Stellungnahmen zur Landratssitzung vom 8. Juni 2023
Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Landratssitzung vom 8. Juni 2023 Stellung.
Traktandum 19: Raumplanerische Hindernisse für Energiezentralen von Wärmeverbunden beseitigen; 2023/169; Postulat Désirée Jaun
Das Postulat fordert den Regierungsrat auf, zu prüfen und zu berichten, wie neue mit erneuerbaren Energieträgern betriebene Energiezentralen in OeWA-Zonen (Zone für öffentliche Werke und Anlagen) mit einer für alle Gemeinden geltenden Lösung realisiert werden können, ohne die Planungssicherheit für Unternehmen aufgrund aufwendiger Zonenplanänderungsverfahren zu verlangsamen. Aus Sicht der Handelskammer beider Basel ist diese Forderung durchaus berechtigt. So sollen neben der Produktion auch der Einsatz erneuerbarer Energien im Kanton vorangetrieben werden. Es macht somit Sinn eine kantonale Lösung anzustreben, um dieses Hindernis möglichst einheitlich zu beseitigen.
Um die Dekarbonisierung des Energieeinsatzes zu bewerkstelligen ist es wichtig, dass in OeWA-Zonen der Bau von mit erneuerbaren Energieträgern betriebenen Energiezentralen durch Private aus raumplanerischer Sicht möglich ist. Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage und der Auslegung der Bestimmungen des RPG und des RPV durch die kantonalen Behörden/Gerichte ist ein solcher Bau unter der aktuellen Gesetzgebung zu mindestens sehr risikobehaftet, weil die privaten Investoren befürchten müssen, dass der Bau als nicht zonenkonform eingeschätzt wird. Es sind häufig aber gerade diese Zonen, die geeignet sind für den Bau, zumal die Realisation in Wohnzonen wegen der fehlenden Akzeptanz von Nachbarn oft nicht möglich ist.
Wir bitten Sie, das Postulat zu überweisen.
Traktandum 36: Anerkennung der erneuerbaren Gase als erneuerbare Energie; 2023/223; Motion Christine Frey
Die Motion fordert den Regierungsrat auf, das kantonale Energiegesetz, die kantonale Energieverordnung und die dazugehörenden Dekrete dahingehend anzupassen, dass erneuerbare Gase als erneuerbare Energie anerkannt und erneuerbarem Strom gleichgestellt werden. Für die Handelskammer beider Basel ein längst überfälliger Schritt. Erneuerbare Gase sind insbesondere für die Industrie eine grosse Chance, klimaneutral zu werden. Wasserstoff kann als chemischer Speicher zum Transferieren der zunehmenden sommerlichen Energieüberschüsse in den Winter eine wichtige Rolle spielen. Erneuerbare Gase können zudem helfen, den schwankenden Stromverbrauch zu glätten und so Spitzenbelastungen abzufedern. Dies wird in den nächsten Jahren essenziell sein für die Stabilität unserer Stromversorgung.
Des Weiteren teilt die Handelskammer beider Basel die Ansicht der Motionärin, dass ein deutlich schnelleres Wachstum des Anteils an erneuerbarem Gas in der Schweizer Gasversorgung möglich wäre, wenn die politischen Rahmenbedingungen weniger einschränkend wären.
Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.
Traktandum 38: Rückbau Osttangente – Auswirkungen auf den Verkehr im BL; 2023/211; Postulat Rolf Blatter
Die Handelskammer beider Basel spricht sich klar für den kürzlich vom Nationalrat befürworteten Bau des Rheintunnels aus, da mit dem Projekt bestehende Engpässe im Kern der Agglomeration Basel behoben werden und die Osttangente nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet wird. Somit steht dort künftig mehr Kapazität für den Quell-, Ziel- und Binnenverkehr zur Verfügung. Die Kapazitätserweiterung wird erwartungsgemäss zu einer Verlagerung des Strassenverkehrs auf das sicherere Nationalstrassennetz führen, wodurch sich die Anzahl der Unfälle vermindert. Diese Verlagerung wird zudem zu einer Aufwertung der betroffenen Siedlungsgebiete führen und den Agglomerationskern weiter stärken. Insbesondere wird der Rheintunnel zu einer Verminderung der Luftschadstoffemissionen sowie einer Reduktion der Lärmbelastung im Siedlungsgebiet beitragen. Dies nicht zuletzt, da der Rheintunnel einen wesentlichen Teil des Schwerverkehrs aufnehmen wird.
Eine gewichtige Voraussetzung für die mit dem Projekt Rheintunnel verfolgten Ziele ist der Kapazitätserhalt auf der bestehenden Osttangente. Nur wenn die freiwerdende Kapazität dem individuellen, motorisierten Quell-, Ziel- und Binnenverkehr zur Verfügung gestellt wird, kann eine Verlagerung vom Stadtstrassennetz auf die Autobahn forciert werden. Die Handelskammer beider Basel lehnt deshalb einen teilweisen oder vollständigen Rückbau der Osttangente dezidiert ab. Ein vollständiger Rückbau steht bei vernünftiger Betrachtung nicht zur Debatte, da der Rheintunnel die gesamte Verkehrsmenge keinesfalls aufnehmen könnte und die Fahrzeuge stattdessen die Quartiere massiv belasten würden. Der hauptsächlich für den Durchgangsverkehr (20-25% des Verkehrsaufkommens auf der Osttangente, Stand heute) konzipierte Rheintunnel kann die Erschliessungsfunktion der Osttangente mit ihren Auf- und Abfahrten für den Ziel-, Quell-, und Binnenverkehr (75-80% des Verkehrsaufkommens auf der Osttangente, Stand heute) nicht übernehmen.
Auch ein teilweiser Rückbau der Osttangente ist dezidiert abzulehnen. Wie der Regierungsrat schreibt, würde ein Kapazitätsabbau auf der Osttangente im Umfang der geplanten Entlastungswirkung eines Rheintunnels auf Seite BL dazu führen, dass die positiven Effekte des Rheintunnels auf das nachgelagerte Strassennetz verpuffen würden. Das bedeutet, dass insbesondere im Raum Birsfelden die angestrebte Entlastungswirkung nicht erreicht würde. In der Ortsdurchfahrt (Hauptstrasse/Rheinfelder-strasse) sind mit der Eröffnung des Rheintunnels Abnahmen von rund 30% und auf der Birseckstrasse von rund 40% im Prognosejahr 2040 (Vergleich Zustand mit/ohne Rheintunnel) zu erwarten. Diese Entlastungswirkung ist im Interesse der Wohnbevölkerung sicherzustellen, indem der Verkehr auf dem sichereren Nationalstrassennetz kanalisiert wird. Auch das Bundesamt für Strassen rät dringend von einer Kapazitätsreduktion auf der Osttangente ab.
Letztlich muss erwähnt sein, dass der Rheintunnel die hohe Qualität der Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandorts und Lebensraums Basel strassenseitig erhalten soll. Angesichts der Wachstumsaussichten der Region gibt es keine Alternative zum punktuellen Ausbau des Verkehrsnetzes. Dies gilt gleichermassen für andere Verkehrsträger.
Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und das Postulat zu überweisen.
Traktandum 41: ÖV-Erschliessung des Bachgrabenareals verbessern; 2023/221; Postulat Jan Kirchmayr
Das Bachgrabenareal in Allschwil ist ein boomender Life Sciences-Hub, auf dem in den nächsten Jahren circa 6'000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Ein grosses Fragezeichen stellt jedoch die verkehrliche Erschliessung dar. Wie sollen die tausenden Arbeitnehmenden, Kunden und Geschäftspartner künftig ihr Ziel erreichen? Wie im Postulat erwähnt, wird das geplante Bauprojekt Zubringer Bachgraben, welches frühestens 2027/2028 in Bau gehen wird, kurzfristig noch keine verkehrliche Entlastung bieten. Die Handelskammer beider Basel unterstützt deshalb das Ansinnen, zu prüfen, ob die bestehende Busanbindung des Bachgrabengebietes ausgebaut werden kann.
Die Handelskammer beider Basel hat sich zudem im Rahmen ihres Themendossiers «Mobil in die Zukunft» mit neuen Möglichkeiten zur Erschliessung des Bachgrabenareals auseinandergesetzt, welche das Potenzial bieten, die bereits existierenden oder geplanten Erschliessungsarten (beispielsweise den Zubringer Bachgraben) künftig zu ergänzen. Neben automatisierten Minibussen zur Erfüllung von Zubringerfunktionen innerhalb des Bachgrabenareals und direkteren Velorouten könnte ein Peoplemover eine wichtige Rolle zur Anbindung des Bachgrabenareals via Bahnhof St. Johann an das stadtweite S-Bahn-System spielen. Wir bitten den Regierungsrat, diese Alternativen zusätzlich abzuklären.
Wir bitten Sie, das Postulat zu überweisen.