Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 13. und 20. November 2024
Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzung vom 13. sowie 20. November 2024 Stellung.
Traktandum 7: Gesetz betreffend Lohngleichheitsanalysen (Lohngleichheitsanalysengesetz, LAG) sowie Motion Nicole Amacher und Konsorten betreffend Lohngleichheit: Lohngleichheitsanalysen für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden, Bericht der WAK
Bitte beachten Sie die gemeinsame Stellungnahme von Arbeitgeberverband Region Basel, Gewerbeverband Basel-Stadt und Handelskammer beider Basel.
Wir bitten Sie, nicht auf die Vorlage einzutreten.
Traktandum 69: Motion 9 Tonja Zürcher und Konsorten betreffend ganze Bevölkerung am Überschuss des Kantons beteiligen
Der Kanton Basel-Stadt schliesst seine Jahresrechnungen seit einigen Jahren deutlich über Budget ab und schreibt jeweils hohe Überschüsse. Es muss deshalb auch nach der letztjährigen Steuersenkung von einem strukturellen Überschuss gesprochen werden. Eine Rückvergütung von kantonalen Überschüssen kann deshalb ein sinnvolles Instrument sein, um die Bevölkerung an der positiven Finanzlage des Kantons zu beteiligen.
Der Grosse Rat hat sich mit der Zweitüberweisung der Motion Moesch im Oktober bereits für eine Rückvergütung ausgesprochen und dem Regierungsrat den Auftrag erteilt, eine konkrete Gesetzesvorlage auszuarbeiten. Er sprach sich dabei, indem er eine Umwandlung in einen Anzug ablehnte, jedoch explizit gegen eine Pro-Kopf-Ausschüttung aus.
Eine solche Pro-Kopf-Ausschüttung ist auch weiterhin entschieden abzulehnen. Sie würde zu einer neuen versteckten Umverteilung führen, die weder nötig noch angebracht ist. Ein hoher Überschuss bedeutet zu hohe Steuersätze. Es ist deshalb folgerichtig, wenn die Rückvergütung im Verhältnis zum persönlichen Steueraufkommen an diejenigen erfolgt, die diesen Überschuss durch zu hohe Steuern finanziert haben.
Es bleibt schliesslich festzuhalten, dass eine Rückvergütung von Überschüssen nur ein ergänzendes Instrument zu einer massvollen Steuerpolitik sein kann. Bei der Rückvergütung wird mit einem Symptom umgegangen, dessen Ursache im Wesentlichen zu hohe Steuereinnahmen sind. Deshalb muss eine weitere Senkung der Steuersätze für natürliche Personen im Vordergrund stehen, damit es gar nicht erst zu derart hohen Überschüssen kommt. Auch deshalb, weil wenn es um die Beurteilung der Standortattraktivität geht, der Vergleich von Steuersätzen im Vordergrund steht. Eine Rückvergütung findet in solchen Vergleichen keinen Eingang.
Wir bitten Sie, die Motion Tonja Zürcher nicht zu überweisen.
Traktandum 70: Motion 10 Joël Thüring betreffend Ausbildungsobligatorium – zur Erhöhung der Abschlussquote im Kanton Basel-Stadt
Der Kanton Basel-Stadt weist schweizweit die niedrigste Abschlussquote auf der Stufe Sek II auf: Nur 85,4 Prozent der Jugendlichen haben bis zum Alter von 25 Jahren eine Lehre oder eine weiterführende Schule abgeschlossen. Das bedeutet: Von 100 Jugendlichen verfügen ganze 15 im Alter von 25 Jahren über keinen Abschluss auf der Sekundarstufe II. Die Konsequenzen für Wirtschaft, Gesellschaft und die Betroffenen selbst sind schwerwiegend, wie der Motionär belegt.
Wie der Motionär sieht die Handelskammer hier einen dringenden Handlungsbedarf. Bereits im Anzug von Melanie Nussbaumer vom September 2022 (22.5329.01) wird die Idee eines Ausbildungsobligatoriums bis 18 Jahre analog zum Kanton Tessin in den Raum gestellt. Auch der zuständige Regierungsrat hält ein Ausbildungsobligatorium für eine gute Idee. Und auch im Jahr 2024 gestarteten Projekt «Laufbahnoptimierung im integrativen Bildungsmodell» (LiB) des ED wird die Einführung eines Ausbildungsobligatoriums evaluiert. Die Motion fordert nun, dass ein solches innerhalb eines Jahres realisiert wird.
Die Handelskammer sieht in einem Ausbildungsobligatorium ein geeignetes Mittel, die Abschlussquote mittelfristig zu erhöhen und weitere griffige Massnahmen vorzubereiten. Ein solches Obligatorium erlaubt dem Kanton ein effizientes Monitoring des Ausbildungsstands seiner Jugendlichen. Und auf Grundlage dieses Monitorings, das endlich gesicherte Zahlen und nicht blosse Hochrechnungen liefert, lassen sich gezielte Massnahmen zur Verbesserung der Abschlussquote ergreifen.
Wie der Motionär erwähnt, verfügt der Kanton Basel-Stadt bereits jetzt über geeignete Gefässe, um Jugendliche und junge Erwachsene zu unterstützen, die nach der obligatorischen Schulzeit Schwierigkeiten haben, eine geeignete Anschlusslösung zu finden. Diese Instrumente haben sich bewährt. Ein Ausbildungsobligatorium muss und soll deshalb nicht neue Angebote nach sich ziehen, sondern es macht einzig die bereits etablierten und bewährten Angebote verpflichtend. So fallen Jugendliche und junge Erwachsene nicht mehr durch die Maschen des Ausbildungssystems, sondern werden auf ihrem Weg zu einer Ausbildung auf der Sekundarstufe II unterstützt.
Da die Abschlussquote im Kanton Basel-Stadt seit geraumer Zeit auf einem sehr niedrigen Niveau stagniert, sind weitere Verzögerungen bei der Einführung von griffigen Massnahmen nicht angezeigt. Die Zahlen sind deutlich und seit langem bekannt. Dennoch vermag das Schreiben des Regierungsrates in Beantwortung des Anzugs Nussbaumer (22.5329.02) weder die Gründe für die tiefe Abschlussquote zu identifizieren noch konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Abschlussquote vorzuschlagen. Stattdessen soll das Projekt LiB erst Ende 2027 mit konkreten Massnahmen aufwarten. Aus Sicht der Wirtschaft ist jedoch eine weitere Verzögerung nicht angezeigt. Die Handelskammer befürwortet deshalb die in der Motion geforderte Umsetzung innerhalb eines Jahres.
Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.
Traktandum 74: Motion 14 Daniel Albietz und Michael Hug betreffend Wiedereinführung des Gebietsprinzips im Bau- und Gastgewerbeinspektorat (BGI)
Aus Sicht der Handelskammer beider Basel empfehlen wir, diesen Vorstoss zu überweisen, um wieder eine effiziente und ortsnahe Baubegleitung zu gewährleisten. Das bewährte Gebietsprinzip bietet wesentliche Vorteile: Die zuständigen Bauinspektorinnen und -inspektoren kennen die spezifischen Gegebenheiten ihrer Quartiere und können sich daher schneller und präziser in Bauprojekte einarbeiten. Durch die Vertrautheit mit den Projektbeteiligten und die oft gleiche Zuständigkeit entsteht ein Synergieeffekt, der die Bearbeitungszeit verkürzt und zu einem effizienteren Ablauf führt. Da sich die Personalengpässe laut Berichten entspannt haben, erscheint eine Rückkehr zu diesem System sinnvoll und im Interesse aller beteiligten Akteure.
Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.
Traktandum 78: Motion 18 Daniel Albietz und Konsorten betreffend Restfinanzierungs-darlehen für gemeinnützige Wohnbauträger
Die Handelskammer beider Basel unterstützte die Förderung von gemeinnützigen Wohnbauträgern in der Vergangenheit immer wieder. So zuletzt beim Kompromiss zu der Volksinitiative «Basel baut Zukunft». Die Forderung der Motionäre, gemeinnützigen Bauträgern zusätzlich Restfinanzierungsdarlehen zu gewähren, lehnen wir jedoch entschieden ab. Ein solcher Eingriff würde den Wettbewerb verzerren, zumal gemeinnützige Bauträger schon weitgehend von den Einschränkungen des Wohnraumfördergesetzes (WRFG) ausgenommen sind und durch kantonale Bürgschaften unterstützt werden. Die bestehende Bauträgerneutralität, die mit breiter Zustimmung im Kompromiss zu „Basel baut Zukunft" verankert wurde, fördert ein ausgewogenes Marktumfeld und bindet private Investoren in den preisgünstigen Wohnungsbau ein. Eine einseitige Förderung von Genossenschaften widerspricht diesem gefundenen Grundsatz. Ein zusätzlicher Eingriff in Form von Restfinanzierungsdarlehen wäre ein Rückschritt und kommt zudem zur Unzeit: Der Regierungsrat arbeitet derzeit an einer umfassenden Wohnstrategie, die bis 2025 vorliegen soll. Gesetzliche Anpassungen und neue Fördermittel ohne klare strategische Leitlinien riskieren, die Mittel ineffizient einzusetzen. Angesichts der laufenden Planungen wäre eine solche Massnahme verfrüht und nicht zielführend.
Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.
Traktandum 86: Anzug 7 Daniel Seiler und Konsorten betreffend Stärkung der dualen Berufsbildung durch besseren Einbezug der Wirtschaft
Die Handelskammer beider Basel unterstützt den Ansatz, die duale Berufsbildung durch einen besseren Einbezug der Wirtschaft zu stärken. Um die Wirtschaft nicht über Gebühr zu strapazieren, regen wir an, die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft über die regionalen Wirtschaftsverbände zu vermitteln, da die Verbände über die geeigneten Netzwerke und das notwendige Know-how verfügen.
Wir bitten Sie, den Anzug zu überweisen.
Traktandum 106: Anzug 27 Thomas Widmer-Huber und Konsorten betreffend Solarstrom via IWB-Contracting-Vertrag auch auf Dachflächen von Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und Genossenschaften
Die Handelskammer beider Basel lehnt den Anzug zur Erweiterung der IWB-Contracting-Verträge auf Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Genossenschaften ab. Die vorgeschlagene Ausweitung der Aktivitäten der IWB in diesem Bereich ist aus unserer Sicht nicht notwendig und würde den Wettbewerb im privaten Sektor unverhältnismässig verzerren.
Es gibt in der Region bereits eine Vielzahl von privaten Unternehmen, die massgeschneiderte Lösungen für die Installation und den Betrieb von Photovoltaikanlagen anbieten. Diese Unternehmen haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie in der Lage sind, die Nachfrage nach Solarstrom in der Bevölkerung effizient und wettbewerbsfähig zu bedienen. Eine staatlich unterstützte Ausweitung der IWB auf dieses Segment würde die bestehenden privaten Anbieter unnötig unter Druck setzen und ihre Marktchancen schmälern.
Wir bitten Sie, den Anzug nicht zu überweisen.
Traktandum 133: Motion Beatrice Isler und Konsorten betreffend neue Planung für Wohnungsbau entlang Grenzacherstrasse; Motion Christian von Wartburg und Sebastian Kölliker betreffend weg mit dem Rank, neue Ansätze für Wohnen am Rhein (Zwischenbericht); Anzug Martin Lüchinger und Konsorten betreffend einer beispielhaften und ökologisch verträglichen Stadtrandentwicklung Ost, Schreiben des RR
Die Handelskammer unterstützt die Forderung einer Neuplanung des Areals zwischen Grenzacherstrasse, Bahndamm sowie Rankstrasse und Hörnliallee grundsätzlich. Der Kanton Basel-Stadt wächst und prosperiert seit Jahren und wird dies aller Voraussicht nach auch in Zukunft tun. Sowohl freie Wohn- als auch Wirtschaftsflächen werden immer rarer und befinden sich dadurch zunehmend im gegenseitigen Wettbewerb. Das Areal würde sich nach Verlegung der Grenzacherstrasse sehr gut für qualitativ hochwertiges Wohnen eignen. Eine geplante Verlegung der Grenzacherstrasse begrüssen wir, allerdings müsste sie mindestens die gleiche verkehrliche Kapazität wie heute aufweisen. Eine Kapazitätssteigerung der Hörnliallee muss durch die veränderte Verkehrsführung ebenfalls geprüft werden.
Wir bitten Sie, die Motionen stehen zu lassen und den Anzug abzuschreiben.
Traktandum 134: Anzug René Brigger und Konsorten betreffend Berücksichtigung Kostenmiete bei Berechnung der Mehrwertabgabe, Schreiben des RR
Wie aus dem Bericht der Regierung zu entnehmen ist, wird den Forderungen aus dem Anzug mit der Annahme des Gegenvorschlags zu «Basel baut Zukunft» und den entsprechenden Gesetzesanpassungen ausreichend Rechnung getragen. Diesen Kompromiss tragen wir mit. Punkt drei des Vorstosses empfinden wir jedoch als übergriffig. Er sieht vor, «Mietzinsauflagen (Kostenmiete), sofern im Planungsprozess Mehrwertabgaben fällig werden, grundbuchlich oder sonst wie nachhaltig [zu sichern].» Ein dauerhaftes Festschreiben von Mietzinsauflagen wie der Kostenmiete im Grundbuch (oder «sonst wie») würde insbesondere private Investitionen nochmals deutlich unattraktiver machen. In Zeiten steigender Baukosten durch Personal- und Materialmangel muss ohnehin von einem verringerten Bauvolumen ausgegangen werden, wie es an zahlreichen Orten bereits zu beobachten ist. Es sollte daher vielmehr darauf hingewirkt werden, die Bautätigkeit durch Regulierungsabbau wieder zu fördern. Denn bei knappen und immer knapper werdenden Margen werden zuerst die am wenigsten profitablen Projekte – darunter auch solche des preisgünstigen Wohnraums – gestoppt. Ausserdem ist auch dieser Punkt durch die Annahme des Gegenvorschlags zu «Basel baut Zukunft» mittlerweile ausreichend gesichert.
Wo wir mit dem Anzugsteller übereinstimmen, ist im Punkt, dass die Berechnung der Mehrwertabgabe kompliziert, ineffizient und intransparent ist. Beispiele aus anderen Gemeinden zeigen, dass man hier auch pragmatischere Ansätze wählen könnte. In diesem Sinne unterstützen wir auch die erste Forderung des Anzuges nach Berücksichtigung der in der Praxis angewendeten Miete, einer nachvollziehbaren Berechnung des Mecano auch auf Verordnungsstufe, sowie einer Möglichkeit zur Anrechnung von Transformationskosten. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass der Kanton Basel-Stadt schweizweit eine überdurchschnittlich hohe Mehrwertabgabe hat. Da diese Abgabe in einer frühen Phase der Entwicklung zu entrichten ist, also noch bevor das Projekt Einnahmen generiert, stellt die Mehrwertabgabe eine erhebliche Hürde für Entwicklungen auf unserem Kantonsgebiet dar. Damit läuft sie zumindest teilweise auch dem übergeordneten Ziel der Verdichtung entgegen.
Wir bitten Sie, den Anzug abzuschreiben.