Die Regio Basel ist eine fruchtbare Landschaft für Medtechfirmen
Die Region Basel hat sich als Standort für Medtechfirmen etabliert. Die Branche ist breit gefächert und schliesst von Bildgebungsverfahren bis zum Fitnesstracker zahlreiche Technologien ein. Gerade Medtech-Startups brauchen Unterstützung, um den Weg von der Idee zur Markteinführung zu meistern.
Medtech ist ein weites Feld. Von welchen Technologien und Anwendungen sprechen wir hier?
Christof Klöpper: Bei Technologien, die zur Diagnose, Überwachung oder Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, spricht man von Medizintechnologie, kurz Medtech. Geräte für die Diagnose, chirurgische Instrumente, Gelenkersatz oder Herzschrittmacher gehören ebenso in die Kategorie Medtech wie Geräte zur Bildgebung, elektronische Gesundheitsakten oder Labortechnik. Dazu kommen Anwendungen für die Telemedizin, fürs Fernmonitoring von Patientinnen und Patienten sowie Trackingsysteme. Die technologischen Innovationen der letzten Jahre und die Möglichkeiten zur Verarbeitung grosser Daten sorgen dafür, dass Medtech vermehrt in der Prävention angewendet wird.
Welche Rolle spielt die Medtech-Branche in der Region Basel?
Martin Dätwyler: Die Expertise im Gesundheitssektor und das Know-how der Präzisionsmechanik haben eine solide Grundlage für Innovationen geschaffen. Kombiniert mit der Präsenz von Pharmagrössen wie Roche und Novartis entstand eine fruchtbare Landschaft für Medtechfirmen, die von dieser einzigartigen Konstellation profitieren und sie weiterentwickeln. Die Firma Straumann ist ein Beispiel dafür: Der Gründer Reinhard Straumann war gelernter Uhrentechniker und Feinmechaniker aus Waldenburg. Heute ist die Straumann Group mit Sitz in Basel weltweit führend in der Zahnmedizin.
Christof Klöpper: Der Kanton Jura, der ja auch zu unserer Region gehört, ist seit jeher ein Kraftzentrum für Mikrotechnologie und Präzisionsfertigung und ein idealer Standort für die Produktion von Medtech-Geräten. Zahlreiche etablierte KMU entwickeln und produzieren hier Teile für den Export und für inländische Abnehmer. Ausserdem gedeihen Startups im Medtech-Bereich: CNS Therapy im Jura erprobt einen ganz neuen Ansatz in der Schmerztherapie. Bottneuro in Basel entwickelt Lösungen, um neurologische Krankheiten zu diagnostizieren und zu behandeln. Aus dem Department of Biomedical Engineering der Universität Basel in Allschwil sind schon zahlreiche Medtech-Unternehmen hervorgegangen, und viele weitere werden folgen. Ich schätze die Dynamik und das Potenzial der Medtech-Branche in unserer Region als sehr hoch ein.
Was tun Basel Area Business & Innovation und die Handelskammer beider Basel für die Medtech-Unternehmen in der Region?
Christof Klöpper: Wir unterstützen Gründerinnen und Gründer, aber auch KMUs, die sich mit anderen Firmen oder mit Forschenden vernetzen und so innovative Projekte im eigenen Betrieb umsetzen wollen. Unser DayOne Accelerator ist ein Beispiel dafür, wie wir Startups finanziell unterstützen und mit einem Netzwerk und Know-how ausstatten, um ihre Innovationen voranzutreiben und auf den Markt zu bringen.
Martin Dätwyler: Medtech-Unternehmen sind Teil des starken Life Sciences Cluster Basel der Handelskammer. Mit unserem Cluster, den wir 2021 initiiert haben, bringen wir die wirtschaftliche Kraft und Relevanz der hiesigen Life Sciences-Industrie zum Ausdruck. Wir fördern zudem den Austausch zwischen Unternehmen, Hochschulen, Universitätsspital und Branchenverbänden entlang der ganzen Wertschöpfungskette sowie mit Politik, Verwaltung und Bevölkerung. Wir unterstützen Life Sciences-Unternehmen, national und global wettbewerbsfähig zu bleiben, und setzen Impulse, um das überdurchschnittliche Wertschöpfungspotenzial der Industrie gezielt weiterzuentwickeln.
Welche Schwierigkeiten sehen Sie für Medtech-Unternehmen?
Martin Dätwyler: 2021 haben Schweizer Medtech-Unternehmen den barrierefreien Zugang zum EU-Markt verloren. Für Schweizer Medtech-Unternehmen bedeutet das: strengere Prüfverfahren und umfangreichere Dokumentationen. Dies führt dazu, dass es mehr kostet und länger dauert, bis ein Medtechprodukt oder eine -lösung in einem EU-Land auf den Markt kommt. Wir setzen uns für klare regulatorische Rahmenbedingungen und Vereinfachungen beim Marktzugang ein. Unser stetiger Druck zeigt nun Wirkung: Der Bundesrat wird die Verhandlungen mit der EU wieder aufnehmen und wir sind zuversichtlich, dass sich im neuen Jahr eine Lösung mit unserer wichtigsten Handelspartnerin EU abzeichnen wird, die den Medtech-Unternehmen wie auch anderen Branchen den Zugang zu diesem bedeutenden Markt erleichtert.
Christof Klöpper: Die Anforderungen an Medtechfirmen sind in der Schweiz und in allen europäischen Ländern enorm hoch. Das ist grundsätzlich gut so, denn nur so können wir sicher sein, dass neue Anwendungen uns wirklich helfen, statt uns zu schaden. Bevor ein Medtechprodukt auf den Markt kommt, dauert es Jahre: Klinische Studien werden durchgeführt, ISO-Normen müssen eingehalten werden, es braucht eine umfassende technische Dokumentation und die Zulassungsverfahren unterscheiden sich von Land zu Land. In der Medtechbranche braucht man eine belastbare Idee und einen langen Atem. Man braucht Expertinnen und Experten, die in den verschiedenen Disziplinen beratend zur Seite stehen und natürlich Kapital, um den Weg bis zum Ende gehen zu können. Für Firmen, die schon Einnahmequellen haben, ist das kräftezehrend, aber möglich. Startups, die bei Null anfangen, haben es da schwerer. Deswegen ist es unsere Aufgabe, sie zu unterstützen, wo wir können.
Wie sehen Sie die Zukunft der Medtech-Branche in der Region Basel?
Martin Dätwyler: Wenn Startups unterstützt werden, sie weiterhin mit etablierten Unternehmen zusammenarbeiten und das Verhältnis der Schweiz zur EU geklärt ist, wird die Region Basel ihre Position als führendes Zentrum für Medtech-Innovationen weiter ausbauen.
14.12.2023 - Raphael Müller
Leider viele "wenn dann", was genau den Status Quo der Medtech Branche beschreibt. Ich denke Basel ist bis heute eine Pharma-Stadt und tut sich schwer mit allem was in Richtung HighTech oder Tech (Software) generell. Und das ist schlecht, aber leider auch nachvollziehbar. Hier hat nun einfach Zürich die Nase vorne und auch ausländische Firmen setzen ihren Fokus/Sitz meistens in Zürich.
Schade - als MedTechexperte ist es schwierig in Basel Fuss zu fassen und die ganzen "wenn / dann" Hoffnungen sterben langsam auch bei mir. Hoffentlich wird irgendwann mal "Nägel mit Köpfen" gemacht, aber so wie bisher wird das nix...