Stellungnahme zur Landratssitzung vom 22. Juni 2023
Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Landratssitzung vom 22. Juni 2023 Stellung.
Traktandum 23: Anerkennung der erneuerbaren Gase als erneuerbare Energie; 2023/223; Motion Christine Frey
Die Motion fordert den Regierungsrat auf, das kantonale Energiegesetz, die kantonale Energieverordnung und die dazugehörenden Dekrete dahingehend anzupassen, dass erneuerbare Gase als erneuerbare Energie anerkannt und erneuerbarem Strom gleichgestellt werden. Für die Handelskammer beider Basel ein längst überfälliger Schritt. Erneuerbare Gase sind insbesondere für die Industrie eine grosse Chance, klimaneutral zu werden. Wasserstoff kann als chemischer Speicher zum Transferieren der zunehmenden sommerlichen Energieüberschüsse in den Winter eine wichtige Rolle spielen. Erneuerbare Gase können zudem helfen, den schwankenden Stromverbrauch zu glätten und so Spitzenbelastungen abzufedern. Dies wird in den nächsten Jahren essenziell sein für die Stabilität unserer Stromversorgung.
Des Weiteren teilt die Handelskammer beider Basel die Ansicht der Motionärin, dass ein deutlich schnelleres Wachstum des Anteils an erneuerbarem Gas in der Schweizer Gasversorgung möglich wäre, wenn die politischen Rahmenbedingungen weniger einschränkend wären.
Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.
Traktandum 25: Rückbau Osttangente – Auswirkungen auf den Verkehr im BL; 2023/211; Postulat Rolf Blatter
Die Handelskammer beider Basel spricht sich klar für den kürzlich vom Nationalrat befürworteten Bau des Rheintunnels aus, da mit dem Projekt bestehende Engpässe im Kern der Agglomeration Basel behoben werden und die Osttangente nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet wird. Somit steht dort künftig mehr Kapazität für den Quell-, Ziel- und Binnenverkehr zur Verfügung. Die Kapazitätserweiterung wird erwartungsgemäss zu einer Verlagerung des Strassenverkehrs auf das sicherere Nationalstrassennetz führen, wodurch sich die Anzahl der Unfälle vermindert. Diese Verlagerung wird zudem zu einer Aufwertung der betroffenen Siedlungsgebiete führen und den Agglomerationskern weiter stärken. Insbesondere wird der Rheintunnel zu einer Verminderung der Luftschadstoffemissionen sowie einer Reduktion der Lärmbelastung im Siedlungsgebiet beitragen. Dies nicht zuletzt, da der Rheintunnel einen wesentlichen Teil des Schwerverkehrs aufnehmen wird.
Eine gewichtige Voraussetzung für die mit dem Projekt Rheintunnel verfolgten Ziele ist der Kapazitätserhalt auf der bestehenden Osttangente. Nur wenn die frei werdende Kapazität dem individuellen, motorisierten Quell-, Ziel- und Binnenverkehr zur Verfügung gestellt wird, kann eine Verlagerung vom Stadtstrassennetz auf die Autobahn forciert werden. Die Handelskammer beider Basel lehnt deshalb einen teilweisen oder vollständigen Rückbau der Osttangente dezidiert ab. Ein vollständiger Rückbau steht bei vernünftiger Betrachtung nicht zur Debatte, da der Rheintunnel die gesamte Verkehrsmenge keinesfalls aufnehmen könnte und die Fahrzeuge stattdessen die Quartiere massiv belasten würden. Der hauptsächlich für den Durchgangsverkehr (20-25 Prozent des Verkehrsaufkommens auf der Osttangente, Stand heute) konzipierte Rheintunnel kann die Erschliessungsfunktion der Osttangente mit ihren Auf- und Abfahrten für den Ziel-, Quell- und Binnenverkehr (75-80 Prozent des Verkehrsaufkommens auf der Osttangente, Stand heute) nicht übernehmen.
Auch ein teilweiser Rückbau der Osttangente ist dezidiert abzulehnen. Wie der Regierungsrat schreibt, würde ein Kapazitätsabbau auf der Osttangente im Umfang der geplanten Entlastungswirkung eines Rheintunnels auf Seite BL dazu führen, dass die positiven Effekte des Rheintunnels auf das nachgelagerte Strassennetz verpuffen würden. Das bedeutet, dass insbesondere im Raum Birsfelden die angestrebte Entlastungswirkung nicht erreicht würde. In der Ortsdurchfahrt (Hauptstrasse/Rheinfelderstrasse) sind mit der Eröffnung des Rheintunnels Abnahmen von rund 30 Prozent und auf der Birseckstrasse von rund 40 Prozent im Prognosejahr 2040 (Vergleich Zustand mit/ohne Rheintunnel) zu erwarten. Diese Entlastungswirkung ist im Interesse der Wohnbevölkerung sicherzustellen, indem der Verkehr auf dem sichereren Nationalstrassennetz kanalisiert wird. Auch das Bundesamt für Strassen rät dringend von einer Kapazitätsreduktion auf der Osttangente ab.
Letztlich muss erwähnt sein, dass der Rheintunnel die hohe Qualität der Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandorts und Lebensraums Basel strassenseitig erhalten soll. Angesichts der Wachstumsaussichten der Region gibt es keine Alternative zum punktuellen Ausbau des Verkehrsnetzes. Dies gilt gleichermassen für andere Verkehrsträger.
Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und das Postulat zu überweisen.
Traktandum 28: ÖV-Erschliessung des Bachgrabenareals verbessern; 2023/221; Postulat Jan Kirchmayr
Das Bachgrabenareal in Allschwil ist ein boomender Life Sciences-Hub, auf dem in den nächsten Jahren circa 6'000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Ein grosses Fragezeichen stellt jedoch die verkehrliche Erschliessung dar. Wie sollen die tausenden Arbeitnehmenden, Kunden und Geschäftspartner künftig ihr Ziel erreichen? Wie im Postulat erwähnt, wird das geplante Bauprojekt Zubringer Bachgraben, welches frühestens 2027/2028 in Bau gehen wird, kurzfristig noch keine verkehrliche Entlastung bieten. Die Handelskammer beider Basel unterstützt deshalb das Ansinnen, zu prüfen, ob die bestehende Busanbindung des Bachgrabengebietes ausgebaut werden kann.
Die Handelskammer beider Basel hat sich zudem im Rahmen ihres Themendossiers «Mobil in die Zukunft» mit neuen Möglichkeiten zur Erschliessung des Bachgrabenareals auseinandergesetzt, welche das Potenzial bieten, die bereits existierenden oder geplanten Erschliessungsarten (beispielsweise den Zubringer Bachgraben) künftig zu ergänzen. Neben automatisierten Minibussen zur Erfüllung von Zubringerfunktionen innerhalb des Bachgrabenareals und direkteren Velorouten könnte ein Peoplemover eine wichtige Rolle zur Anbindung des Bachgrabenareals via Bahnhof St. Johann an das stadtweite S-Bahn-System spielen. Wir bitten den Regierungsrat, diese Alternativen zusätzlich abzuklären.
Wir bitten Sie, das Postulat zu überweisen.
Traktandum 29: Separative Beschulung den heutigen Bedürfnissen anpassen; 2023/239; Motion Miriam Locher
Die Handelskammer beider Basel hat schon beim Beitritt zum Sonderpägdagogik-Konkordat darauf hingewiesen, dass die integrative Schule mit Augenmass umgesetzt werden müsse. Die Wirtschaft lehnt es ab, dass Kinder und Jugendliche mit schweren Lern-, Leistungs- und Verhaltensauffälligkeiten in der Regelklasse vorrangig geschult werden. Gemäss Rückmeldungen aus den Schulen und Kritik von Eltern scheint das bisher angewandte Konzept nun an seine Grenzen zu stossen.
Seitens Wirtschaft gilt es zudem das Wohl von Kindern und Jugendlichen in der Regelklasse zu berücksichtigen, welche teilweise unter der integrativen Schule leiden: Eine zu starke Heterogenität in den Klassenverbänden kann das Leistungsniveau beeinträchtigen und die Förderung von leistungsstarken Schülerinnen und Schülern erschweren oder sogar verunmöglichen.
Wir bitten Sie, der Regierung zu folgen und die Motion als Postulat zu überweisen.
Traktandum 36: Zweckmässigkeitsüberprüfung für die A22 im Raum Liestal/Lausen; 2023/256; Postulat Thomas Eugster
Die Handelskammer anerkennt den Handlungsbedarf bei der A22 im Raum Liestal/Lausen. Als Wirtschaftsverband, der sich seit jeher für die wichtigen Infrastrukturprojekte der Region starkmacht, wissen wir, dass solche Vorhaben einen langen Planungs- und Umsetzungshorizont haben. Entsprechend wichtig ist es, rasch mit der geforderten Zweckmässigkeitsüberprüfung zu beginnen. Allerdings liegt die Verantwortung jetzt beim ASTRA und dort gibt es auch aus Sicht des Kantons Basel-Landschaft Projekte, welche dringlicher sind. Allen voran der Rheintunnel sowie der 8-Spur-Ausbau zwischen Hagnau und Augst, welche im strategischen Entwicklungsprogramm (STEP-Nationalstrasse) mit Realisierungshorizont 2030 aufgenommen sind. Auch Ausbauten entlang des Korridors N18 sowie der Ringschluss um Basel als mittelfristige Perspektive sind prioritär zu behandeln.
Nichtsdestotrotz macht es aus Sicht der Handelskammer beider Basel Sinn, im Hintergrund vorbereitende Arbeiten zur möglichen Linienführung einer Tunnellösung zu starten. Damit wird die Grundlage geschaffen, das Projekt in einen zukünftigen STEP-Ausbauschritt aufzunehmen. Für alle anstehenden Infrastrukturprojekte im Raum Basel ist es unabdingbar, dass die Region mit einer Stimme spricht und in Bern geschlossen auftritt.
Wir bitten Sie, das Postulat zu überweisen.