unternehmen sowie Politikerinnen und Politikern aus dem Dreiland diskutieren dabei aktuelle Herausforderungen und fordern die Politik auf beiden Seiten zum Handeln auf.
Mehrheit für konstruktive Europapolitik
Das deutliche JA der Schweizer Stimmbevölkerung zur Beteiligung am Frontex-Ausbau ist ein wichtiges und positives Signal. Es zeigt, dass eine konstruktive Europapolitik in der Schweiz mehrheitsfähig ist. Der Bundesrat sollte dieses positive Momentum nutzen und in der Europapolitik mehr Mut zeigen. «Die aktuellen Sondierungsgespräche zwischen der EU und der Schweiz sind ein wichtiger Schritt. Nun müssen beide Seiten aber rasch an den Verhandlungstisch zurückkehren. Es braucht zeitnah nachhaltigeLösung, um die bilateralen Verträge und damit den Erfolg unserer Wirtschaftsregion dauerhaft zu sichern» betont Elisabeth Schneider-Schneiter.