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Haben Sie manchmal auch das Gefühl, halb Basel liege derzeit im Umbruch,
werde derzeit transformiert? Nun, rechnen wir die grossen Transformations- DOPPELTE
areale der Stadt Basel zusammen, ergibt das ungefähr 220 ha Fläche, die BELASTUNG FÜR
gerade entwickelt wird. Das entspricht rund 8,3 Prozent der kantonalen und
sogar 10,6 Prozent der städtischen Siedlungsfläche Basels. Und auch im SPEICHER-
Kanton Basel-Landschaft sind mit dem Bachgrabenareal, mit Uptown Basel TECHNOLOGIEN?
und dem Entwicklungsgebiet Salina Raurica grosse Veränderungen im Gan-
ge. Zwar gibt es zahlreiche Erfolgsgeschichten. Die Raumentwicklung ist Damit uns in der dunklen Jahreszeit
aber auch mit grossen Herausforderungen konfrontiert. Welche sind dies nicht das Licht ausgeht, hat der
und welche Rezepte gibt es dazu? Das hat die Handelskammer beider Basel Bundesrat das Gesetz über eine
beim Fachkongress «Zone Zukunft» am 24. September mit zahlreichen Ex-
pertinnen und Experten auf dem Transformationsareal Klybeck diskutiert. sichere Stromversorgung mit erneu-
erbaren Energien erarbeitet.
NACHHALTIGKEIT IST MEGATREND Besonders das Entgelt für die Netz-
Nachhaltigkeit ist ein gesellschaftlicher Megatrend, der auch in der Raum- nutzung von Speicheranlagen ausser
entwicklung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Areale sollen sozialver- Pumpspeicherkraftwerken sieht
träglich – Stichwort günstiger Wohnraum – entwickelt und Gebäude ökolo- sich mit Gegenwind konfrontiert.
gisch – Stichwort CO 2-Neutralität – gebaut werden. Diese wichtigen Anliegen
werden schon heute durch vielversprechende Lösungsansätze umgesetzt Der Bund strebt Änderungen des Energiegeset-
oder in der Fachwelt diskutiert. Doch was ist eigentlich mit der dritten Säu- zes und des Stromversorgungsgesetzes an, um
le der Nachhaltigkeit: der ökonomischen? Raumentwicklung muss sich auch die Versorgungssicherheit in der Schweiz zu ge-
an die sich stetig wandelnden Anforderungen der Unternehmen anpassen, währleisten. Der dazugehörige Mantelerlass sieht
aufkommende Trends aufnehmen und diese bestenfalls sogar verstärken. zwecks Finanzierung ein Netznutzungsentgelt
für Endverbraucher vor. Dabei werden in der Vor-
NEUE ANFORDERUNGEN AN FLÄCHEN lage Pumpspeicherkraftwerke nicht als Endver-
Ein gutes Beispiel hierfür ist der wirtschaftliche Strukturwandel der braucher definiert, während die übrigen Spei-
Schweiz, wie ihn Dr. Christian Rutzer und Prof. Rolf Weder in ihrem For- cheranlagen als solche gelten und damit nicht
schungsprojekt «De-Industrialisierung der Schweiz?» beschreiben, welches vom Netznutzungsentgelt befreit sind. Dies führt
die Handelskammer beider Basel unterstützte. So verliert die Low- und Mid- zu einer doppelten Belastung für nicht in Pump-
Tech-Industrie in der Schweiz tatsächlich seit Jahren kontinuierlich an Be- speicherkraftwerken gespeicherten Strom.
deutung, während High-Tech-Unternehmen beständig ausbauen. Doch was
heisst das für die Raumplanung? Die Zeiten der rauchenden Kamine neigen Die Schweiz ist im Sommer unter dem Strich
sich beständig ihrem Ende zu. Dafür spielen andere Faktoren wie die Mög- Stromexporteurin. Im Winter ist sie hingegen ins-
lichkeit zur Digitalisierung von Industrieprozessen eine zentrale Rolle. Mit gesamt auf Importe angewiesen. Angesichts eines
diesen Entwicklungen ändern sich auch die Anforderungen der Unterneh- wachsenden Anteils fluktuierender erneuerbarer
men an ihre Flächen und Umgebungen. Energien und der geplanten Abschaltung der Kern-
kraftwerke muss das Stromsystem flexibler wer-
RAHMENBEDINGUNGEN ANPASSEN den, damit die System- und Versorgungssicherheit
Möglicherweise entschärft die Transformation der produzierenden Indust- weiterhin gewährleistet bleibt. Im Hinblick auf die
rie auch potenzielle Konflikte mit anderen Nutzungen wie Wohnen und Stromüberproduktion im Sommer und tendenziell
Freizeit langfristig – ein Beitrag zur sozialen Nachhaltigkeit. Doch dafür sinkende Strom importaussichten der Schweiz ist
müssen wir solche Trends aufnehmen und sie idealerweise sogar mit klu- die Doppelbelastung von Technologien, welche ei-
gen Planungen verstärken. In diesem Fall könnte die Raum entwicklung gar nen vielversprechenden Lösungsansatz dieser Pro-
als Katalysator des wirtschaftlichen Strukturwandels wirken. bleme bieten, zu hinterfragen. Denn vor dem Hin-
tergrund des gescheiterten Rahmenabkommens
ZUKUNFT MITGESTALTEN mit der EU rückt auch ein Stromabkommen in
Über eine Anpassung der Rahmenbedingungen müssen wir heute diskutie- weite Ferne. Umso wichtiger ist es, die eigenen
ren, damit wir als Volkswirtschaft auch künftig erfolgreich bleiben können. Potenziale zur Erhaltung der Versorgungssicher-
Wie sollen sie konkret adaptiert werden und wie finden sie Eingang in unsere heit voll auszuschöpfen. Dies beinhaltet die Förde-
Zukunft? Zu diesen Fragen diskutieren wir am 18. Januar 2022 ab 17.30 Uhr rung und nicht die finanzielle Benachteiligung
bei der Werkstatt «Nachhaltigkeit in der Raumentwicklung: Dynamik oder neuer Speichertechnologien. •
Stillstand?» im Rahmen der Swissbau. Notieren Sie sich schon heute den Ter-
min – seien Sie dabei und bringen Sie sich ein. •
MEHR DAZU
DR. SEBASTIAN DEININGER, Leiter Verkehr, Raumplanung, Energie und Umwelt Interview mit Yves Zumwald, CEO Swissgrid
s.deininger@hkbb.ch
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