Stellungnahmen zur Landratssitzung vom 29. August 2024
Die Handelskammer beider Basel nimmt Stellung zu diversen Traktanden der Landratssitzung vom Donnerstag, 29. August 2024.
Traktandum 11 und 12: Vorstoss und Initiative Tempo 30
Motion und Initiative fordern, dass die Stimmbevölkerung der betroffenen Gemeinden (via Gemeindeversammlung oder Einwohnerrat bzw. Referendum) jeweils über die Anordnung von Tempo 30 auf einer Kantonsstrasse bestimmen kann.
Die Handelskammer beider Basel begrüsst dieses Ansinnen, da es sich bei der Anordnung Tempo 30 um einen wesentlichen Eingriff in die Funktionalität des Strassensystems handelt. Die Einführung einer Höchstgeschwindigkeit 30 km/h auf verkehrsorientierten Kantonsstrassen führt dazu, dass für alle Verkehrsteilnehmenden – Bus, Auto und Velo – die Zuverlässigkeit, die Reisezeit und die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigt werden. Die Zurückstufung der Kantonsstrassen durch die Temporeduktion resultiert somit in Einbussen bei der Erreichbarkeit.
Wenn dennoch der Wunsch nach einem Tempolimit von 30 km/h auf verkehrsorientierten Kantonsstrassen besteht, sollte der Entscheid entsprechend breit durch die Bevölkerung der betroffenen Gemeinde abgestützt sein. Eine repräsentative Umfrage des Umfrageinstituts LINK hat ergeben, dass sich im Kanton Basel-Landschaft 78 Prozent der Befragten gegen oder eher gegen die Einführung von Tempo 30 auf sämtlichen Strassen (also auch Kantonsstrassen) aussprechen. Entscheide der Gemeinde-exekutive über die Köpfe der Bevölkerung hinweg, empfinden wir deshalb als stossend.
Gerne betonen wir bei dieser Gelegenheit nochmals, dass die Handelskammer Tempo 30 in Quartieren (anders als bei verkehrsorientierten Kantonsstrassen) ausdrücklich unterstützt.
Wir bitten Sie, die Motion stehen zu lassen und die formulierte Gesetzesinitiative «Tempo 30 auf Hauptstrassen – nur mit Zustimmung des Volkes» mit Ausnahme des letzten Satzes der Übergangsbestimmung (neuer § 19 Strassenverkehrsgesetz BL gemäss Initiative) für rechtsgültig zu erklären.
Traktandum 36: Denkmal- und Heimatschutzgesetz anpassen; Rolf Blatter; 2024/310
Die Handelskammer unterstützt die in der Motion geforderte Anpassung des Denkmal- und Heimatschutzgesetzes (DHG). Wir sind der Auffassung, dass die Regierung beziehungsweise die zuständige Kommission bei der Inventarisierung grössere Zurückhaltung üben und die Eigentümerinnen und Eigentümer stärker einbeziehen sollte. Die Unterschutzstellung hat in vielen Fällen eine wertmindernde Wirkung, indem sie die bauliche sowie energetische Erneuerung und Entwicklung der betroffenen Liegenschaften meist einschränkt. Daher müssen die von der Verwaltung erlassenen Verfügungen besonders nachvollziehbar sein. Ein frühzeitiger Einbezug der betroffenen Parteien erscheint uns unter diesen Voraussetzungen als notwendig und sollte zu demokratisch legitimierten, breit abgestützten und pragmatischen Entscheidungen führen.
Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.
Traktanden 48 und 49: Vorstösse «Perspektive Finanzen BL»
Wo stehen wir bei der Reform der Einkommenssteuer?; Stefan Degen; 2024/366
Einführung Einkommenssteuer mit Bedingungen; Martin Dätwyler; 2024/367
Der Kanton Baselland bewegt sich bei der Steuerbelastung für natürliche Personen schweizweit nach wie vor auf den hinteren Rängen. Um als Wohnstandort für Fachkräfte attraktiv zu sein, ist eine moderate Steuerbelastung ein wichtiger Faktor. Hier besteht nach wie vor Verbesserungsbedarf.
Die Handelskammer kann nachvollziehen, dass der Regierungsrat aufgrund der Finanzlage des Kantons Steuerentlastungen mit einer gewissen Vorsicht begegnet. Nachhaltige und stabile Kantonsfinanzen sind ein wichtiges Anliegen. Sie begrüsst deshalb, dass die Arbeiten an der «Einkommenssteuerreform light» dennoch weitergeführt werden, dabei jedoch Varianten wie eine Staffelung oder eine Einführung unter Bedingungen geprüft werden, die dieser Ausgangslage Rechnung tragen. Dies erlaubt eine verantwortungsvolle Umsetzung der Einkommenssteuerreform unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten des Kantons.
Wir bitten Sie, beide Vorstösse als Postulat zu überweisen.
Traktandum 54: Nutzenbasierte Finanzierung der Universität Basel; Stefan Meyer; 2024/360
Das Postulat bitten den Regierungsrat zu prüfen und zu berichten, wie im Zuge der Neuverhandlung des Universitätsvertrags dem volkswirtschaftlichen Mehrwert der Forschung und Lehre an der Universität Basel eine stärkere Gewichtung bei der Berechnung der Finanzierungsbeiträge der Trägerkantone beigemessen werden kann. Der Postulant verweist zwar darauf, dass der Standortvorteil des Kantons Basel-Stadt im aktuellen Vertrag bereits berücksichtigt wird, aber er vermutet, dass Baselland weit weniger von der Universität profitiert, als in diesem Standortvorteil kompensiert wird.
Der Postulant bemerkt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen der Universität Basel nicht leicht zu quantifizieren sei. Dass der Kanton Basellandschaft bereits jetzt von der Universität profitiert, wird am rasant wachsenden Life Sciences-Cluster im Bachgraben-Areal in Allschwil ersichtlich. Jüngst hat die Fondation Botnar erklärt, dort eine Summe von 1 Milliarde Dollar in eine neue Forschungsinstitution zu investieren. Das ist nur die jüngste Investition in einen Standort im Baselbiet, der mit dem Departement of Biomedical Engineering und dem Swiss Tropical and Public Health Institute nicht nur zwei grosse und namhafte universitäre Einrichtungen beherbergt, sondern auch zahlreiche Unternehmen und Start-ups aus dem Life Sciences-Bereich anzieht, wie das Ende 2023 für 450 Millionen vom deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim übernommene Start-up T3 Pharmaceuticals. Nicht zuletzt profitiert der Kanton Basel-Landschaft auch von dem grossen Netz an KMUs, die wichtige Zulieferer- und Dienstleistungsfunktionen für die Life Sciences-Unternehmen wahrnehmen.
Auch dieser Vorstoss zur Universität Basel ist vor dem Hintergrund der angespannten Finanzlage des Kantons Baselland zu betrachten. Die Handelskammer beider Basel versteht den daraus erwachsenden Spardruck. Aber sie weist nochmals darauf hin, dass seit dem revidierten Universitätsvertrag von 2022 bereits eine Gremienstruktur und Verhandlungsprozesse existieren, die den Regierungen der beiden Basel erlauben, über die Ausgestaltung der gemeinsamen Trägerschaft zu diskutieren. Diese Strukturen beinhalten auch ein Finanzierungsmodell, das die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Trägerkantone einbezieht. Somit existieren bereits jetzt Gefässe, die es den Regierungen erlauben, die unterschiedlichen finanziellen Ausgangslagen der beiden Trägerkantone zu berücksichtigen. Es erscheint deshalb nicht zielführend, die bereits laufenden Verhandlungsbemühungen der beiden Regierungen zusätzlich zu belasten.
Wir bitten Sie, das Postulat abzulehnen.