Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 10., 17. und 24. Januar 2024
Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzungen von Mittwoch, 10., 17. und 24. Januar 2024 Stellung.
Traktandum 10: Einführung einer Klimawirkungsabschätzung sowie Motion Jo Vergeat und Konsorten betreffend Einführung einer Klimafolgenabschätzung für klimarelevante Geschäfte im Grossen Rat, Bericht der UVEK
Bereits heute hält das kantonale Umweltschutzgesetz (USG BS) in §51 Abs. 2 fest, dass der Regierungsrat in den Vorlagen an den Grossen Rat jeweils auch über die Bedeutung eines Vorhabens für die Umwelt berichtet. Dementsprechend ist die Forderung der Motion Jo Vergeat und Konsorten bereits heute im Grundsatz erfüllt. Die UVEK beantragt ungeachtet dem Grossen Rat eine wesentliche Ausweitung des Anwendungsbereiches im Vergleich zu den Umsetzungsvorschlägen des Regierungsrates. Auch Geschäfte aus den a priori kaum klimarelevanten Bereichen Kultur, Sport, Tourismus und Standortförderung sollen neu entgegen dem Regierungsratschlag systematisch untersucht werden. Zudem hat die UVEK die Schwelle zur Durchführung einer Klimawirkungsabschätzung, welche bei Ausgabenbewilligungen von über 1.5 Mio. Franken angesetzt war, auf solche von über 0.3 Mio. Franken gesenkt – dies entgegen den Vorbehalten der zuständigen Fachleute in den Departementen. Statt geschätzten 30 – 40 Geschäften müssten nun rund 70 – 80 Geschäfte einer Klimawirkungsabschätzung unterzogen werden.
Dies führt ohne Not zu erheblichem Mehraufwand und zur Absorbierung von Ressourcen innerhalb der Verwaltung – Ressourcen, welche ansonsten für die tatsächliche Erreichung des Klimaschutzzieles verwendet, werden könnten. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass mit einer ausgedehnten Klimawirkungsabschätzung andere berechtigte Interessen in den Hintergrund treten und die Geschäfte zunehmend eindimensional beraten werden. Die Regulierungsdichte nimmt seit einigen Jahren spürbar zu. Die Einführung einer Klimafolgenabschätzung in vorgeschlagener Form steht dem Ansinnen zur Reduktion von Bürokratie diametral entgegen. Die Handelskammer lehnt aus den genannten Gründen den im Beschlussentwurf angelegten ineffizienten Bürokratieaufbau ab.
Wir bitten Sie, den vorgeschlagenen Beschluss abzulehnen.
Traktandum 13: Förderung der Ladeinfrastruktur in Parkhäusern und Parkierungsanlagen sowie Motion der UVEK betreffend «einen raschen Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos in Basel-Stadt», Bericht der UVEK
Die Handelskammer beider Basel hat sich bereits zur Motion der Umwelt, Verkehrs- und Energiekommission betreffend «einem raschen Ausbau der Ladeinfrastruktur
für E-Autos in Basel-Stadt» geäussert. Wir haben uns bei dieser Gelegenheit grundsätzlich für die Förderung von Ladestationen für die E-Mobilität ausgesprochen. Jedoch haben wir gefordert, dass der Ausbau bedarfsgerecht und unter Wahrung der Technologieneutralität erfolgt. Wir sind deshalb erfreut, dass der Ausbau gemäss dem neuen Beschlussentwurf auf der Grundlage einer Bedarfsanalyse erfolgen soll und damit unserer Forderung entsprochen wird. Statt der ursprünglich angedachten unverhältnismässigen Erstellung von 2'000 Ladestationen durch den Staat soll die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge (staatlich und privat) bedarfsgerecht zu 60 Prozent mittels ZEM gefördert werden. Wir begrüssen es, dass dafür keine Steuergelder verwendet werden, merken jedoch an, dass wir eine Lösung ohne einen zusätzlichen Fonds bevorzugt hätten.
Mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge wird eine wichtige Voraussetzung für die Elektrifizierung und Dekarbonisierung des Verkehrs geschaffen. Dies ist ein zentrales Element, um die Erreichung der Klimaziele mit einer optimalen Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandortes zu vereinbaren.
Wir bleiben jedoch bei unserer Einschätzung, dass bei der Ausgestaltung der Rahmenbedingungen des künftigen Mobilitätssystems die Technologieneutralität gewahrt werden muss. Sollten sich weitere Antriebstechnologien als vielversprechend erweisen, muss auch für diese optimale Voraussetzungen geschaffen werden. Die Wasserstoff-Technologie (unabhängig des letztlichen Verwendungszwecks) muss gemäss Anzug Daniel Albietz und Konsorten betreffend «Die Region Basel fit für Wasserstoff machen» gefördert werden.
Aufgrund der durch den Regierungsrat und die UVEK durchgeführten Anpassungen können wir dem Vorhaben zustimmen.
Wir bitten Sie, dem Beschlussentwurf zuzustimmen.
Traktandum 14: Stärkung der Innovationsförderung Basel-Stadt 2023/24 bis 2030 sowie Bericht zu fünf Anzügen, Bericht der WAK Antrag auf Terminierung auf 17. Januar 2024, 15.00 Uhr
Die Handelskammer beider Basel begrüsst das kantonale Investment in die, im Ratschlag aufgeführten Themen und Technologien, welche heute und künftig für die Wirtschaft am Platz Basel hoch relevant sind. Wir begrüssen auch die dazu korrespondierende Kongressförderung sowie Aktivitäten zur Ansiedlung und Unterstützung von Jungunternehmen. Seit über 10 Jahren hat die Handelskammer mit dem «Life Sciences Cluster Basel» und dem «Logistikcluster Region Basel» die beiden Leitbranchen der Region im Fokus. Seit 2019 fördern wir mit der Plattform «be-digital basel» das digitale Unternehmertum und stärken die regionale ICT-Branche.
Um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und den Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln – um die Attraktivität unserer Region sowohl für Unternehmen als auch für Fachkräfte zu sichern – ist die Zusammenarbeit aller relevanten Akteure unerlässlich. Sowohl der «Life Sciences Cluster» als auch «be-digital basel» betreibt die Handelskammer beider Basel zusammen mit einer Trägerschaft, bestehend aus führenden Unternehmen sowie den Hochschulen der Region. Der Logistikcluster ist seit Jahren ein erfolgreicher Public Private Partnership.
Es existieren demnach private Trägerschaften und Strukturen, welche dieselben Zielsetzungen wie die, im Ratschlag aufgeführten Programme verfolgen. Die Trägerschaft von «be-digital basel» verfolgt zum Beispiel ebenfalls das Ziel, in der Region Basel ein funktionierendes Ökosystem rund um Entwicklung und Anwendung von digitalen Technologien zu entwickeln und hat hierfür bereits gezielte Aktivitäten an die Hand genommen. Mitunter führen wir bereits Gespräche mit den beiden Basler Standortförderungen, um gemeinsam einen ICT-Accelerator zu entwickeln und zu betreiben.
Zusätzlich staatliche Strukturen aufzubauen, ist demnach nicht nötig, eher kontraproduktiv. Dies führt unweigerlich zu Doppelspurigkeit und Verzettelung der Ressourcen. Es gilt den Pfad der Kräfte-Bündelung konsequent weiterzugehen und auf bereits existierende Trägerorganisationen und Strukturen aufzubauen.
Wir bitten Sie, den vorgeschlagenen Beschluss der WAK anzunehmen.
Traktandum 28-32: Motionen zum Wohnraumfördergesetz (WRFG) und zur Wohnraumschutzverordnung (WRSchV)
Die Zwischenbilanz zum Wohnschutzgesetz ist desaströs. Aufgrund der grossen Rechtsunsicherheit und der völligen Überregulierung ist es in Basel sehr schwierig geworden Liegenschaften zu renovieren. Das zeigt auch die Berichterstattung in den Medien zu einigen Fällen, welche Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer im Zusammenhang mit den neuen Wohnschutzbestimmungen erleiden mussten. Diese Beispiele lassen aufhorchen und führen zum Schluss, dass die gesetzlichen Bestimmungen im Wohnraumfördergesetz (WRFG) und/oder in Wohnraumschutzverordnung (WRSchV) dringend angepasst werden müssen.
Deshalb empfiehlt die Handelskammer beider Basel das gesamte Paket an eingereichten Vorstössen zur Annahme. So sollen vermietete Stockwerkeigentumswohnungen, die schon vor Inkrafttreten der Änderungen des WRFG und des WRSchV im Stockwerkeigentum waren von der Bewilligungspflicht ausgenommen werden (Motion betreffend Anpassung der Wohnschutzbestimmungen im Bereich des Stockwerkeigentums). Gleiches gilt für energetische Sanierungen. Unter der aktuellen Gesetzgebung haben Vermieterinnen und Vermieter keinerlei Anreize Investitionen in energetische Umrüstungen und Verbesserungen zu tätigen. Denn diese energetischen Sanierungen gingen Zulasten der bei den entsprechenden Pensionskassen versicherten Rentner. Dabei wären es die Mieterinnen und Mieter, die durch tiefere Heizkosten profitieren würden (Motion betreffend Anpassung der Wohnschutzbestimmungen im Bereich der energetischen Sanierungen). Des weiteren ist klar, dass die Wohnschutzkommission versachlicht, d.h. entpolitisiert, entideologisiert und im Verhältnis zu den Mieter- und Vermieterorganisationen entpersonalisiert werden muss. Zudem sollte die Kommission aus mindestens 5 Personen bestehen, welche u.a. die Bereiche Bauen, Stadtplanung, Architektur, Immobilienwirtschaft, Gesellschaft und Soziales abdecken (Motion betreffend Anpassung der Wohnschutzbestimmungen im Bereich Wohnschutzkommission). Auch braucht es eine konzisere und aussagekräftigere Erhebung des Wohnungsleerstand nach Wohnungsgrösse, Preiskategorie und Standort. Die rigiden Wohnschutzbestimmungen sind auf Wohnungsbestände zu beschränken, die gemäss jährlicher Leerstanderhebung einer Wohnungsnot gemäss aktueller Verfassungsbestimmung unterliegen. Dies ermöglicht es Massnahmen nicht nach dem Giesskannenprinzip, sondern gezielt zu ergreifen (Motion betreffend Definition Wohnungsnot).
Wie die bisher bearbeiteten Fälle zeigen, ist das Gesetz wenig praxistauglich. Das Bewilligungsverfahren ist administrativ aufwendig und kompliziert («Bürokratiemonster»). Es besteht ein Bedarf an einer schnelleren und effektiveren Entscheidungsfindung. Die gesetzlichen Bestimmungen müssen grundlegend überarbeitet werden, und zwar sowohl in Bezug auf das Bewilligungserfordernis, in Bezug auf die Verfahren und in Bezug auf die Prüfung und Beurteilung der zulässigen Mietzinserhöhung. Aus den aufgeführten Gründen unterstützen wir auch die «Motion betreffend Anpassung der Wohnschutzbestimmungen in Bezug auf das Bewilligungsverfahren» mit Nachdruck.
Wir bitten Sie, die fünf Motionen zum Wohnraumfördergesetz (WRFG) und zur Wohnraumschutzverordnung zu überweisen.
Traktandum 33: Motion 6 Raphael Fuhrer und Konsorten betreffend keine finanziellen Fehlanreize für Fahrzeuge mit übermässigem Verbrauch von Ressourcen: Anpassung der Motorfahrzeugsteuer
Der Vorstoss verlangt eine Erhöhung der finanziellen Belastung durch die Motorfahrzeugsteuer in Abhängigkeit des jeweiligen Ressourcenverbrauchs der Fahrzeuge. Es wird angeregt, eine quadratisch (statt linear) ansteigende Progression für klimaschädliche Autos sowie eine jährlich ansteigende Erhöhung der finanziellen Belastung bis zu einem politisch vordefinierten Zielzustand einzuführen. Die Daumenschraube zur Erreichung ideologischer Ziele soll also angezogen werden. Die Handelskammer steht diesem Ansinnen skeptisch gegenüber. Denn damit wäre eine markante Mehrbelastung für Unternehmen verbunden, welche auf schwere Nutzfahrzeuge angewiesen sind. Solche Fahrzeuge werden etwa in der Logistik, einer Leitbranche der Region mit rund 13'000 Erwerbstätigen und einer zentralen Querschnittsfunktion für die gesamte Wirtschaft verwendet. Auch die wichtige Baubranche wäre betroffen. Verlagerungen der Geschäftsaktivitäten, welche wiederum mit Mehrverkehr verbunden sein können, sind eine mögliche Konsequenz.
Als Handelskammer sind wir der Ansicht, dass moderne Fahrzeuge ohne klassischen Verbrennungsmotor auch ohne zusätzliche direkte oder indirekte Förderung sehr attraktiv sind. Tiefere Unterhaltskosten und geringe Abschreibungen sind Vorzüge rein technischer Natur. Die Einsparungen bei der Treibstoff- und Schwerverkehrsabgabe beruhen dagegen auf bestehenden regulatorischen Anreizen. Diese Vorzüge gelten insbesondere für die intensiv genutzten Nutzfahrzeuge. Es ist daher davon auszugehen, dass zahlreiche fossil betriebene Nutzfahrzeuge nach überschreiten ihrer Lebensdauer durch CO2-arme oder sogar CO2-neutrale Fahrzeuge ersetzt werden. Zahlreiche Unternehmensinitiativen untermauern diese Einschätzung. Zusätzliche staatliche Anreize beurteilen wir als nicht zielführend.
Dies auch vor dem Hintergrund, dass dem Regierungsrat bereits mit dem aktuellen Gesetz über die Besteuerung der Motorfahrzeuge Instrumente zur Erteilung von Steuerrabatten und -Zuschlägen in Abhängigkeit von deren Klimaneutralität zur Verfügung stehen. Zudem wird der MIV mit einem schweizweiten Kostendeckungsgrad von 86 Prozent (2018) gegenüber ÖV Schiene (46 Prozent) und ÖV Strasse (44 Prozent) dem Verursacherprinzip wesentlich stärker als andere Verkehrsformen gerecht. Eine weitere Verschärfung des Gesetzes lehnen wir ab.
Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.
Traktandum 38: Anzug 1 Catherine Alioth und Konsorten betreffend die Umsetzung der Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung während des Maturitätslehrgangs gemäss Maturitätsanerkennungsverordnung (MAV)
Der Kanton Basel-Stadt hat nach wie vor eine der höchsten Maturitätsquoten der Schweiz. Studien zeigen, dass Studierende aus Kantonen mit vergleichsweise hohen Maturitätsquoten ein höheres Risiko aufweisen, ihr Studium abzubrechen. Da Studienabbrüche mit hohen gesellschaftlichen und individuellen Kosten verbunden sind, braucht es griffige Massnahmen, um Studienabbrüche zu minimieren. Die Gründe für Studienabbrüche sind vielfältig. Erste Erhebungen der Universität Basel zeigen, dass oft ein fehlender Praxis- und Arbeitsmarktbezug als Grund für den Studienabbruch genannt wird.
Die Handelskammer hält die im Anzug vorgeschlagenen Massnahmen zur Einrichtung einer verbindlichen und umfassenden Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung für zielführend, um Studienabbrüche zu senken. Eine Beratung, die den Schülerinnen und Schülern umfangreiche Informationen nicht nur zu den verschiedenen Studienfächern, sondern auch zu Ausbildungs- und Karrierewegen ausserhalb der Universität liefert, verspricht nicht allein, Studienabbrüche zu verringern, sondern bereitet die Schülerinnen und Schüler auch bestens auf das spätere Berufsleben vor.
Wir bitten Sie, den Anzug zu überweisen.
Traktandum 93: Motion Luca Urgese und Konsorten betreffend neues Steuerrechnungsmodell, statt Steuerinkasso auf die Unternehmen abwälzen, Stellungnahme des RR
Die Handelskammer begrüsst die Bereitschaft des Regierungsrates, das Anliegen der Motion im Rahmen der Einführung einer provisorischen Rechnung zu prüfen. Es bleibt das vorgängige Ziel, dass die Steuerpflichtigen bei der Planung und der Vorauszahlung ihrer Steuern besser unterstützt werden können und die Zahl der Steuerpflichtigen mit Schulden gesenkt werden kann. Dabei muss die Verantwortung für das Steuerinkasso beim Kanton bleiben und darf nicht auf private Arbeitgeber abgewälzt werden. Eine Lösung rein mit einer provisorischen Rechnung dürfte dieses Ziel nur teilweise erreichen. Die zusätzlichen Vorschläge der Motion müssen daher ergebnisoffen in diese Projektarbeiten mit einbezogen werden.
Wir bitten Sie, die Motion als Anzug zu überweisen.