Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 13. und 20. September 2023

08.09.2023

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzungen vom 13. und 20. September 2023 Stellung.

Traktandum 22: Motion Stefan Wittlin und Konsorten betreffend Bewilligung von Grossinvestitionen der öffentlichen Spitäler durch den Grossen Rat

Die Motion fordert, dass Investitionen der öffentlichen Spitäler von über 100 Millionen Franken künftig der Zustimmung durch den Grossen Rat bedürfen. Mit der Auslagerung der öffentlichen Spitäler wurden diese in die operative Selbständigkeit entlassen. Investitionsentscheide liegen daher in der Verantwortung von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung des betroffenen Spitals.

Der Einbezug des Grossen Rates in diesen Entscheidungsprozess unterläuft die Auslagerung der öffentlichen Spitäler. Ein Beschlussvorbehalt verlängert und verkompliziert nicht nur den ganzen Prozess, sondern führt auch zu einer Verwässerung der Verantwortlichkeiten. Es ist hierbei fraglich, ob die Politik tatsächlich besser in der Lage ist zu beurteilen, ob eine Spitalinvestition zweckmässig und finanzierbar ist.

Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch das Problem, dass die Steuerzahlenden bei Fehlinvestitionen ein finanzielles Risiko tragen, wie dies beim UAFP augenscheinlich geworden ist. Dieser Fehlanreiz ist zu beseitigen. Der Einbezug des Grossen Rates stellt hierfür aber nicht den richtigen Weg dar.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 28: Motion betreffend neues Steuerrechnungsmodell, statt Steuerinkasso auf die Unternehmen abwälzen

Die Motion präsentiert ein Alternativmodell zum Lohnabzugsverfahren, welches derzeit wieder zur Diskussion steht. Das Lohnabzugsverfahren hätte eine erhebliche administrative Mehrbelastung für alle Arbeitgeber in Basel-Stadt zur Folge. Ob damit das gewünschte Ziel erreicht wird, ist demgegenüber mehr als fraglich, da eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass genau die Personen sich für ein Opt-out entscheiden, die mit dieser Massnahme geschützt werden sollen. Die Motion macht demgegenüber einen konkreten Vorschlag, wie die Steuerpflichtigen bei der Planung und Vorauszahlung ihrer Steuern besser unterstützt werden können. Damit bleibt die Verantwortung für das Steuerinkasso beim Kanton und wird nicht auf private Arbeitgeber abgewälzt. Diesem Modell ist gegenüber dem Lohnabzugsverfahren daher klar der Vorzug zu geben.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 42: Anzug Franz-Xaver Leonhardt und Raffaela Hanauer betreffend CO2-Abscheidung bei der Kehrichtverwertungsanlage der IWB in Basel

Da der Kanton Basel-Stadt ein geringes Potenzial für natürliche Senken aufweist und sich einige Treibhausgasemissionen nicht eliminieren lassen, kommt der Etablierung von Negativemissions-technologien grosse Bedeutung zu. Die Handelskammer fordert deshalb die Förderung der Carbon Capture Utilization and Storage (CCUS)-Technologie. Um das Netto-Null Ziel bereits bis 2037 zu erreichen, muss sich diese Technologie in Basel etablieren. Sie muss insbesondere bei der KVA möglichst rasch angewendet werden. Wir unterstützen deshalb die Forderung des Vorstosses, wonach sich der Regierungsrat ausführlich zu der Ausstattung der KVA mit einer CCS-Anlage äussert. Wir fordern zudem, dass der Regierungsrat im Rahmen dieses Berichts untersucht, inwiefern das abgeschiedene CO2 zur Methanisierung von grünem Wasserstoff zu grünem Methanol verwendet werden kann. Letzteres könnte danach beispielsweise zur Erzeugung von Prozesswärme in der Industrie oder als nachhaltiger Treibstoff für die Luft- oder Schifffahrt verwendet werden.

Wir bitten Sie, den Anzug zu überweisen.

Traktandum 48: Anzug Daniel Albietz und Konsorten betreffend «Die Region Basel fit für Wasserstoff machen»

Der Regierungsrat wird aufgefordert, zusammen mit den Nachbarkantonen, dem Bund sowie allenfalls grenzüberschreitenden Gebietskörperschaften eine die Arbeiten des Bundes unterstützende und mit diesen, kongruente regionale Wasserstoffstrategie auszuarbeiten.

Neben der Identifikation möglicher Standorte für Anlagen zur Produktion und Lagerung sowie Anlagen für die Logistik von Wasserstoff, soll insbesondere eine Kuratierung der hierfür benötigten Perimeter und Flächen vorgenommen werden. Zudem sollen weitere relevante Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass die Wasserstoffwirtschaft möglichst begünstigt wird. Wasserstoff und seine Derivate sind ein wichtiger Teil des Energiemixes der Zukunft. So kann er als Prozessenergie in der Industrie (Mittel- und Hochtemperaturbereich) dienen, aber auch als Treibstoff für Lastwagen, Busse und Schiffe verwendet werden und damit fossile Energieträger ersetzen. In beiden Fällen ist die Energiedichte von Batterien – Stand heute – nicht ausreichend oder stark limitiert.

Auf europäischer Ebene wird mit dem European Hydrogen Backbone ein leistungsfähiges Wasserstoffnetz grenzüberschreitend geplant und in absehbarer Zeit in Betrieb genommen. Die Schweiz und im Speziellen die Region Basel dürfen bei diesen Vorhaben auf keinen Fall ins Abseits geraten, denn es bietet eine einmalige Chance für unsere Region. Um diese nutzen zu können, muss der Kanton Basel-Stadt in Zusammenarbeit mit dem Bund und den Nachbarkantonen eine mit der Strategie des Bundes kongruente Strategie Wasserstoff und seiner Derivate ausarbeiten. Gerade die Region Basel wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, dies schon allein wegen ihrer geografischen Lage als Tor zur Schweiz. Heute läuft fast ein Drittel der gesamten Erdölimporte über die Rheinhäfen. Es gilt, die vorhandene Infrastruktur und das vorhandene Know-how zu nutzen.

Auch national wird Wasserstoff mittelfristig an Bedeutung gewinnen. Eine seiner wichtigsten Funktionen für das Energiesystem der Zukunft hat der Wasserstoff nämlich als chemischer Speicher. Nach einem Ausbau der PV-Anlagen kann so zum Beispiel der Überschussstrom aus dem Sommer in das Winterhalbjahr transferiert werden. Nur wenn die schwankenden und stetig wachsenden Strommengen aus Wind und Sonnenkraft auch über den aktuellen Bedarf hinaus verwendet werden können, macht ein Ausbau der erneuerbaren Energiequellen Sinn, beziehungsweise können wir damit Versorgungssicherheit gewährleisten.

Wir bitten Sie, den Anzug zu überweisen.

Traktandum 49: Anzug Lorenz Amiet und Daniel Sägesser betreffend «E-Fuel als CO2-neutrale Ergänzung zur Elektromobilität»

Wie die Verfasser des Vorstosses festhalten, setzt der Kanton Basel-Stadt im Rahmen seiner Bemühungen zur Dekarbonisierung im Strassenverkehr derzeit ganz auf die Technologie BEV (Battery Electric Vehicle). Die Handelskammer geht mit dem Anzug einig, dass für gewisse Anwendungen andere CO2-freie Antriebstechnologien sinnvoll sein könnten und vielleicht sogar ökologische und wirtschaftliche Vorteile haben könnten.

Technologieneutralität ist für das Gelingen der Energiewende von zentraler Bedeutung. Dabei können E-Fuels einen wichtigen Beitrag zu einer sicheren, bezahlbaren und klimafreundlichen Energieversorgung leisten. Dank ihrer hohen Energiedichte haben sie gegenüber dem elektrischen Antrieb entscheidende Vorteile, weshalb E-Fuels insbesondere auch für den Luftverkehr oder auch die Schifffahrt eine interessante Lösung für die Dekarbonisierung sein könnten. Gleiches gilt für verschiedene Prozesse in der Industrie, welche sich mit dem heutigen technologischen Stand und auch absehbar nicht elektrifizieren lassen (vergleiche Ausführungen zu Traktandum 48).

In der Region Basel formiert sich von Seiten der Wirtschaft gerade ein entsprechendes Ökosystem. Der Kanton sollte diese Chance nutzen diese innovativen Technologien als «Early Adapter» unterstützen. Die Handelskammer unterstützt den vorliegenden Anzug deshalb mit Nachdruck. Insbesondere das Gesamtkonzept Elektromobilität sollte um E-Fuels zielführend ergänzt und flexibilisiert werden.

Wir bitten Sie, den Anzug zu überweisen.

Traktandum 52: Anzug Beda Baumgartner und Konsorten betreffend gezielte Förderung von Forschung und Entwicklung für die Allgemeinheit und den Standort
Traktandum 53: Anzug Pascal Pfister und Konsorten für einen internationalen Ausgleich bei der Verwendung der zusätzlichen Steuereinnahmen

Die beiden Anzüge sind Teil eines Vorstosspaketes, drei weitere Vorstösse sind für die Oktober-Sitzung traktandiert. Die Vorstösse zielen auf die Verwendung der erwarteten Einnahmen aus der neu eingeführten Ergänzungssteuer ab. Die Ergänzungssteuer setzt die OECD-Mindeststeuer um und stellt sicher, dass international tätige Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro mindestens 15 Prozent Gewinnsteuer bezahlen. 75 Prozent der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer fliessen an die Kantone. In Basel-Stadt sind rund 100 Unternehmen von dieser Steuer betroffen.

Die Einführung der Ergänzungssteuer wurde am 18. Juni 2023 von den Stimmberechtigten mit einer deutlichen Mehrheit gutgeheissen, in Basel-Stadt von 81,3 Prozent. Die Analyse des Abstimmungsergebnisses im Rahmen der VOX-Befragung ergab, dass für eine klare Mehrheit der Ja-Stimmenden der Wille im Vordergrund stand, dass keine Gelder ins Ausland abfliessen sollen. Überdies waren bemerkenswerterweise selbst Nein-Stimmende mit dem Argument einverstanden, dass mit dieser Steuererhöhung dem Staat zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen, die er zur Verbesserung der Standortattraktivität einsetzen kann.

Dass die Mehreinnahmen zur Verbesserung der Standortattraktivität eingesetzt werden, ist ein zentrales Anliegen der Wirtschaft. Die Ergänzungssteuer führt zu einer finanziellen Mehrbelastung der betroffenen Unternehmen, ohne dass hierfür ein Mehrwert geboten wird. Um im internationalen Standortwettbewerb auch in Zukunft attraktiv zu sein, ist eine anderweitige Verbesserung der Standortbedingungen daher unabdingbar.

Die beiden Anzüge diesem Anliegen entgegen und widersprechen dem ausdrücklichen Willen der Stimmberechtigten, dass keine Gelder ins Ausland abfliessen sollen und dass die Mittel für die Standortattraktivität eingesetzt werden sollen.

Wir bitten Sie, die beiden Anzüge nicht zu überweisen.

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