Kantonale Volksinitiative Grundrechte für Primaten
Betrifft: Traktandum 7 der Grossratssitzung vom 10. und 17. November 2021 Geschäft 17.1389 Kantonale Volksinitiative "Grundrechte für Primaten".
Anliegen
Wir bitten Sie, geschätzte Grossrätinnen und Grossräte, der Gesamtheit der Stimmberechtigten
die kantonale Volksinitiative «Grundrechte für Primaten» mit der Empfehlung auf Ablehnung und ohne Gegenvorschlag zum Entscheid vorzulegen.
Nicht erfüllbare Versprechungen
Die Initiative erweckt den Eindruck, dass mit dieser der Schutz der derzeit im Kanton lebenden Primaten unmittelbar verbessert wird. Dieses Versprechen kann die Initiative nicht halten: Der Kanton und seine Organisationseinheiten – etwa die Universität oder die Spitäler – sowie die Gemeinden halten zurzeit keine Primaten. Auch werden private Forschungseinrichtungen oder der Zoo durch die Initiative nicht unmittelbar gebunden. Die mittelbaren Auswirkungen der Initiative und deren Symbolwirkung hingegen wären verheerend. Die Initiative schadet den Tieren, gefährdet den Artenschutz und schadet dem Forschungsstandort Basel.
Rechtsunsicherheit mit ungeklärten indirekten Folgen
Die sich im Zusammenhang mit einer Annahme der Initiative ergebenden Fragestellungen wären mit einer grossen Rechtsunsicherheit behaftet und würden erst im Rahmen von gerichtlichen Einzelfallentscheidungen abschliessend geklärt werden können. Die Affen wären bestimmt die Verlierer. Bis z.B. ein Gericht entschieden hätte, ob ein Affe eingeschläfert werden darf – oder nicht – hätte sich dieser bereits zu Tode gelitten. Die Verantwortung über das Tierwohl gehört in die Hände von Wildtierspezialisten und Veterinärmedizinern, Tierärztinnen und Tierärzte, Zoologinnen und Zoologen. Ausserdem sind Zoos für den Artenschutz auf ein wissenschaftlich fundiertes Populationsmanagement angewiesen.
Erster Schritt mit politischer Symbolwirkung für weitere Veränderungen
Die Initiative ist bewusst nur ein erster Schritt. Grundrechtsforderungen für alle Tiere, Verbote für Zoos und Forschungseinrichtungen, ein verordneter Veganismus oder gar ein generelles Tierhalteverbot werden folgen. Mit Konsequenzen für die private Tierhaltung sowie für die, für den Standort wichtige, biomedizinische Forschung, die letztendlich gänzlich verunmöglicht würde.
Folgen für den Forschungsstandort
Für den Forschungsstandort Basel hätte die Initiative unmittelbar zwar keine Auswirkungen, da die Industrie im Kanton Basel-Stadt nicht mehr an Primaten forscht. Mit Blick auf die Zukunft kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich die vorgeschlagene Grundrechtsbestimmung als Hindernis für neue Versuche im Dienste der Forschung erweisen könnte. Ist es doch jederzeit möglich, dass wieder ein Bedarf an der Forschung an Primaten entstehen könnte. Tierversuche sind nach wie vor unerlässlich. Ohne diese gäbe es keine Corona-Impfung. Tierversuche werden bereits heute auf ein Minimum reduziert. Zudem wurden in den letzten Jahrzehnten durch den technischen Fortschritt und das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine) Tierversuche massiv reduziert und auf das Minimum beschränkt. Das zeigt die jährlich abnehmende Anzahl eingesetzter Tierversuche deutlich. Verbietet einer der innovativsten Life Sciences-Standorte der Schweiz faktisch die Forschung mit nichtmenschlichen Primaten, so würde dies eine negative Signalwirkung für alle biomedizinischen Forschungseinrichtungen in der gesamten Schweiz haben. Verbote oder Teilverbote sind kontraproduktiv. Denn sie fänden einfach nicht mehr bei uns, sondern in Ländern mit weniger anspruchsvollen Standards statt — zum Schaden der Tiere, dem Forschungsstandort Schweiz und letztendlich der zukünftigen medizinischen Versorgung von Menschen und Tieren.
Die Schweiz hat weltweit eine der strengsten Tierschutzgesetzgebungen
Die Initiative stellt ausserdem die Grenzziehung zwischen Mensch und Tier in Frage. Die sich stellenden ethischen und rechtlichen Fragen können nicht befriedigend beantwortet werden, denn Grundrechte wurden von Menschen für Menschen geschaffen, es kann daher nicht angehen, dass Grundrechte für Menschen relativiert werden. Es sollten deshalb nicht Grundrechte für Primaten im Vordergrund stehen, sondern das Tierwohl und damit zusammenhängend die bereits bestehende, auf jede Tierart abgestimmte, optimale Tierschutzgesetzgebung auf Bundesebene. Die Initiative wird daher auch von Tierschutzkreisen abgelehnt.