Europapolitik: Bundesrat darf keine Zeit verlieren

06.01.2022

Die Handelskammer beider Basel erwartet, dass der Bundesrat im neuen Jahr rasch einen europapolitischen Fahrplan präsentiert. Die derzeitige Unsicherheit schadet der Wirtschaft und insbesondere dem Exporthub Region Basel.

Weil das WEF verschoben wurde, fällt das geplante Treffen zwischen Bundespräsident Ignazio Cassis und dem Vizepräsidenten der EU-Kommission Maros Sefcovic vom 15. Januar 2022 ins Wasser. Der Bundesrat muss trotzdem so bald wie möglich einen Plan für die weiteren Gespräche mit der EU vorlegen und einen neuen Termin für ein Treffen suchen. Wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Export-Industrie und der Forschungsstandort brauchen rasch eine Lösung mit der EU.

Lösungsansätze sind vorhanden

Wir begrüssen es, dass der Bundesrat im vergangenen Dezember den abtretenden Staatssekretär Mario Gattiker mit der Aufgabe betraut hat, innenpolitische Lösungsansätze für die institutionellen Streitfragen auszuloten. Es geht dabei in erster Linie um die Streitbeilegung und die Anpassung ans EU-Recht. Da ein umfassendes Rahmenabkommen zumindest kurzfristig vom Tisch ist, sind alternative Ansätze gefragt. Zum Beispiel könnten die Schweiz und die EU die institutionellen Fragen separat in den fünf einzelnen Marktzugangsabkommen klären. Dieser Vorschlag des ehemaligen Staatssekretärs Prof. Michael Ambühl hat die Handelskammer beider Basel in einem Webinar im November letzten Jahres vertieft diskutiert. Der Ansatz ist für die Schweiz interessant, weil er eine unterschiedliche Regelung je Vertrag ermöglicht.

Pragmatismus gefragt

Auch beim Streitpunkt Lohnschutz gibt es Spielraum, den wir nutzen sollten. Zum Beispiel ist die viel diskutierte 8-Tage-Regel – an der die Gewerkschaften unbedingt festhalten wollen – für den Lohnschutz kaum relevant. Das hat eine von der Handelskammer organisierte Diskussion zum EWR deutlich gezeigt. Das EWR-Land Liechtenstein kennt keine Voranmeldefrist für ausländische Dienstleistungsanbieter wie die Schweiz. Trotzdem hat das Land keine Probleme mit dem Lohnschutz. Wir können in diesem Punkt der EU also problemlos entgegenkommen. Der Bundesrat darf sich beim Dossier Personenfreizügigkeit nicht an der Extremposition der Gewerkschaften orientieren, sondern muss der EU pragmatische Kompromisse vorschlagen.

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