Stellungnahmen zur Grossratssitzung vom 9. Januar 2019
Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzung vom 9. Januar 2019 Stellung.
Traktandum 10: Bericht der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission zur kantonalen Volksinitiative "Parkieren für alle Verkehrsteilnehmer" sowie Bericht der Kommissionsminderheit
Während die Wirtschaft brummt, die Bevölkerungszahl und das Mobilitätsbedürfnis ansteigen, reduziert Basel-Stadt Parkflächen. Parkplätze auf Allmend sind heute in allen Quartieren ein knappes Gut. Für eine gute Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandorts Basel sind nicht nur ein effizienter ÖV, ein leistungsstarkes Autobahnnetz und gute Flugverbindungen zentral. Wichtig ist auch, dass genügend Autoabstellplätze verfügbar sind.
Die Initiative setzt an diesem Punkt an und fordert, dass abgebaute Parkplätze im Umkreis von 200 Meter kompensiert werden müssen. Zudem soll neu auch Gewerbetreibenden zeitlich unbeschränktes Parkieren ermöglicht werden.
Die Handelskammer beider Basel bittet Sie, der Kommissionsminderheit zu folgen und die Initiative der Gesamtheit der Stimmberechtigten mit der Empfehlung auf Annahme und ohne Gegenvorschlag zum Entscheid vorzulegen.
Motion 1: Joël Thüring und Konsorten betreffend Verordnung über die Parkraumbewirtschaftung PRBV – Ja zu einer moderaten Umsetzung für die Anwohnerinnen und Anwohner unserer Stadt
Die Motion fordert eine Korrektur der per 1. Januar 2019 erhöhten Gebühren für Parkkarten, wonach die Anwohnerkarten nur moderat zu verteuern sind, während die Pendler- und Besucherparkkarten teurer als vorgesehen werden sollen.
In der Vorlage zur künftigen Parkierungspolitik Basel-Stadt schlägt das Bau- und Verkehrsdepartement neben der Förderung von Quartierparkings durch Mittel des Pendlerfonds, auch die Erhöhung der Gebühren für Parkkarten vor. Die Handelskammer beider Basel stellt sich nicht grundsätzlich gegen eine massvolle Anpassung der Gebühren für Anwohnerparkkarten, sieht dies jedoch als Element der künftigen Parkierungspolitik untrennbar mit allen weiteren Massnahmen, allen voran der Realisierung der Quartierparkings, verknüpft. Generell dürfen keinesfalls die flankierenden Massnahmen umgesetzt werden, bevor die eigentliche Massnahme vollständig und erfolgreich implementiert ist.
Nachdem der Grosse Rat sich im Dezember dagegen entschieden hat, die Gebühren für Parkkarten auf bisherigem Niveau zu belassen und die Gebührenerhöhung vorzuziehen, unterstützt die Handelskammer beider Basel das Ansinnen, die Gebühren im vom Motionär vorgeschlagenen Sinn auszugestalten.
Wir bitten Sie, die Motion zur Berichterstattung zu überweisen.
Motion 2: Danielle Kaufmann und Konsorten betreffend Planungsmoratorium Autobahn-Westring
Die Motion fordert ein Planungsverbot von 10 Jahren für den Autobahn-Westring oder solange bis die Finanzierung des alternativen Schienenprojekts Herzstück gesichert ist und emissionsarme Elektromobile mehr als 50 Prozent Marktanteil haben.
Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat es errechnet: Allein 2015 verursachten Staus auf den Schweizer Strassen volkswirtschaftliche Kosten von rund 1,9 Milliarden Franken. Das sind sieben Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Die immer knapper werdenden Kapazitäten auf der Strasse werden volkswirtschaftlich immer relevanter.
Schweizweit sind neun von zehn Staustunden auf eine Überlastung der Infrastruktur, sprich Kapazitätsengpässe, zurückzuführen. Vor allem in der Region Basel herrscht – immer mehr auch ausserhalb der Hauptverkehrszeiten – praktisch Stillstand auf den Hochleistungsstrassen. Gleichzeitig prosperiert die zweitgrösste und zugleich dynamischste Wirtschaftsregion der Schweiz. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sich Personen und Güter ungehindert bewegen können, also eine optimale Erreichbarkeit der Region innerhalb und von aussen.
Damit der Verkehr in der Region in Zukunft wieder flüssiger läuft, bedarf es jedoch weiterer umfassender Massnahmen. Alternativlos ist ein Ringschluss um Basel, der zunächst durch einen Westring weiter vorangetrieben werden muss. Dies schafft nicht nur dringend benötigte Kapazität, sondern auch wertvolle Redundanz, die eine Sanierung bestehender Infrastrukturen ohne weitere horrende volkswirtschaftliche Kosten erst ermöglicht.
Die vorliegende Motion würde nicht nur eine zeitnahe Lösung verhindern, wie sie auch der Regierungsrat priorisiert, sondern möchte dem Kanton ein Planungsverbot auferlegen. Damit würden weitere Lösungsansätze auf längere Zeit blockiert. Die von der Motion erstellte Verknüpfung des Westrings mit dem Ausbau der Elektromobilität und dem Herzstück ist willkürlich und den einzelnen Vorhaben nicht dienlich.
Wir bitten Sie, die Motion nicht an den Regierungsrat zu überweisen.
Anzug 2: Beat K. Schaller und Konsorten betreffend MINT-Fächer ganzheitlich fördern
In vielen Branchen fehlt es heute an qualifizierten Fachleuten. Insbesondere die Nachfrage nach MINT-Fachleuten (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Mit dieser Entwicklung vermochte die Ausbildung auf Berufsbildungs- und Hochschulebene nicht Schritt zu halten. Zum einen hält der Trend zu allgemeinbildenden Bildungsgängen an, was zur Folge hat, dass es in der dualen Berufsbildung schwieriger wird, genügend geeignete Lehrstellenbewerber rekrutieren zu können. Das gilt in besonderem Mass für anspruchsvolle Berufslehren in den MINT-Bereichen. Zum anderen neigen Studienanfänger dazu, „weichere" Wissenschaften (Geistes- und Sozialwissenschaften) zu wählen.
Entsprechend richten in der Schweiz zu wenige Jugendliche ihre berufliche Zukunft auf Technik und Naturwissenschaften aus.
Aus diesen Gründen initiierte die Handelskammer beider Basel bereits 2010 ein ausserschulisches Lernangebot aus der Wirtschaft: die tunBasel. Diese Erlebnisschau, die gleichzeitig Forschungslabor und Experimentierwerkstatt ist, soll Kinder und Jugendliche spielerisch für Technik und Naturwissenschaften begeistern, um die Wahl entsprechender Berufe und Studiengänge zu begünstigen und so dem Nachwuchsmangel entgegenzuwirken. Die Handelskammer unterstützt daher den Anzug von Beat K. Schaller, MINT-Fächer auf allen Stufen nachhaltig und ganzheitlich zu fördern.
Die Handelskammer beider Basel empfiehlt daher, den Anzug an den Regierungsrat zu überweisen.
Anzug 7: Patricia von Falkenstein und Konsorten betreffend "Generelle Aufgabenüberprüfung" für Synergien und Effizienzsteigerungen nutzen
Der Anzug fordert den Regierungsrat dazu auf, im Rahmen der bis Ende 2019 vorgesehenen Generellen Aufgabenüberprüfung (GAP) sechs konkrete Vorschläge für Synergien und Reorganisationen zu prüfen.
Die Handelskammer beider Basel befürwortet eine stetige Aufgabenüberprüfung. Die Aufgaben des Kantons sind immer wieder aufs Neue auf ihre Notwendigkeit und Effizienz zu überprüfen. Über die Zeit gewachsene Strukturen und Aufgabenteilungen sind kritisch zu hinterfragen, wo es sinnvoll ist, sind Reorganisationen vorzunehmen. Auf Aufgaben, die nicht mehr zwingend durch den Staat zu erbringen sind, ist zu verzichten.
Die Anzugsteller unterbreiten verschiedene Vorschläge, wo aus ihrer Sicht Potenzial für Synergien und Effizienzsteigerungen besteht. Ohne diese Vorschläge bereits im Detail zu beurteilen, sollten sie ergebnisoffen in die ohnehin stattfindende GAP übernommen und auf ihr Potenzial überprüft werden.
Die Handelskammer beider Basel empfiehlt daher, den Anzug an den Regierungsrat zu überweisen.
Traktandum 36: Stellungnahme des Regierungsrates zur Motion David Wüest-Rudin und Konsorten betreffend Erhöhung der Transparenz der Parteien- und Abstimmungsfinanzierung
Als Wirtschaftsverband ist der Handelskammer Transparenz wichtig. Wie der Bundesrat im Zusammenhang mit der Transparenz-Initiative festgehalten hat, bietet eine Offenlegung der Finanzierung von Abstimmungs- und Wahlkämpfen aber keinen wesentlichen Mehrwert. Die Handelskammer teilt diese Haltung. Die Motion geht gegenüber ähnlich gelagerten Vorstössen noch einen grossen Schritt weiter und fordert die vollständige finanzielle Transparenz von Parteien sowie Wahl- und Abstimmungskampagnen.
Die Handelskammer kann dieser Motion auch weiterhin nichts abgewinnen. Die Regelung würde einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand und erhöhte Kosten verursachen. Abgrenzungsprobleme sind bereits jetzt absehbar, ehrenamtlich engagierte Milizpolitiker müssten sich in ihrer Freizeit mit unnötiger Bürokratie beschäftigen. Für Arbeitgeber würde es deutlich unattraktiver, ihren Mitarbeitenden Zeit oder Infrastruktur für ihr politisches Engagement bereitzustellen. Die Motion ist daher unverträglich mit den Eigenheiten unseres politischen Systems. Es müsste mit Spendenrückgängen gerechnet werden, was die ohnehin schwach finanzierten politischen Milizorganisationen insbesondere gegenüber der Verwaltung deutlich schwächen würde.
Erfahrungen aus anderen Kantonen zeigen, dass eine solche Offenlegung praktisch keine Wirkung hat. Auch die vom Regierungsrat vorgebrachten Empfehlungen der GRECO (Kommission der OSZE) vermögen kein ausreichendes Argument darzustellen. Die direkte Demokratie der Schweiz unterscheidet sich ganz wesentlich von anderen Staaten. Die vorgebrachten internationalen Standards werden dem nicht gerecht und würden im Gegenteil eine Gefährdung des Milizsystems und damit eine Annäherung an die Systeme anderer Länder mit sich bringen, was nicht erstrebenswert ist.
Aus diesen Gründen empfiehlt die Handelskammer beider Basel die Motion nicht an den Regierungsrat zu überweisen.
Traktandum 39: Schreiben des Regierungsrates zum Anzug Aeneas Wanner und Konsorten betreffend Erweiterung der kantonalen Lenkungs- und /oder Förderabgabe auf allen fossilen Energieträgern
Der Anzug fordert, eine kantonale Lenkungs- und Förderabgabe auf allen fossilen Energieträgern zu erheben, so wie das heute bereits bei der elektrischen Energie der Fall ist. Ein vom Regierungsrat in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten hat ergeben, dass die Einführung einer Lenkungsabgabe gegen Bundesrecht verstossen würde, da das CO2-Gesetz diese Frage bereits abschliessend regelt. Umstritten ist die Zulässigkeit gemäss den Gutachtern bei der Einführung einer Förderabgabe, sie wird von den Gutachtern eher bejaht, wobei es auf die Einzelheiten der Ausgestaltung ankäme.
Unabhängig von der Frage der Zulässigkeit verfolgt der Anzug nach Ansicht der Handelskammer beider Basel durchaus ein berechtigtes Ziel, nämlich die Gleichbehandlung der verschiedenen Energieträger. Jedoch zeigt sich, dass bei der konkreten Umsetzung erhebliche praktische Probleme bestehen. Der Vollzug wäre sehr aufwändig, was einen entsprechenden Stellenausbau beim zuständigen Amt zur Folge haben müsste. Darüber hinaus würde eine solche Förderabgabe den derzeitigen Bestrebungen des Kantons entgegen laufen, das Fernwärmenetz weiter auszubauen. Die Wirksamkeit der Lenkungsabgabe auf elektrische Energie im Kanton Basel-Stadt ist zudem zweifelhaft, weshalb sich die Handelskammer gegen eine Ausdehnung auf weitere Energieträger ausspricht.
Für die Handelskammer beider Basel ist wichtig, dass die Basler Energiepolitik verlässlich und wirtschaftsverträglich ist. Eine in sich widersprüchliche Energiepolitik, welche einerseits ein bestimmtes Versorgungssystem (Fernwärme) fördert und es anschliessend mit einer Förderabgabe belastet, entspricht diesen Anforderungen nicht.
Die Handelskammer beider Basel empfiehlt daher, dem Regierungsrat zu folgen und den Anzug abzuschreiben.