Stellungnahme zum kantonalen Richtplan Basel-Landschaft
Eine optimale Erreichbarkeit ist zentrale Voraussetzung für einen wirtschaftlich erfolgreichen Kanton Basel-Landschaft. Wir begrüssen es deshalb sehr, dass mit der geplanten Anpassung der Objektblätter dem planerischen Fortschritt einer Reihe von Verkehrsprojekten Rechnung getragen wird. Dies schafft die Voraussetzung für die Mitfinanzierung einiger Infrastrukturvorhaben durch den Bund. Auch die Optimierung des Veloroutennetzes sowie die Schaffung eines Objektblatts Wasserkraft unterstützen wir explizit. Wir fordern jedoch zusätzlich die Ausweisung von potenziellen Standorten für Wasserstoffproduktionsanlagen im Richtplan.
Zusammenfassung unserer Anliegen
- Bei der Festsetzung von Wildtierkorridoren müssen auch weitere Interessen, beispielsweise die Sicherstellung der Erreichbarkeit, berücksichtigt werden.
- Wir begrüssen, dass mit der Vorlage dem Fortschritt vieler Verkehrsprojekte in der Richtplanung Rechnung getragen wird. Insbesondere sprechen wir uns für die richtplanerische Anerkennung des Projektfortschritts des Rheintunnels, des Achtspurausbaus Hagnau – Augst, des Zubringers Bachgraben – Allschwil sowie der Erschliessung des Entwicklungsgebiets Uptown Basel aus.
- Wir bitten den Regierungsrat bei der Richtplanung auch die Velorouten zu berücksichtigen, welche die Handelskammer beider Basel im Themendossier «Mobil in die Zukunft» konzipiert hat.
- Wir begrüssen, dass mit dem neuen Objektblatt Wasserkraft die raumplanerischen Voraussetzungen für einen Ausbau der Wasserkraft im Kanton Basel-Landschaft geschaffen werden.
- Wir fordern den Regierungsrat auf, im Richtplan potenzielle Standorte für Wasserstoffproduktionsanlagen in geeigneter Form auszuweisen.
Zur Vernehmlassungsvorlage
Mit dem vorliegenden Vernehmlassungsentwurf werden ein neues Objektblatt (Wasserkraft) erstellt und sechs Objektblätter (Fruchtfolgeflächen, Wildtierkorridore, Übergeordnete Projekte, Kantonsstrassennetz, Schienennetz und Grundwasser) sowie die Richtplan-Gesamtkarte und die Richtplankarte Verkehrsinfrastruktur (Kantonale Radrouten) angepasst. Eine Gesamtrevision der Objektblätter zu Verkehr und Mobilität ist in Vorbereitung. Mit der aktuellen Vorlage werden jedoch bereits einige dringliche Anpassungen des Richtplans vorgenommen. Die Handelskammer beider Basel nimmt gerne wie folgt zur Vernehmlassungsvorlage Stellung.
Wildtierkorridore
Die Handelskammer beider Basel erachtet die Ausweisung von Wildtierkorridoren zum Schutz der ansässigen Tierarten und der Wahrung der Biodiversität als wichtig. Wir befürworten ausserdem, dass bei der Festsetzung der Wildtierkorridore darauf geachtet wird, dass diese an Orten geplant werden, an welchen wenig sonstige Aktivitäten stattfinden. Wir würden es hingegen ablehnen, wenn zur Erhaltung von Wildtierkorridoren weitere Interessen – etwa die Sicherstellung der Erreichbarkeit durch den Bau von Verkehrsinfrastruktur - unverhältnismässig eingeschränkt würden. Eine ausgewogene Berücksichtigung aller Interessen ist zwingend.
Übergeordnete Verkehrsprojekte und Kantonsstrassennetz
Eine optimale Erreichbarkeit ist zentrale Voraussetzung für einen wirtschaftlich erfolgreichen und gesellschaftlich offenen Kanton Basel-Landschaft. Das heutige Verkehrssystem kommt jedoch immer häufiger an seine Leistungsgrenzen. Als dynamischer Wirtschaftsstandort mit zunehmendem Verkehr ist der Kanton Basel-Landschaft durch die Präsenz verschiedener transeuropäischer Verkehrskorridore besonders herausgefordert. Es fehlen Kapazitäten auf den bestehenden Achsen, neue Verkehrsträger zur effizienten Erschliessung von Wirtschaftsarealen und Wohngebieten sowie innovative Lösungen, um Verkehrsträger untereinander zu vernetzen.
Aufgrund des erwarteten Bevölkerungswachstums müssen neue Kapazitäten geschaffen werden, damit die Erreichbarkeit nicht abnimmt. Die Erreichbarkeit innerhalb der Region und von aussen aufrechtzuerhalten, hat oberste Priorität. Wichtige Mittel, um dieses Ziel zu erreichen, sind eine leistungsfähige Infrastruktur, die Nutzung effizienter, teils neuer Verkehrsmittel und -formen sowie ein sinnvolles Verkehrsmanagement.
Vor diesem Hintergrund begrüsst es die Handelskammer beider Basel sehr, dass mit der Anpassung der entsprechenden Objektblätter dem Fortschritt verschiedener Verkehrsprojekte Rechnung getragen wird. Damit werden die richtplanerischen Grundlagen für die Gewährleistung der Erreichbarkeit geschaffen. Insbesondere erachten wir es als wichtig, dass im Richtplan bei einer Reihe von Bauvorhaben, welche als Massnahmen des A-Horizonts im Agglomerationsprogramm Basel, 4. Generation dem Bund eingereicht wurden, neu der Koordinationsstand «Festsetzung» eingetragen werden soll. Dies ist gemäss Bundesverordnung eine Voraussetzung dafür, dass die Projekte vom Bund im Rahmen des Agglomerationsprogramms mitfinanziert werden können.
Engpassbeseitigung A2, Verzweigung Hagnau bis Verzweigung Wiese (Rheintunnel)
Das Projekt, welches gemäss Vernehmlassungsvorlage des Bundes zum strategischen Entwicklungsprogramm Nationalstrassen in den Ausbauschritt 2023 aufgenommen werden soll, wurde bisher als «Zwischenergebnis» eingestuft und soll nun im Koordinationsstand «Festsetzung» eingetragen werden. Dies wird von der Handelskammer beider Basel ausdrücklich begrüsst, da mit dem Projekt bestehende Engpässe im Kern der Agglomeration Basel behoben werden und der Rheintunnel die Osttangente zwischen Wiese und Hagnau nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlasten wird. Die Kapazitätserweiterung wird erwartungsgemäss zu einer Verlagerung des Strassenverkehrs auf das sicherere Nationalstrassennetz führen, wodurch sich die Erreichbarkeit verbessern und die Anzahl der Unfälle vermindern wird. Diese Verlagerung wird zu einer Aufwertung der betroffenen Siedlungsgebiete führen und den Agglomerationskern weiter stärken. Insbesondere wird der Rheintunnel zu einer Verminderung der Luftschadstoffemissionen sowie einer Reduktion der Lärmbelastung beitragen.
Zubringer Bachgraben – Allschwil (ZUBA)
Das Bachgrabenareal ist eine pulsierende Wirtschaftsfläche im Kanton Basel-Landschaft in unmittelbarer Nähe zur Stadt Basel. Es umfasst eine Fläche von rund 40 Hektaren. Zusätzlich zum heutigen Bestand sollen rund 6'000 weitere Arbeitsplätze im Bereich Life-Sciences auf dem Areal entstehen. Was bislang jedoch fehlt, ist eine leistungsfähige Erschliessung des Areals – dies wirkt entwicklungshemmend. Der Zubringer Bachgraben – Allschwil (ZUBA) – ein Projekt im A-Horizont des Agglomerationsprogramms Basel – ist daher eine überfällige Massnahme zur besseren Anbindung des Arbeitsplatzgebiets an den umliegenden Raum. Die Handelskammer beider Basel begrüsst es deshalb sehr, dass das Vorhaben neu den Status «Festsetzung» im Richtplan erhalten und der Umsetzungstermin auf «kurzfristig» (0-5 Jahre) geändert werden soll.
Arlesheim/Münchenstein, Verlegung Kantonsstrasse ins Tal (inkl. Abtretung)
Zur Umsetzung der Motion Stückelberger «Erschliessung des Entwicklungsgebiets Uptown Basel» wurde die Verlegung der Kantonsstrasse vom historischen Dorfzentrum von Münchenstein ins Tal geprüft. Dies würde eine bessere Erschliessung des Arbeitsgebiets Uptown Basel ermöglichen und damit zur Standortattraktivität beitragen. Dass das Projekt nun den Status «Festsetzung» erhalten soll, wird deshalb von der Handelskammer beider Basel ausdrücklich begrüsst.
Schienennetz (Tram Bachgraben)
Wie oben ausgeführt befürworten wir eine leistungsfähige Erschliessung des Bachgrabenareals. Auch mit dem öffentlichen Verkehr muss das Entwicklungsgebiet rasch und bequem erreichbar sein. Wir fordern den Regierungsrat jedoch auf, Alternativen zu einem Tram Bachgraben zu prüfen. Eine Möglichkeit wäre die im Themendossier «Mobil in die Zukunft» skizzierte Variante, das Gebiet mit einem Peoplemover zu erschliessen. Mittels einer neu geschaffenen Peoplemover-Infrastruktur von Allschwil via Bachgraben zum Bahnhof St. Johann könnte eine neue Direktverbindung geschaffen werden. Diese Variante liesse sich möglicherweise kostengünstiger umsetzen als eine neue Traminfrastruktur.
Kantonale Radrouten
Die Handelskammer beider Basel setzt sich für ein funktionierendes Netz von Velorouten ein. Ein Solches trägt zur Erhöhung der Erreichbarkeit bei, stärkt die Attraktivität des klimaneutralen Verkehrsträgers «Velo» und ermöglicht nicht zuletzt die Ausschöpfung des Potenzials von E-Bikes. Velorouten dürfen jedoch nicht zur Beeinträchtigung anderer Verkehrsträger führen. Die Entflechtung der verschiedenen Mobilitätsformen ist, wenn immer möglich, vorzuziehen.
Ohne die konkreten Spurführungen auf deren Umsetzbarkeit hin geprüft zu haben, unterstützen wir im Wesentlichen die angedachten Optimierungen, welche Lücken im Netz schliessen und Verbindungen zu Radrouten in Frankreich oder in anderen Kantonen ermöglichen sollen. Besonders die Anbindung von Entwicklungsgebieten – etwa von Uptown Basel oder des Bachgrabenareals – begrüssen wir dezidiert. Darüber hinaus schlagen wir in unserem Themendossier «Mobil in die Zukunft» eine Reihe von Velorouten vor, welche sich in ein kantons- und länderübergreifendes Gesamtnetz an Velobahnen integrieren lassen. Wir bitten den Regierungsrat, auch diese Routen in der Richtplanung zu berücksichtigen.
Wasserkraft und Wasserstoffproduktion
Die Wasserkraft stellt ein wichtiges Rückgrat der heimischen Stromproduktion und eine zukunftsträchtige und nachhaltige Form der Stromerzeugung dar. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Winterstromproduktion der Schweiz und bildet eine optimale Ergänzung zur Geothermie sowie anderen erneuerbaren Energien – etwa der Windenergie oder der Photovoltaik – welche ungleichmässig bzw. vermehrt in den Sommermonaten Strom liefern. Die Handelskammer beider Basel ist deshalb erfreut, dass der Kanton Basel-Landschaft seiner bundesrechtlichen Pflicht nachkommt und neben der Festlegung von geeigneten Standorten für die Windkraft dasselbe nun mit der Einführung des neuen Objektblatts für die Wasserkraft nachholt. Damit werden die raumplanerischen Voraussetzungen für den Ausbau der Wasserkraft im Kanton Basel-Landschaft geschaffen.
Eng verbunden mit der Wasserkraft birgt auch die Produktion von Wasserstoff zum Antrieb von (schweren) Fahrzeugen und für industrielle Anwendungen grosses Potenzial. Insbesondere auf langen Strecken oder bei Anwendungsbereichen, wo eine Batterie zu schwer ist, bietet die Wasserstofftechnologie Vorteile gegenüber anderen Antriebsarten. Dies wurde auch von Akteuren in der Region Basel erkannt. So haben etwa die IWB und die Fritz Meyer AG ein Baugesuch für den Bau eines Elektrolyseurs auf der Kraftwerkinsel Birsfelden eingereicht. Um solche Projekte künftig zu erleichtern und geeignete Flächen zu sichern, fordern wir den Regierungsrat auf, im Richtplan potenzielle Standorte für Wasserstoffproduktionsanlagen in geeigneter Form auszuweisen.
In seiner Antwort auf die Interpellation 2021/443 von Martin Dätwyler schreibt der Regierungsrat, «für die Produktion von Wasserstoff (stehen) unter den heutigen Voraussetzungen Standorte in der näheren Umgebung von Kraftwerken im Vordergrund, bei denen erneuerbarer Strom in grossem Umfang zu günstigen Konditionen produziert wird und der Elektrolyseur über eine Leitung direkt ab dem Kraftwerk versorgt werden kann. Im Kanton Basel-Landschaft sind das nach heutigem Kenntnisstand Standorte in Nähe der beiden Grosswasserkraftwerke Augst und Birsfelden». Da geeignete Standorte zur Produktion von Wasserstoff im Kanton Basel-Landschaft offenbar rar sind, ist es umso wichtiger, dass diese im Kantonalen Richtplan als solche ausgewiesen werden. Wir fordern den Regierungsrat in diesem Zusammenhang zudem auf, zu prüfen, ob neben den beiden Grosswasserkraftwerken weitere Standorte, etwa Industrieareale, in Frage kommen könnten.