Emissionsabgabe: Gerade in der Krise besonders schädlich
In der Sommersession haben National- und Ständerat beschlossen, die Emissionsabgabe abzuschaffen. Diese Emissionsabgabe beträgt heute ein Prozent auf neuem Eigenkapital ab einer Million Franken. In wirtschaftlichen Krisenzeiten zeigt sich, wie wichtig eine solide Eigenkapitalbasis ist. Die Abschaffung der Emissionsabgabe ist daher richtig, um Unternehmer krisenresistenter zu machen.
Unter Mitarbeit von Yavuz Tasoglu
1918, noch in der Zeit des Ersten Weltkrieges, führte die Schweiz die sogenannte Stempelabgabe ein, um den nach dem Krieg angeschlagenen Staatshaushalt zu stützen. Dabei ging es darum, neue Einnahmequellen durch eine indirekte Besteuerung des Eigentums zu erschliessen. Heute, über 100 Jahre später, steht der Schweizer Staatshaushalt solide da, aber die Stempelabgabe wird weiterhin erhoben. Sie ist eine Steuer, bestehend aus drei verschiedenen Abgaben, wobei diese nicht mit Gegenleistungen verknüpft sind: Erstens die Emissionsabgabe, erhoben auf die Ausgabe inländischer Beteiligungsrechte, zweitens die Umsatzabgabe, erhoben auf dem Handel in- und ausländischer Wertpapieren und drittens die Versicherungsabgabe, erhoben auf die Prämienzahlungen von bestimmten Versicherungen. Nachdem das Parlament die Abschaffung der Emissionsabgabe beschlossen hat, wurde dagegen das Referendum ergriffen. Das Volk wird daher das letzte Wort zu diesem Thema haben.
Um was geht es also bei der Emissionsabgabe?
Die Emissionsabgabe ist eine Steuer, die erhoben wird, wenn ein inländisches Beteiligungsrecht ausgegeben wird. Dies kann beispielsweise die Gründung einer Aktiengesellschaft oder eine Aktienkapitalerhöhung sein. Betroffen sind Aktien bei Aktiengesellschaften, Stammeinlagen bei einer GmbH, Genossenschaftsanteile bei Genossenschaften sowie Genuss- und Partizipationsscheine. Gegenwärtig beträgt die Höhe der Steuer 1 Prozent, wobei eine Freigrenze von einer Million Franken besteht.
Eigenkapital sichert Unternehmen ab
Gerade bei wirtschaftlichen Krisen, wie wir sie aktuell in der Pandemie erlebt haben, sind Betriebe auf neues Kapital angewiesen, um ihre Existenz zu sichern. Beispielsweise aufgrund von Einnahmeausfällen durch einen Lockdown. In einer solchen Situation stellt diese Abgabe eine Belastung für Unternehmen dar. Noch bevor das neue Kapital für die Sicherung des Unternehmens eingesetzt werden kann, muss davon eine Abgabe an den Staat entrichtet werden. Kürzlich publizierte Zahlen des Bundes zeigen, dass in den letzten drei Jahren jeweils 80 bis 90 Prozent der betroffenen Unternehmen KMU waren.
Ein Fallbeispiel: Ein Reisebüro, eine Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von 1,5 Millionen Franken und 15 Mitarbeitenden, muss aufgrund der Corona-Krise das Aktienkapital um eine weitere Million Franken erhöhen, um das Überleben bis Ende Jahr sicherzustellen. Nachdem sich mehrere Investoren bereit erklärt haben einzusteigen, erhält das Unternehmen die 1'000'000 Franken. Davon muss es aber 10'000 Franken als Emissionsabgabe an den Staat entrichten.
2018 betrugen die kumulierten Emissionsabgaben an den Bund rund 250 Millionen Franken. Eine Abschaffung dieser Gebühr hätte zur Folge, dass Unternehmen mehr Investitionskapital zur Verfügung haben, insbesondere während Krisen, was die Stabilität der Firmen erhöhen würde. Weiter würde es auch die Standortattraktivität der Schweiz verbessern, wenn Unternehmen wissen, dass zu investierendes Kapital zweckmässig und ohne zusätzliche Steuerbelastung eingesetzt werden kann.
Positive volkswirtschaftliche Auswirkungen
Der Staat kann auf die Einnahmen der Emissionsabgaben verzichten, besonders da es sich um ein Relikt aus vergangener Zeit handelt und Eigentum auf eine Art besteuert, die in Anbetracht der gegenwärtigen Situation nicht als gerechtfertigt erscheint. Zumal die Unternehmen in Krisenzeiten selber auf die Mittel dringend angewiesen sind und die Bevölkerung von gesunden Unternehmen profitiert.
Negative finanzielle Auswirkungen sind nicht zu befürchten. Eine Studie von BAK Economics von 2019 hat berechnet, dass eine vollständige Abschaffung der Stempelabgaben und eine umfassende Reform der Verrechnungssteuer innert zehn Jahren zu einem Wachstum des Bruttoinlandproduktes von 1,4 Prozent führt, was rund 22'000 neu geschaffenen Vollzeitstellen entspricht. Die fehlenden Einnahmen werden also mehr als kompensiert.