Stellungnahme zur Landratssitzung vom 16. Mai 2024 Traktandum «Univertrag» künden, Geld sparen
Stellungnahme zu Traktandum 19 der Landratssitzung vom 16. Mai 2024, Geschäft Nr. 2024/176, Motion Reto Tschudin, «Univertrag» künden, Geld sparen
Anliegen
Wir bitten Sie, geschätzte Landrätinnen und Landräte, die Motion Reto Tschudin über eine Kündigung des Universitätsvertrags nicht zu überweisen.
Begründung
Die Motion verlangt vom Regierungsrat, den Staatsvertrag mit dem Kanton Basel-Stadt über die gemeinsame Trägerschaft der Universität Basel zu kündigen. Da gemäss § 47 Abs. 2 des Staatsvertrages zur gemeinsamen Trägerschaft der Universität eine Kündigung jeweils auf das Ende einer Leistungsperiode mit einer Kündigungsfrist von zwei Jahren möglich ist, wäre der nächstmögliche Kündigungstermin der 31. Dezember 2029, wobei die Kündigung bis zum 31. Dezember 2027 eingegeben werden müsste.
Die Motion begründet das Begehren mit der schwierigen finanziellen Lage des Kantons Basel-Landschaft und dem dadurch entstandenen Spardruck. Sparen, so die Motion, solle man dort, wo der Mehrwert ausbleibt. Der Mehrwert der Universität, so wird in der Motion suggeriert, bleibe aus, weil Baselland bis heute weder ein anerkannter Universitätskanton ist noch eine universitäre Fakultät in den Landkanton verschoben wurde.
Die Handelskammer beider Basel versteht, dass die finanzielle Lage des Kantons Basel-Landschaft zu einem Spardruck führt. Sie hält jedoch die in der Motion verlangte Kündigung des Staatsvertrags für verfehlt und die in der Motion gegebene Begründung, die Universität schaffe keinen Mehrwehrt für den Landkanton, für unzureichend.
Die Kündigung des Staatsvertrags ist nicht zielführend, weil sie die vertrauensvolle Partnerschaft der beiden Trägerkantone gefährdet und eine für die Region ungünstige Aussenwirkung erzielt. Seit dem revidierten Universitätsvertrag von 2022 verfügen die Regierungen der beiden Trägerkantone über eine Gremienstruktur und Verhandlungsprozesse, in deren Rahmen sie über die Ausgestaltung der gemeinsamen Trägerschaft diskutieren. Diese Strukturen beinhalten auch ein Finanzierungsmodell, das die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Trägerkantone einbezieht. Somit existieren bereits jetzt Gefässe, die es den Regierungen erlauben, die unterschiedlichen finanziellen Ausgangslagen der beiden Trägerkantone zu berücksichtigen.
Die etablierten Strukturen bereits wieder grundlegend in Frage zu stellen, ist für beide Kantone nicht zielführend und führt u.a. zu einer schwächeren Verhandlungsposition auf Bundesebene, wo die Räte zurzeit die BFI-Botschaft 2025–2028 des Bundes verhandeln. Wenn nicht einmal die beiden Trägerkantone hinter ihrer Universität stehen können, so wird auf nationaler Ebene niemand einen Anreiz haben, die notwendigen Beiträge an die Universität Basel zu leisten. Zudem ist die regelmässig wiederkehrende Kündigungsandrohung aus dem Kanton Basel-Landschaft nicht unbedingt förderlich für die Anerkennung als Universitätskanton.
Die Region Basel ist einer der weltweit führenden Standorte für die Life Sciences. Rund 800 Unternehmen aus den Bereichen Chemie, Pharma, Medtechnologie, Agrartechnologie, Bio- oder Nanotechnologie haben hier ihren Sitz. Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieses Life Sciences-Clusters ist beachtlich: Es beschäftigt 32'000 Menschen und erwirtschaftet über ein Drittel der regionalen Gesamtwertschöpfung. Das entspricht 25.6 Mia. Franken. In diesem Life Sciences-Ökosystem spielt die Universität Basel eine zentrale Rolle. Ob Grundlagenforschung am Biozentrum, angewandte Forschung am Departement of Biomedical Engineering oder klinische Forschung am Universitätsspital: Für die Unternehmen aus dem Life Sciences-Bereich ist die Nähe zur universitären Spitzenforschung entscheidend. Davon profitiert auch der Kanton Basel-Landschaft. Etwa durch den rasant wachsenden Life Sciences-Cluster im Bachgraben-Areal in Allschwil, wo in den letzten Jahren mit dem Departement of Biomedical Engineering und dem Swiss Tropical and Public Health Institute zwei grosse und namhafte universitäre Einrichtungen nach Baselland gezogen sind und wo sich grössere Unternehmen sowie Start-ups aus dem Life Sciences-Bereich ansiedeln. Für solche Gründungen und Ansiedlungen ist die Nähe zu anderen Life Sciences-Unternehmen, zu den grossen Pharmakonzernen und zur universitären Spitzenforschung von strategisch grosser Bedeutung. Nicht zuletzt profitiert der Kanton Basel-Landschaft auch von dem grossen Netz an KMUs, die wichtige Zulieferer- und Dienstleistungsfunktionen für die Life Sciences-Unternehmen wahrnehmen.
Seit 2017 fördert die Universität Basel mit ihrem Innovation Office im Bachgraben-Areal aktiv die Gründung von Start-ups aus dem universitären Umfeld. Solche Start-ups lassen sich in der Region Basel nieder und haben bisher insgesamt 1500 Stellen generiert – auch im Baselland. Auch der bisher grösste Erfolg der universitären Innovations-Initiative, das Ende 2023 für 450 Millionen vom deutschen Pharmakonzern Boehringer Ingelheim übernommene Start-up T3 Pharmaceuticals, hat seinen Sitz im Bachgraben-Areal in Allschwil.
Selbst wenn man sich bloss auf die Life Sciences beschränkt und den Mehrwert der Universität Basel aus rein volkswirtschaftlichem Blickwinkel betrachtet, lässt sich die Behauptung, die Universität schaffe keinen Mehrwert für den Kanton Basel-Landschaft, kaum halten.
Und auch wenn noch keine ganze Fakultät auf basellandschaftlichem Boden besteht, so ist neben den beiden bereits genannten Einrichtungen auf dem Bachgraben-Areal auch das Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit seit 2021 in Münchenstein beheimatet. Zudem sollen bis spätestens 2030 mit der wirtschaftswissenschaftlichen und der juristischen Fakultät gleich zwei Fakultäten ins Dreispitz nach Münchenstein ziehen.
Dass aufgrund des Spardrucks im Kanton Basel-Landschaft alle Posten geprüft werden, ist verständlich. Aber der Vorschlag, den Universitätsvertrag zu kündigen, schiesst über das Ziel hinaus. Die finanzielle Lage der Universität Basel ist angespannt. In der laufenden Leistungsperiode trägt die Universität die Teuerung selbst. Der Bundesrat will den kantonalen Hochschulen für die kommenden Jahre weniger Geld zur Verfügung stellen. Zudem haben die Nichtuniversitätskantone im Rahmen der Interkantonalen Universitätsvereinbarung (IUV) die Tarife für Studenten, die sie an Universitäten anderer Kantone schicken, gesenkt. Und auch bezüglich der Assoziierung der Schweiz zu Horizon Europe besteht noch keine langfristige Planungssicherheit. Das macht die Situation für die Universität Basel schwierig. Gemäss Universität reichen die Reserven noch für die kommenden zwei Jahre. In dieser Situation müssen die beiden Trägerkantone eine gemeinsame Lösung für eine nachhaltige Finanzierung der Universität finden. Der Wille und die dazu notwendigen Rahmenbedingungen bestehen. Eine Kündigung des Staatsvertrags über eine gemeinsame Trägerschaft der Universität ist deshalb unnötig und nicht zielführend für die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts.
Das einzigartige Life Sciences-Ökosystem der Region Basel hat die Handelskammer beider Basel in Zusammenarbeit mit der Universität Basel letzten Herbst auf einer Study Tour den Parlamentarierinnen und Parlamentariern beider Basel vorgestellt. Der dabei entstandene Film belegt eindrücklich die Bedeutung unserer Life Sciences-Industrie und die Rolle, die der universitären Forschung dabei zukommt.