Wer Demokratie ernst nimmt anerkennt, dass eine Steuervorlage nur mit sozialem Ausgleich zu haben ist

07.05.2019

Es gehört zur Natur einer freien Demokratie, dass man eine Abstimmung verlieren kann. So geschehen am 12. Februar 2017, als die Stimmbevölkerung die Unternehmenssteuerreform III deutlich ablehnte. Die Voto-Nachwahlanalyse zeigte: Über 60% waren mit der Aussage einverstanden, dass nur ein paar wenige Grossunternehmen und Grossaktionäre profitieren würden. Für fast ebenso viele war die unklare Verteilung der Risiken und Lasten ein Ablehnungsgrund.

Sozialer Ausgleich ist zwingend

Erfahrungen aus Kantonen, die über Unternehmenssteuerreformen abgestimmt haben zeigen, dass die Bevölkerung dann zustimmt, wenn die Vorlage einen sozialen Ausgleich enthält. So nahmen im Kanton Waadt 87% eine Vorlage mit sozialem Ausgleichspaket an. Auch im Kanton Basel-Stadt sagten 79% Ja zu einer Steuervorlage mit sozialem Ausgleich. Hingegen wurde im Kanton Bern eine Unternehmenssteuerreform ohne sozialen Ausgleich klar abgelehnt.


Das Bundesparlament hat aus all diesen Erfahrungen gelernt und anerkannt, dass wer eine Abstimmung verliert, einen Schritt auf die Abstimmungssieger zugehen muss. Nur so kann Demokratie funktionieren. Nur eine Vorlage mit sozialem Ausgleich kann mehrheitsfähig sein.


AHV-Teil gleicht Steuervorlage sozial aus

Entgegen vielen Unkenrufen bewerkstelligt der AHV-Teil der STAF genau das: Er gleicht die Wirkungen der Steuervorlage sozial aus. Eine in der NZZ am Sonntag publizierte Studie von Marius Brülhart (Universität Lausanne) und Fabian Schütz (Universität St. Gallen) zeigt aufgrund der mittelfristigen Verteilungswirkungen der STAF detailliert auf, dass der AHV-Teil durch die starke Umverteilungswirkung der AHV die Steuervorlage zu Gunsten der breiten Bevölkerung neutralisiert.


Verknüpfung ist nicht präzedenzlos

Im Abstimmungskampf ist viel zu hören, dass eine solche Verknüpfung von zwei Themen noch nie dagewesen sei und daher schon aus Prinzip abzulehnen sei. Stichwort: Einheit der Materie. Doch die AHV-Steuervorlage hat, wie oben ausgeführt, nicht nur durchaus einen inhaltlichen Zusammenhang, sie kann sich zudem auf einen Präzedenzfall abstützen. Wie die bz Basel letzte Woche berichtete, geht die Einführung der Mehrwertsteuer auf einen solchen Megadeal zurück. So wurde im Jahr 1993 ein Megapaket geschnürt, welches die Mehrwertsteuer sozial abfedern sollte. Der Bund setzte Geld für Prämienverbilligungen ein und der AHV-Demographie-Prozent wurde eingeführt. Zudem wurde ergänzend dazu ein Konjunkturpaket geschnürt. Das Paket fand in der Bevölkerung eine breite Mehrheit.


Allen heutigen Unkenrufen zum Trotz führte diese Verknüpfung nicht dazu, dass das künftig gängige Praxis wurde. Das Vorgehen bleibt eine Ausnahme, in Fällen von grosser Bedeutung und Dringlichkeit. Heute ist das wieder der Fall. Unsere Unternehmen brauchen die Steuervorlage dringend, um endlich Rechtsicherheit und Klarheit zu erhalten. Viele Arbeitsplätze und hohe Steuereinnahmen stehen auf dem Spiel.
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben 1993 erkannt, dass aussergewöhnliche Situationen aussergewöhnliche Lösungen brauchen. 16 Jahre später ist es wieder an der Zeit, dies zu erkennen und am 19. Mai 2019 Ja zur AHV-Steuervorlage zu sagen.

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