Stempelsteuer endlich abschaffen
Vor über zehn Jahren wurde im nationalen Parlament ein Vorstoss eingereicht, um die Stempelsteuer schrittweise abzuschaffen. Trotz erfolgreicher Überweisung wurde die Vorlage mehrmals sistiert, weil zuerst die Reform der Unternehmenssteuern abgewartet werden musste. Nun ist die Zeit gekommen, die Stempelsteuer endlich aufzuheben.
Die Region Basel ist bekanntlich ein bedeutender Pharmastandort. Basel ist aber auch drittgrösster Finanz- und zweitgrösster Versicherungsstandort der Schweiz. Die Reform der Stempelsteuer ist für die in Basel tätigen und ansässigen Finanzinstitute und Versicherungen deshalb von besonderer Bedeutung.
Die Stempelsteuer ist seit einiger Zeit umstritten. So ist höchst fraglich, ob sie dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht, weil sie Vermögensumschichtungen besteuert, unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Konkret: Haben zwei Personen dasselbe Vermögen, aber eine davon investiert in Wertschriften, so muss diese Person dafür Stempelsteuern bezahlen, obwohl sie nicht vermögender und damit leistungsfähiger ist als die andere Person.
Gravierender Nachteil für Finanzplatz Schweiz
Die Stempelsteuer stellt im internationalen Standortwettbewerb einen gravierenden Nachteil für den Finanzplatz Schweiz dar und hatte einige negative Auswirkungen. So hat sie beispielsweise eine internationale Doppelbesteuerung zur Folge, weil die EU eine andere Steuersystematik kennt. Auch hier konkret: Schliesst ein Konzern eine konzernweite Versicherungslösung in der EU ab, so wird die Versicherung jeweils in dem Staat besteuert, wo das Risiko liegt. Schliesst der Konzern dieselbe Versicherungslösung in der Schweiz ab, so fällt auf das gesamte Risiko in der Schweiz die Stempelsteuer an, die EU-Steuern müssen jedoch trotzdem bezahlt werden.
Im Ergebnis führen solche Steuersysteme dazu, dass sich das entsprechende Geschäftsmodell ins Ausland verlagert. Zum Schaden der Finanz- und Versicherungsbranche in der Schweiz. Zum Schaden aber auch der gesamten Bevölkerung, weil Arbeitsplätze verloren gehen, Wertschöpfung ins Ausland abwandert und Steuereinnahmen wegfallen.
Attraktive Rahmenbedingungen statt Selbstschwächung
Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich der Wirtschaftsstandort Schweiz mit einer solchen Steuer im internationalen Wettbewerb selber schwächt. Vielmehr sollte angestrebt werden, attraktive Rahmenbedingungen zu bieten, damit Wertschriftenhandel und Versicherungswirtschaft möglichst in der Schweiz stattfinden.
Die Handelskammer beider Basel befürwortet deshalb sowohl die Abschaffung der Umsatzabgabe als auch der Versicherungsprämienabgabe.
Erhebliches Wachstumspotenzial
Eine Studie von BAK Basel hat aufgezeigt, dass die schrittweise Abschaffung der Stempelsteuer ein erhebliches Wachstumspotenzial für die Schweizer Finanzwirtschaft aufweist. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes würde mit der Abschaffung der Stempelsteuer klar gestärkt, was die grosse Chance bietet, ins Ausland abgewanderte Geschäfte zurück in die Schweiz zu holen. Aufgrund des anzunehmenden BIP-Wachstums ist auch mit zusätzlichen Steuereinnahmen für die Bundeskasse zu rechnen, welche die Einnahmeausfälle zu kompensieren vermögen.
Prioritäten wegen Corona-Krise ändern
Die Abschaffung der Stempelsteuer soll gemäss den Plänen der Wirtschaftskommission des Nationalrates in drei Etappen erfolgen. Die Corona-Krise führt nun dazu, dass die Priorisierung der einzelnen Teilvorlagen nochmals überdacht werden sollte.
Bei Eigenkapitalerhöhungen wird die Stempelsteuer in Form einer Emissionsabgabe auf Eigenkapital fällig. Die Abschaffung dieser Emissionsabgabe ist derzeit im Vorentwurf 1 vorgesehen, der jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden soll.
Aufgrund der Krise werden einige Unternehmen Eigenkapitalerhöhungen vornehmen müssen, um die notwendige Liquidität sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund stellt sich aus Sicht der Handelskammer die Frage, ob der Vorentwurf 1 mit der Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital nicht prioritär zu behandeln ist und deshalb vorgezogen werden sollte.