Digitalisierung beim Staat: eine juristische Herausforderung
Die Bürgerinnen und Bürger müssen sich trotz Automatisierung und Digitalisierung weiterhin auf den Staat verlassen können. Nadja Braun Binder, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Basel, kennt die Hürden, die damit verbunden sind.
Sämtliche Bereiche des modernen Lebens werden immer stärker von der Digitalisierung geprägt – auch vor dem Staat macht diese Entwicklung nicht halt. Dabei gelten für die Verwaltung strengere Regeln als für die Privatwirtschaft, sagt Nadja Braun Binder, Professorin für Öffentliches Recht an der Juristischen Fakultät der Universität Basel. Sie hat kürzlich im Auftrag des Kantons Zürich eine Studie erstellt zum Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. «Der Staat ist in einer Machposition und muss darauf achten, dass er für alle seine Handlungen eine Gesetzesgrundlage hat», sagt sie. Ein Beispiel: Wenn ein automatisiertes Programm darüber entscheidet, ob jemand Anspruch auf Prämienverbilligung hat, und diese Frage würde falsch entschieden werden, hätte dies weitreichende Konsequenzen für die Person. «Die Verwaltung ist grundsätzlich für korrekte Abläufe verantwortlich. Sie muss diese Verantwortung weiterhin wahrnehmen, trotz Automatisierung», sagt die Professorin.
Technologieneutrale Gesetze sind gefragt
«Das E-Government ist in der Schweiz schon länger ein Thema, und es gibt gesetzliche Grundlagen, um Teilschritte zu digitalisieren. Aber der elektronische Rechtsverkehr ist in weiten Teilen nicht obligatorisch und umfasst auch nicht alle Aspekte», führt sie weiter aus. Bei den Rechtsgrundlagen gibt es zum einen das Bundesrecht, das vom Bund vollzogen wird, zum anderen das Bundesrecht, das von den Kantonen vollzogen wird. Und dann gibt es noch einen dritten Bereich, in dem die Kantone autonom für Rechtsetzung und Vollzug zuständig sind. Es stellt sich dabei die Frage, wie sehr der Bund den Kantonen vorgeben kann, wie sie Bundesgesetze zu vollziehen haben. Bei den Steuern zum Beispiel sei eine gewisse Harmonisierung durch den Bund notwendig gewesen, sagt die Juristin und ergänzt: «Gerade bei der Digitalisierung ist es zudem wichtig, dass technologieneutrale Gesetze erlassen werden, damit sie nicht ständig angepasst werden müssen. Punktuell können dann spezifische Gesetze geschaffen werden, zum Beispiel zur Regelung der E-ID.»
Sicherheit vor Tempo
Aktuell läuft die Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBaG). «Es zeigt sich, dass die Kantone zwar nicht gegen die Digitalisierung sind, aber ihre eigenen Vorstellungen vom Vollzug haben», stellt Braun Binder fest. Im europäischen Vergleich gehört die Schweiz nicht zu den schnellsten bei der Digitalisierung des Staats. «Es geht aber auch nicht darum, so schnell wie möglich zu sein. Die Sicherheit ist ein zentraler Aspekt.»
Und wie sieht es in Basel mit der Digitalisierung aus? «Letztes Jahr hat der Kanton Basel-Stadt pionierhaft einen Prozess der digitalen Partizipation gestartet», erinnert sich Braun Binder. Weiter führt der Kanton eine Fachstelle für Open Government Data. Zudem zeichnet sich Basel durch besonders zahlreiche Smart-City-Projekte aus. In Basel-Landschaft setzt die Polizei eine automatisierte Fahrzeug- und Verkehrsüberwachung ein. Und seit 2014 nutzt die Baselbieter Polizei die Software PRECOBS zur Vorhersage von Einbrüchen.
Weiterführende Links
Studie «Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in der Verwaltung»: https://ius.unibas.ch/de/personen/nadja-braun-binder/projekte/ki/
Digitale Mitbestimmung Basel-Stadt: https://www.digitale-mitbestimmung.bs.ch/
Smart City Basel: https://www.smartcity.bs.ch/
Fachstelle Open Government Data Basel-Stadt: https://www.opendata.bs.ch/