Stellungnahmen zur Grossratssitzung vom 19. und 26. März 2025

14.03.2025

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzung vom 19. und 26. März 2025 Stellung.

Traktandum 12: Gesetz betreffend Lohngleichheitsanalysen (Lohngleichheits-
analysengesetz, LAG), Bericht der WAK zur zweiten Lesung

Motion Nicole Amacher und Konsorten betreffend Lohngleichheit: Lohngleichheitsanalysen für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden

Bitte beachten Sie die gemeinsame Stellungnahme von Arbeitgeberverband Region Basel, Gewerbeverband Basel-Stadt und Handelskammer beider Basel.

Traktandum 23: Anzug 1 Beda Baumgartner und Konsorten betreffend Arbeitszeitverkürzung für KMUs in einem Pilot ermöglichen

Der Anzug fordert ein dreijähriges Pilotprojekt in Form einer staatlich finanzierten freiwilligen Einführung der 4-Tage-Woche in KMU. Dieses soll wissenschaftlich begleitet werden.

Unternehmen passen sich laufend an die Erfordernisse des Arbeitsmarktes an, um die benötigten Arbeitskräfte rekrutieren zu können. So lässt sich beispielsweise aufgrund der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung feststellen, dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Vollzeitarbeitnehmenden rückläufig ist. Und dass der Anteil der Teilzeiterwerbstätigen in den letzten 20 Jahren laufend angestiegen ist. Es findet also bereits laufend eine Reduktion der Arbeitszeit statt, die im Einklang mit den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Unternehmen und der Arbeitnehmenden steht. Ein weiterer staatlicher Eingriff in das Verhältnis zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden ist daher nicht erforderlich und entschieden abzulehnen. Zudem ist zu bedenken, dass die staatliche Mitfinanzierung von Löhnen zu einer ungerechtfertigten und ungerechten Wettbewerbsverzerrung führt.

Wir bitten Sie, den Anzug nicht zu überweisen.

Traktandum 41: Motion Luca Urgese und Konsorten betreffend Einführung eines jährlichen Grossratsbeschlusses über den kantonalen Einkommenssteuerfuss, Stellungnahme des RR

Die Motion fordert, dass der Grosse Rat künftig jährlich im Rahmen der Budgetdebatte über den kantonalen Steuerfuss für die Einkommenssteuer entscheiden kann. Der Steuerfuss ist ein bewährtes Instrument in praktisch allen Gemeinden und Kantonen der Schweiz. Aufgrund der aktuellen finanziellen Lage und der Budgetprognose kann das zuständige Gremium darüber entscheiden, wie hoch im kommenden Jahr die effektive Steuerbelastung sein soll. Dabei ist festzuhalten, dass der Steuerfuss in beiden Richtungen verändert werden kann, bei Bedarf also auch eine Erhöhung erfolgen kann.

Die Handelskammer ist der Ansicht, dass die Steuersätze des Kantons nach wie vor zu hoch sind. Die hohen Überschüsse der letzten Jahre zeigen, dass der Kanton Basel-Stadt zu viel Steuern einnimmt. Die Einführung eines jährlichen Beschlusses über den Steuerfuss kann daher für eine Senkung der Einkommenssteuertarife kein Ersatz sein. Dennoch unterstützt sie den Vorstoss. Er macht es möglich, künftig schneller auf die finanzielle Entwicklung des Kantons zu reagieren und die Bevölkerung nur so stark zu belasten, wie es für den Kantonshaushalt effektiv notwendig ist.

Entgegen der Darstellung des Regierungsrates kann dabei den Anliegen der Landgemeinden einfach Rechnung getragen werden. Indem der kantonale Steuerfuss ausschliesslich auf die Kantonssteuerquote, also den kantonalen Anteil der Steuereinnahmen, angewendet wird, bleiben die kommunalen Finanzen unbeeinträchtigt.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 42: Motion Lorenz Amiet und Konsorten betreffend Neues Steuerpaket-Kaufkraft bei der Bevölkerung statt Überschüsse beim Kanton, Stellungnahme des RR

Der Kanton Basel-Stadt weist auch nach dem dieses Jahr in Kraft getretenen Steuerpaket einen substanziellen strukturellen Überschuss auf. Dies zeigt sich durch die jährlich auftretenden hohen Überschüsse des Kantons: Trotz eines starken Ausgabenwachstums und einem anhaltend hohen Investitionsniveau erzielt der Kanton jedes Jahr sehr positive Rechnungsabschlüsse. Die Handelskammer unterstützt deshalb Bestrebungen, die Bevölkerung weiter zu entlasten und die im schweizweiten Vergleich nach wie vor hohe Steuerbelastung zu reduzieren.

Die vorliegende Motion fordert ein neues Steuerpaket im Umfang von ungefähr 150 Millionen Franken. Dies wäre ein substanzieller Schritt hin zu einer Angleichung der Einnahmen an das Ausgabenniveau des Kantons. Insbesondere für Einkommen unter 200'000 Franken wäre das eine bedeutende Entlastung. Der Kanton würde damit für Arbeitskräfte deutlich an Attraktivität gewinnen.

Der Regierungsrat hält eine weitere Senkung für verfrüht. Hierzu ist festzuhalten, dass ein solches Steuerpaket frühestens in 2-3 Jahren wirksam werden könnte. Es bleibt also ausreichend Zeit, die weitere Entwicklung der Kantonsfinanzen zu beobachten, bevor der definitive Entscheid über eine Steuersenkung fällt. Zudem bestehen auch hier Lösungsansätze, damit die kommunalen Finanzen nicht negativ beeinträchtigt werden.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 45: Motion Daniel Albietz und Konsorten betreffend Restfinanzierungs-darlehen für gemeinnützige Wohnbauträger, Stellungnahme des RR

Die bestehende Bauträgerneutralität, die mit breiter Zustimmung im Kompromiss zu «Basel baut Zukunft» verankert wurde, fördert ein ausgewogenes Marktumfeld und bindet private Investoren in den preisgünstigen Wohnungsbau ein. Eine einseitige Förderung von Genossenschaften widerspricht diesem gefundenen Grundsatz. Schon heute sind gemeinnützige Bauträger weitgehend von den Einschränkungen des Wohnraumfördergesetzes (WRFG) ausgenommen und können durch kantonale Bürgschaften unterstützt werden. Wie die Regierung ausführt, besteht bei der Gewährung von Restfinanzierungen «die Gefahr, dass solche (Restfinanzierungs-)Darlehen den Immobilienmarkt verzerren und den Preis nach oben treiben könnten. Private Käufer könnten gezwungen sein, höhere Preise zu zahlen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Zudem besteht das Risiko, dass bei einem überhöhten Kaufpreis die kalkulierte Kostenmiete die Marktmiete übersteigt und somit das Ziel, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, verfehlt wird.» 

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 69: Motion Daniel Albietz und Michael Hug betreffend Wiedereinführung des Gebietsprinzips im Bau- und Gastgewerbeinspektorat (BGI), Stellungnahme des RR

Das Anliegen der Motionäre wurde mehrfach von der betroffenen Baubranche geäussert. Zudem hat das Parlament diese Forderung mit über 74 Ja-Stimmen deutlich unterstützt. Für die Handelskammer ist es daher schwer nachvollziehbar, weshalb die Regierung diese Massnahme nicht umsetzen möchte. Die rechtliche Zulässigkeit wurde bereits in der ersten Ratsdebatte thematisiert. Dennoch wurde das Anliegen überwiesen.

Ähnlich wie die Motion «kundenfreundliche Öffnungszeiten beim Bau- und Gastgewerbeinspektorat», die vom Regierungsrat ebenfalls als rechtlich unzulässig erachtet, vom Grossen Rat aber dennoch überwiesen wurde, soll die Rückkehr zum Gebietsprinzip weiterhin als Massnahme gefordert werden.

Die Aussage, dass die Fristen durch die Änderung der Gebietszuständigkeit nun besser eingehalten werden können, sehen wir kritisch. Wahrscheinlicher ist, dass dies auf zusätzliches Personal und einen substanziellen Rückgang der Baugesuche zurückzuführen ist.

Die Handelskammer empfiehlt, diesen Vorstoss als Motion zur Erfüllung zu überweisen, um eine effiziente und ortsnahe Baubegleitung sicherzustellen. Das bewährte Gebietsprinzip bietet wesentliche Vorteile: Die zuständigen Bauinspektorinnen und -inspektoren kennen die spezifischen Gegebenheiten ihrer Quartiere und können sich dadurch schneller und präziser in Bauprojekte einarbeiten. Durch die Vertrautheit mit den Projektbeteiligten und die oft gleiche Zuständigkeit entsteht ein Synergieeffekt, der die Bearbeitungszeit verkürzt und zu einem effizienteren Ablauf führt.

Wir bitten Sie, die Motion zur Erfüllung zu überweisen.

Traktandum 77: Motion Joël Thüring betreffend Ausbildungsobligatorium - zur Erhöhung der Abschlussquote im Kanton Basel-Stadt, Stellungnahme des RR

Der Kanton Basel-Stadt weist schweizweit die niedrigste Abschlussquote auf der Stufe Sek II auf: Nur 85,4% der Jugendlichen haben bis zum Alter von 25 Jahren eine Lehre oder eine weiterführende Schule abgeschlossen. Das bedeutet: Von 100 Jugendlichen verfügen ganze 15 im Alter von 25 Jahren über keinen Abschluss auf der Sekundarstufe II. Die Konsequenzen für Wirtschaft, Gesellschaft und die Betroffenen selbst sind schwerwiegend, wie der Motionär belegt.

Wie der Motionär sieht die Handelskammer hier einen dringenden Handlungsbedarf. Bereits im Anzug von Melanie Nussbaumer vom September 2022 (22.5329.01) wird die Idee eines Ausbildungsobligatoriums bis 18 Jahre analog zum Kanton Tessin in den Raum gestellt. Auch der zuständige Regierungsrat hält ein Ausbildungsobligatorium für eine gute Idee. Die Motion fordert nun, dass ein solches innerhalb eines Jahres realisiert wird.

Die Handelskammer sieht in einem Ausbildungsobligatorium ein geeignetes Mittel, die Abschlussquote mittelfristig zu erhöhen und weitere griffige Massnahmen vorzubereiten. Ein solches Obligatorium erlaubt dem Kanton ein effizientes Monitoring des Ausbildungsstands seiner Jugendlichen. Und auf Grundlage dieses Monitorings, das endlich gesicherte Zahlen und nicht blosse Hochrechnungen liefert, lassen sich gezielte Massnahmen zur Verbesserung der Abschlussquote ergreifen.

Wie der Motionär erwähnt, verfügt der Kanton Basel-Stadt bereits jetzt über geeignete Gefässe, um Jugendliche und junge Erwachsene zu unterstützen, die nach der obligatorischen Schulzeit Schwierigkeiten haben, eine geeignete Anschlusslösung zu finden. Diese Instrumente haben sich bewährt. Ein Ausbildungsobligatorium muss und soll deshalb nicht neue Angebote nach sich ziehen, sondern es macht einzig die bereits etablierten und bewährten Angebote verpflichtend. So fallen Jugendliche und junge Erwachsene nicht mehr durch die Maschen des Ausbildungssystems, sondern werden auf ihrem Weg zu einer Ausbildung auf der Sekundarstufe II unterstützt.

Da die Abschlussquote im Kanton Basel-Stadt seit geraumer Zeit auf einem sehr niedrigen Niveau stagniert, sind weitere Verzögerungen bei der Einführung von griffigen Massnahmen nicht angezeigt. Die Zahlen sind deutlich und seit langem bekannt. Die Handelskammer befürwortet deshalb die in der Motion geforderte Umsetzung innerhalb eines Jahres. Sollte diese Frist zu knapp bemessen sein, kann der Regierungsrat noch immer eine Fristverlängerung beantragen. Wichtig ist jedoch, dass jetzt gehandelt wird.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Newsletter