«Wilder Westen» in der KI-Fotografie

02.09.2024

Die Digitalisierung verändert die Fotografie massgeblich. Estelle Blaschke, Professorin für Fotografische Medien am Seminar für Medienwissenschaft der Universität Basel, sieht für Unternehmen Vor- und Nachteile in der Verwendung von KI-generierten Bildern.

Ob offensichtlich erfunden oder täuschend echt – Bilder, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) erzeugt werden, sind in aller Munde. Auch Unternehmen nutzen in ihrer Kommunikation immer häufiger Apps wie Midjourney oder DALL·E, um in wenigen Sekunden Bilder verschiedenster Art zu erstellen. Estelle Blaschke, Professorin für Fotografische Medien im Digitalen Zeitalter am Seminar für Medienwissenschaft der Universität Basel, sieht eine grosse Herausforderung in der Sicherstellung von Bildrechten in der digitalen Fotografie: «Die Technologie entwickelt sich wahnsinnig schnell, und die Regulierung hinkt der Realität hinterher.» Die KI-Fotografie gleiche derzeit dem «Wilden Westen», in dem Unternehmen und Kreative weitgehend unreguliert Neuland betreten. Blaschke rät Nutzerinnen und Nutzern: «Wenn Sie ein Bild über einen etablierten Anbieter generieren, können Sie es derzeit frei verwenden. Ob das auch in Zukunft so bleibt, ist fraglich, denn wir befinden uns in einer Übergangsphase.»

Professorin Medienwissenschaften der Universität Basel Professorin für Fotografische Medien am Seminar für Medienwissenschaft der Universität Basel, Frau Estelle Blaschke
KI wiederholt problematische Muster

Die Medienwissenschaftlerin sieht für Unternehmen Vorteile in der Verwendung von KI-generierten Bildern: «Sie kosten nichts und es müssen keine Bildrechte erworben werden.» Solche Bilder seien jedoch nicht geschützt und könnten von Dritten wiederverwendet werden. «Es kann deshalb für Unternehmen weiterhin interessant sein, mit professionellen Fotografinnen und Fotografen zusammenzuarbeiten, um die Exklusivität ihrer Bilder zu wahren.» Auch ethische Fragen stellen sich: «Die Daten, mit denen die Algorithmen der KI-Anbieter trainiert wurden, sind undurchsichtig. Die Tools enthalten immer noch problematische Inhalte wie Stereotypisierungen und Gewaltdarstellungen. Die KI wiederholt bestimmte Muster, und es stellt sich die Frage, ob Unternehmen Teil davon sein möchten.»

Grosser Einfluss auf Alltagsfotografie

Blaschke erkennt viel Potenzial für den Einsatz von KI-Tools als Hilfsmittel für professionelle Fotografinnen und Künstler, vergleichbar mit bisherigen Bildbearbeitungsprogrammen. Den grössten Einfluss werde die KI jedoch wahrscheinlich auf die Alltagsfotografie haben: «Die Fotografie ist treibende Kraft bei der Entwicklung des Smartphones. Bei neuen Smartphones ist KI nun ein integraler Bestandteil.» Nutzerinnen und Nutzer können ganz einfach per Knopfdruck Bilder direkt verändern, wenn sie mit ihren Smartphones fotografieren. Wenn beispielsweise jemand auf einem Foto die Augen geschlossen hat, kann man diese öffnen. Und bei Ausschnitten vergrössert die KI das Bild, indem sie die Umgebung fiktiv hinzufügt.

Die Markteinführung des Smartphones in Kombination mit dem Breitband-Internet und sozialen Medien führte seit 2010 dazu, dass viel mehr Menschen ihren Alltag fotografisch festhalten. «Die Diskussion darüber, wie und ob Fotos urheberrechtlich geschützt werden können, wird jedoch bereits seit dem 20. Jahrhundert geführt und ist im Zuge der Digitalisierung noch komplexer geworden», stellt die Medienwissenschaftlerin fest.

Der Beitrag erscheint im Rahmen unserer Reihe «Wissen schafft Wirtschaft» in Kooperatikon mit der Universität Basel.

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