Risiko eingehen, um vom Kuchen abzubekommen
Unsere Entscheidungen werden sowohl durch unsere Erfahrungen als auch zunehmend durch künstliche Intelligenz beeinflusst. Forschende an der Fakultät für Psychologie der Universität Basel untersuchen, wie sich unser Entscheidungsverhalten verändert.
Im Alltag treffen wir ständig Entscheidungen – sei es bei der Jobwahl, bei Investitionen oder Freizeitaktivitäten. Manche lieben das Risiko, andere bevorzugen den sicheren Weg. Doch was prägt unsere Risikobereitschaft? Rui Mata, Professor für Kognitions- und Entscheidungswissenschaften an der Fakultät für Psychologie der Universität Basel, widmet sich in seiner Forschung genau dieser Frage: «Mich interessiert, ob und wie sich unsere Entscheidungen im Alter durch Erfahrungen und Fähigkeiten verändern, besonders in den Bereichen Finanzen und Gesundheit», erklärt er. Er vergleicht dies mit dem Fussball: Junge Spieler sind oft schneller, während erfahrene Spieler vermehrt ihr strategisches Verständnis nutzen. Der Trainer schliesslich bringt das grösste Wissen und Ansehen, ohne selbst auf dem Feld zu stehen. Generell lässt sich feststellen, dass junge Männer die risikofreudigste Gruppe bilden.
Junge Firmen müssen risikofreudiger agieren
Um das Entscheidungsverhalten der Menschen besser zu verstehen, führen die Forschenden standardisierte Experimente wie Befragungen durch. Sie untersuchen, ob Menschen in bestimmten Ländern risikofreudiger sind, um herauszufinden, ob das Risikoverhalten durch Lebensumstände geprägt wird. «Risikoverhalten ist weniger genetisch festgelegt, sondern stark erfahrungsbasiert», so Mata. In Ländern wie der Schweiz oder Deutschland sind Menschen im Vergleich weniger risikofreudig – und wenn sie Risiken eingehen, dann eher in jungen Jahren. In weniger sicheren Ländern hingegen bleiben Menschen oft auch im fortgeschrittenen Alter risikobereit, um ihre Lebenssituation zu verbessern.
Interessant ist für Mata, dass diese Effekte nicht nur auf der persönlichen Ebene, sondern auch auf Unternehmensebene sichtbar sind: «Etablierte Firmen haben sich im Markt bereits behauptet und können sich wohl ein geringeres Risiko leisten, während junge Unternehmen, die sich noch beweisen müssen, risikofreudiger und auch innovativer agieren müssen.»
Künstliche Intelligenz sorgt für Umbruch
Der Psychologieprofessor stellt fest, dass sich sein Fachgebiet derzeit in einem grossen Wandel befindet: «Die Digitalisierung bringt völlig neue Fragen mit sich, da Menschen nun jederzeit auf Tools wie grosse Sprachmodelle zurückgreifen können, die sie in allen Entscheidungsprozessen unterstützen.» Diese Modelle zeigen jedoch oft andere Risikopräferenzen als Menschen, was direkte Auswirkungen auf die Entscheidungsfindung haben kann. Mata erläutert: «Wenn Menschen Sprachmodelle als Ratgeber nutzen, laufen sie Gefahr, Entscheidungen zu treffen, die möglicherweise nicht mit ihren eigenen Vorlieben oder Zielen übereinstimmen. Unsere Forschung beschäftigt sich deshalb intensiv damit, zu verstehen, wo solche Diskrepanzen entstehen und wie wir sie besser kommunizieren können.» Es sei wichtig, dass die Forschung diese Prozesse kritisch begleitet und die Chancen und Risiken aufzeigt.
Der Beitrag erscheint im Rahmen unserer Reihe «Wissen schafft Wirtschaft» in Kooperatikon mit der Universität Basel.