Ein Blick in die Zukunft der Luftfahrt mit dem CEO von easyJet Schweiz

20.05.2024

Im Interview mit Jean-Marc Thévenaz, CEO easyJet Schweiz, erfahren wir, wie die Airline in einer sich wandelnden Luftfahrtbranche wettbewerbsfähig bleibt und gleichzeitig ihre Nachhaltigkeitsziele verfolgt. Thévenaz teilt Einblicke in die Strategien und Partnerschaften von easyJet Schweiz zur Reduktion von CO2-Emissionen und zur Förderung von Innovationen. Wichtig dabei ist insbesondere der Wasserstoffantrieb. Zudem beleuchtet er die wichtige Rolle des EuroAirports und die Bemühungen der Airline zur Lärmreduktion.

Die Luftfahrtbranche hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Wie sieht die Strategie von easyJet Schweiz aus, um in diesem sich verändernden Marktumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig nachhaltiger zu werden?

easyJet Schweiz ist seit 25 Jahren ein wichtiger Akteur in der Schweiz mit starken Basen in Basel und Genf. Unser auf Effizienz und Einfachheit basiertes Business-Modell führt zu optimierten Betriebsabläufen, Flugzeugen der neuesten Generation und qualifizierten, engagierten Mitarbeitenden. easyJet gilt zudem seit vielen Jahren als Vorreiter in der Integration von ESG-Zielen (Environmental, Social, Governance) in allen operativen Aktivitäten.

Die Flugbranche arbeitet intensiv daran, den CO2-Ausstoss zu reduzieren. Spielt das Thema Nachhaltigkeit in der Flugbranche heute eine grössere Rolle als vor der Pandemie? Welche technologischen Innovationen oder Strategien erwägt easyJet Schweiz, um die Umweltauswirkungen weiter zu minimieren?

Wir arbeiten daran, unsere Kohlenstoffemissionen zu reduzieren und suchen nach kohlenstofffreien Lösungen für die Zukunft. Wir verfolgen im Rahmen unserer Net Zero Roadmap das Ziel, Nettonull-Kohlenstoffemissionen bis 2050 zu erreichen. Deshalb investieren wir in Spitzentechnologien und arbeiten mit Partnern aus der gesamten Industrie, darunter Airbus, Rolls-Royce, GKN Aerospace und Cranfield Aerospace Solutions, an der Entwicklung kohlenstofffreier Technologien wie Wasserstoff. Wir sind davon überzeugt, dass die Dekarbonisierung der Luftfahrt in der Schweiz dank zukunftsweisenden Technologien wie Wasserstoff möglich ist. Daher sollten wir uns Gedanken über eine lokale Schweizer Wertschöpfungskette machen.

Die Handelskammer beider Basel engagiert sich stark für den Aufbau eines trinationalen Wasserstoffnetzes und entsprechende nationale und kantonale Rahmenbedingungen. easyJet setzt, im Gegensatz zu anderen Airlines, nicht nur auf Sustainable Aviation Fuels (SAFs), sondern auch auf Wasserstoff. Wie und weshalb gehen Sie diesen Weg? Gibt es konkrete Ziele oder Zeitpläne für diese Umstellung?

Wir arbeiten mit Rolls-Royce und Airbus an der Entwicklung einer Technologie für Wasserstoffverbrennungsmotoren, die in einer Vielzahl von Flugzeugen eingesetzt werden kann. Darüber hinaus arbeiten wir mit verschiedenen Akteuren zusammen, um die Entwicklung von Wasserstoff-Ökosystemen zu unterstützen. Diese sind notwendig, um das kommerzielle Fliegen ohne CO2-Emissionen in grossem Massstab zu ermöglichen.

Welche Hindernisse müssen überwunden werden, um die Nutzung von SAFs und Wasserstoff zu ermöglichen? Wo steht die Schweiz aus Ihrer Sicht im Vergleich zum Ausland? Wo und wie müssen die Rahmenbedingungen verbessert werden?

Die Schweiz sollte grünen Wasserstoff in ihre Energieversorgungspolitik integrieren, ohne dabei die SAFs zu vergessen. Es wäre daher wichtig, dass sich die Schweiz den Projekten zur Schaffung einer gesamteuropäischen Wasserstoffinfrastruktur bis 2040 anschliesst. Sofern Wasserstoff dem Erdgasnetz beigemischt werden kann, könnte weitgehend die bestehende Erdgasinfrastruktur genutzt werden. Es ist jedoch klar, dass der Aufbau des zukünftigen Netzes eine enge Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den Nachbarländern erfordert. Die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied hat die führende Rolle, die unser Land beim Aufbau des zukünftigen europäischen «H2-Korridors» spielen kann und muss, noch nicht ausreichend unter Beweis gestellt. Es ist daher wichtig, dass die Schweiz ihren Rückstand rasch aufholt und sich jetzt in die Diskussionen über die Verteilung und Versorgung mit grünem Wasserstoff in Europa aktiv einbringt.

easyJet Schweiz hat eine bedeutende Präsenz am EuroAirport. Wie hat sich die Zusammenarbeit zwischen der Airline und dem Flughafen in den letzten Jahren entwickelt?

Mit einem Marktanteil von über sechzig Prozent am EuroAirport sind wir natürlich ein sehr wichtiger Akteur auf dieser Plattform. Seit der Gründung unserer Basis am EuroAirport im Jahr 2005 haben wir ausgezeichnete Beziehungen zum Flughafen und zu all unseren lokalen Partnern aufgebaut. Es ist für uns sehr wichtig, diese Beziehungen zu pflegen, damit wir gemeinsam die Erwartungen und Herausforderungen erfüllen können, die mit der Entwicklung unseres Streckennetzes ab dem EuroAirport einhergehen.

Sie haben letztes Jahr am EuroAirport einen weiteren Airbus A320 stationiert. Welche Rolle spielt der EuroAirport in den zukünftigen Expansionsplänen von easyJet Schweiz? Gibt es Pläne für die Erweiterung des Streckennetzes oder die Einführung neuer Dienstleistungen am EuroAirport?

Wir haben letztes Jahr drei zusätzliche A320-Flugzeuge in der Schweiz stationiert, zwei in Genf und eines in Basel, was unsere Flotte auf insgesamt 28 Flugzeuge erhöht hat. Damit verbunden haben wir auch 145 neue Besatzungsmitglieder in der Schweiz rekrutiert. Mit dieser Investition haben wir ein starkes Signal an unsere Partner am EuroAirport gesendet. Wir leisten damit einen Beitrag zur besseren Anbindung sowie zur direkten und indirekten lokalen Beschäftigung.

easyJet Schweiz Jean-Marc Thévenaz, CEO easyJet Schweiz. Bildquelle: easyJet

Der EuroAirport steht wie alle Flughäfen immer wieder in der Kritik wegen der Lärmbelastung. Sie sind die grösste Airline vor Ort, was ist Ihr Beitrag zum Lärmschutz?

Durch das Bevölkerungswachstum und die Ausdehnung der Ballungsräume sind die Flughäfen immer näher an die Wohngebiete herangerückt. Es liegt daher in unserer Verantwortung, die Lärmbelastung der umliegenden Bevölkerung durch unsere Flüge so gering wie möglich zu halten. In diesem Zusammenhang ist die Einführung des Airbus A320NEO eine wichtige Massnahme, da dieses neue Flugzeug den Lärmpegel am Boden im Vergleich zum herkömmlichen A320 um 50% reduziert. Wir haben in der Schweiz bereits sieben A320NEO eingeführt, was mehr als 25% unserer Flotte entspricht. Parallel dazu haben wir Verfahren eingeführt (z.B. kontinuierliche Sinkflüge), die es uns ermöglichen, die Triebwerksleistung und damit den Lärm zu reduzieren. Schliesslich arbeiten wir mit dem Flughafen zusammen, um die Flugrouten und Flugprofile so zu gestalten, dass die Belastung für die Anwohnerinnen und Anwohner so gering wie möglich ist.

Haben Sie spezifische Wünsche an den EuroAirport oder die politischen Entscheidungsträger in der Region Basel oder der Schweiz?

Der EuroAirport ist ein wichtiger Eckpfeiler für die wirtschaftliche Entwicklung der trinationalen Region Basel, für den Arbeitsmarkt und den Wohlstand. Für uns ist es von Bedeutung, dass die politischen Entscheidungsträger die heute geltenden Rahmenbedingungen beibehalten, damit wir wettbewerbsfähig bleiben und der EuroAirport auch in Zukunft zur Verfügung steht.

Dieses Interview wurde uns zur Verfügung gestellt von Alliance GloBâle. Sie interessieren sich für Nachhaltigkeit in der Luftfahrt, für Flugverkehr allgemein oder den EuroAirport? Dann ist unsere Initiative auch etwas für Sie.

Die Handelskammer beider Basel setzt sich stark für die Weiterentwicklung von grünem Wasserstoff und für einen Anschluss an entstehende Wasserstoff-Netzwerke ein. Denn Wasserstoff eignet sich hervorragend als Antrieb für den Schwerverkehr, dessen Dekarbonisierung ein wichtiger Schritt jeder Klimastrategie ist. Mehr dazu finden Sie zum Beispiel in der August-Ausgabe unseres Magazins «twice» oder in unserem Podcast «Uff e Punggt».

Das Interview erscheint in unserer Beitragsreihe #NACHHALTIGEIMPULSE

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