«Ein unbürokratischer Zugang zu qualifizierten Fachkräften aus dem EU-Raum ist für uns essentiell»
Eleonora Riz à Porta, Leiterin Ressort Personal am Universitätsspital Basel, zeigt auf, warum ein «Ja» zu Kündigungsinitiative verheerend wäre und warum das USB auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen ist.
Frau Eleonora Riz à Porta, Sie sind Leiterin Ressort Personal am Universitätsspital Basel. Welche Konsequenzen hätte eine Annahme der Kündigungsinitiative für das Universitätsspital Basel?
Das USB ist – wie viele andere Unternehmen auch - vom Fachkräftemangel betroffen: Die Suche nach qualifiziertem Personal gestaltet sich seit längerem zunehmend anspruchsvoll. Dies gilt insbesondere für das Gesundheitspersonal wie Ärztinnen und Ärzte, Pflegende und medizinisch-technisches Personal. Ein unbürokratischer Zugang zu gut qualifizierten Fachkräften aus dem EU-Raum ist deshalb für uns essentiell. Dieser ist dank dem heutigen Abkommen zur Personenfreizügigkeit sichergestellt. Mit der Annahme der Kündigungsinitiative würde sich der Fachkräftemangel in höchstem Masse verschärfen.
Als Universitätsspital in einer Grenzstadt wie Basel wären wir besonders stark betroffen: Es arbeiten heute am USB über 3000 Menschen mit einem ausländischen Pass, das sind ca. 44% unserer Belegschaft. In den rein forschenden Abteilungen sind es sogar zwischen 55 und 65%. Rund 1'500 Mitarbeitende pendeln aus dem grenznahen Gebiet.
Die Corona-Krise hat die Schweiz hart getroffen. Viele Arbeitsplätze sind dabei bedroht. Wäre es nicht sinnvoller, wieder mehr Menschen aus der Schweiz einzustellen, als Personal in der EU rekrutieren?
Das USB ist selbstverständlich immer bestrebt, Personal aus der Schweiz zu rekrutieren. Unsere Personalmarketingmassnahmen richten sich stark an den Schweizerischen Arbeitsmarkt. Auch investieren wir viel in die Ausbildung und Weiterbildung, insbesondere beim Personal aus dem Kerngeschäft. Dennoch zeigen die Entwicklungen der letzten 10 Jahre auf dem Arbeitsmarkt, dass wir ohne Personal aus dem Ausland unsere medizinischen Dienstleistungen nicht im selben Umfang erbringen könnten und sich der Fachkräftemangel noch verschärfen würde.
Die Frage ist also nicht, ausländisches statt Schweizer Personal anzustellen, wir sind auf beide dringend angewiesen. Zudem: Es arbeiten am USB Menschen aus über 80 Nationen – diese kulturelle Vielfalt zeichnet uns aus, es profitieren alle davon und sie macht uns auch attraktiv.
Die Initianten behaupten, dank der billigen Arbeitskräfte aus der EU können Schweizer Arbeitgeber die Löhne für Schweizer Angestellte nach unten drücken. Stimmt das?
Das stimmt auf keinem Fall! Massgebend für unsere Löhne sind die ausgeübte Funktion sowie die Erfahrungen und Qualifikationen, die die Mitarbeitenden mitbringen. Der Pass spielt dabei keine Rolle.
Vor der Einführung der Personenfreizügigkeit hat das Universitätsspital auch funktioniert und Personal aus dem Ausland rekrutiert. Warum soll dies nach einer Annahme der Kündigungsinitiative anders sein?
Mit der Aufhebung der Personenfreizügigkeit ist davon auszugehen, dass – analog zu den Bestimmungen für Drittstaaten - auch für Personal aus dem EU-Raum Kontingente eingeführt würden. Eine Bewilligung muss in solchen Fällen speziell beantragt werden und es muss dabei nachgewiesen werden, dass wir in der Schweiz die entsprechende Fachperson nicht rekrutieren konnten. Nebst dem hohen administrativen Aufwand würde dies eine grosse Verzögerung in der Rekrutierung mit sich bringen, was die Sicherstellung des erforderlichen Fachpersonals gefährdet. Und ohne genügend Fachpersonal ist längerfristig auch die Sicherstellung unserer Gesundheitsversorgung gefährdet. Solche aufwändigen Anstellungsprozesse würden sich zudem auch negativ auf unsere Attraktivität als Arbeitgeber auswirken.
Was bedeutet der Wegfall der anderen Bilateralen Verträge für das Universitätsspital?
Als Universitätsspital gehören nebst der Dienstleistung in den Kliniken auch die Lehre und Forschung zu unserem Auftrag. Dank der Forschung stellen wir sicher, dass wir an neusten medizinischen Entwicklungen beteiligt sind und diese massgeblich auch mitprägen. Davon profitieren unsere Patientinnen und Patienten, welchen wir Behandlungen auf höchstem medizinischem Niveau bieten können.
Forschung und Innovation finden nicht innerhalb nationaler Grenzen statt, sondern leben vom Austausch und der Zusammenarbeit über die Landesgrenzen hinweg. Der Wegfall der anderen bilateralen Verträge würde unter anderem auch die Forschung betreffen und z.B. die Teilnahme an EU-Forschungsprogramm beeinträchtigen. Auch fachliche und personelle Kooperationen mit anderen Spitälern und Universitäten international wären stark erschwert. Das würde uns innerhalb von Europa isolieren und hätte sowohl für unser Renommee als Universitätsspital, aber wie gesagt auch für die längerfristige Sicherstellung einer Behandlung nach den neusten und besten Methoden negative Folgen.