Güterverkehr - Rahmenbedingungen weiterentwickeln
Die Handelskammer beider Basel begrüsst die Vorlage über die Anpassung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Güterverkehr grundsätzlich. Insbesondere die Einbeziehung der Schweizerischen Rheinhäfen als eine zentrale Versorgungs-infrastruktur der Schweiz in diese Weiterentwicklung befürworten wir ausdrücklich. Ein Engagement des Bundes in Form eines Leistungsauftrags an eine noch zu schaffende ausgelagerte Gesellschaft, stellt aus unserer Sicht einen gangbaren Weg dar. Wir bevorzugen überdies die vorgeschlagene Variante 1.
Zur Vernehmlassungsvorlage
Am 2. November 2022 hat der Bundesrat die Vernehmlassung über die Anpassung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Gütertransport eröffnet. Dies, da das revidierte Güterverkehrsgesetz von 2016 die beiden zentralen Themenkomplexe Klimaschutz und Versorgungssicherheit noch nicht zufriedenstellend abdeckt. Um die Ziele in diesen Bereichen auch im Kontext des Güterverkehrs adäquat zu adressieren, schlägt der Bundesrat zwei grundsätzliche Varianten vor. Darüber hinaus werden auch die Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) als wichtige Versorgungsinfrastruktur sowie eine Mitwirkung des Bundes an diesen in die Überlegungen einbezogen.
Konzeption
Die Klima- und Energieziele des Bundes, insbesondere das Netto-Null Emissionen-Ziel bis 2050, stellt grosse Herausforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft. Die Bedeutung einer sicheren Versorgung der Schweiz hat sich insbesondere während der Covid-19-Pandemie, aber auch mit der drohenden Energiemangellage akzentuiert. Beide Themenkomplexe – Klima- und Energieziele sowie Versorgungssicherheit – sollen im Gütertransportgesetz stärker verankert werden. Hierfür schlägt der Bund zwei Varianten vor.
Variante 1 steht unter der Prämisse, dass der Güterverkehr mittel- bis langfristig nur mit umfassenden Transportangeboten auf der Schiene, einen massgeblichen Beitrag an die klima- und energiepolitischen Ziele des Bundes sowie die Versorgungssicherheit leisten kann.
Variante 2 hingegen basiert auf der Annahme, dass die Dekarbonisierung des Strassengüterverkehrs bereits kurzfristig umsetzbar ist und sich hierdurch keine substanziellen Mehrkosten oder eine verminderte Angebotsqualität ergeben. Darüber hinaus geht die Variante davon aus, dass sich die Versorgungssicherheit auch mit reduziertem Angebot im Schienengüterverkehr aufrecht-erhalten lässt.
Beide Varianten sehen entsprechende Instrumente vor, mit denen die Ziele der Klima- und Energiepolitik sowie der Versorgungssicherheit erreicht werden können. Auf diese Instrumente wird im Teil «Forderungen» vertieft eingegangen.
Forderungen
Der Verkehrssektor verursacht mit 13.7 Millionen Tonnen CO2eq rund 32 Prozent der Treibhausgasemissionen in der Schweiz. Schifffahrt und Schienenverkehr können bereits heute einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Gesamtemissionen zu senken.
Doch auch der Lastwagenverkehr dekarbonisiert sich, durch die Verfügbarkeit alternativer und konkurrenzfähiger Antriebe, wie etwa Wasserstoff- oder reinelektrischer Fahrzeuge, sukzessive seit einigen Jahren. Dieser Trend wird aller Voraussicht nach anhalten, womit auch der Strassengüter-verkehr einen wichtigen Beitrag an die Klima- und Energieziele des Bundesrats leisten wird. Gravierend sind aus unserer Sicht jedoch die auch mittelfristig fehlenden Strassenkapazitäten, die ein überproportionales Wachstum des Strassengüterverkehrs ohne Einschränkung der Versorgungssicherheit und -qualität unrealistisch erscheinen lassen. Wir bevorzugen daher Variante 1.
Zu Kapitel 4.2.1: Anpassung der Ziele des Bundes im Güterverkehr
Wir sind mit der Anpassung der Ziele grundsätzlich einverstanden. Der schienen- und schiffsgebundene Verkehr verfügt derzeit über einen ökologischen Vorteil, der, soweit technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar, ausgebaut werden soll. Wie oben beschrieben, muss jedoch an-erkannt werden, dass sich auch der Strassengüterverkehr zunehmend dekarbonisiert. An ein in ökologischer Hinsicht nachhaltiges Güterverkehrssystem wird auch der Lastwagenverkehr einen erheblichen Beitrag leisten können.
Zu Kapitel 4.2.2: Modernisierung und Automatisierung der Produktion im Schienengüterverkehr
Wir teilen die Ansicht, dass die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen im Schienengüterverkehr die Grundlage für ein insgesamt produktiveres und hinsichtlich des Angebots attraktiveres Schienengüterverkehrssystem darstellen. Wir erwarten von dieser Massnahme vor allem Vorteile für die Kunden derartiger Leistungen. Der Förderanteil ist so auszugestalten, dass die beabsichtigten Investitionen stattfinden.
Zu Kapitel 4.2.3: Weiterentwicklung und finanzielle Förderung eines Netzwerkangebots im Schienengüterverkehr
Wir schliessen uns den gemeinsamen Ausführungen von LITRA, ASTAG, IG Kombinierter Verkehr, VAP sowie dem VöV an und begrüssen, dass die Netzwerkanbieter mit unternehmerischem Handeln, einer grundlegenden Neuausrichtung aller Rollen und Prozesse sowie der konsequenten Flexibilisierung von Kosten und Angeboten den EWLV zum Erfolg führen wollen. Das Ziel soll eine enge Partnerschaft mit den Verladern als Kunden und die vollständige Eigenwirtschaftlichkeit der Netzwerkanbieter innert eines kurzen Zeithorizonts sein.
Zu Kapitel 4.2.5: Förderung multimodaler Transportketten und der verstärkten Nutzung der Angebote im Schienengüterverkehr
Wir befürworten die Schaffung von multimodalen Umschlagplattformen und stellen uns nicht grundsätzlich gegen eine finanzielle Beteiligung des Bundes, wo diese, wie etwa im Fall von Gateway Basel Nord, angezeigt ist. Es muss jedoch genau geprüft werden, welche Relevanz eine Anlage für die Versorgung der Schweiz hat und ob diese nicht auch mit rein privaten Mitteln finanziert werden könnte. Ebenfalls ist zu vermeiden, dass bestehende Strukturen konkurrenziert werden, wenn dadurch kein attraktiveres und innovatives Angebot geschaffen werden kann.
Zu Kapitel 4.2.6: Stärkere Berücksichtigung des Gütertransports in der Raumplanung des Bundes und der Kantone
Wir unterstützen es ausdrücklich, dass sowohl der Bund als auch die Kantone die Bedürfnisse des Gütertransports stärker bei der Raumplanung berücksichtigen sollen. Dies betrifft in erster Linie die Güterabwägung mit anderen Interessen – wie etwa dem Naturschutz. Prüfenswert wäre eine Empfehlung oder allenfalls sogar Vorgabe des Bundes zur Berücksichtigung der Anliegen des Güterverkehrs in den kantonalen Richtplänen, die gemäss revidiertem Raumplanungsgesetz vom Bundesrat genehmigt werden. Der Bund selbst soll die Anliegen, wie beschrieben, insbesondere in den Sachplänen abbilden. Aufgrund der übergeordneten Funktion des Güterverkehrs für die Versorgung der Schweiz muss ihm ein mindestens gleichwertiger Status wie anderen Anliegen eingeräumt werden.
Zu Kapitel 4.2.7: Stärkung der Rheinschifffahrt im Rahmen multimodaler Transportketten
Wir sind überzeugt, dass es auf allen Verkehrsträgern neben leistungsfähigen Infrastrukturen für den multimodalen Gütertransport – insbesondere das trimodale Terminal Gateway Basel Nord – ein weiteres Commitment des Bundes an den Schweizerischen Rheinhäfen (SRH) braucht. Die Bedeutung der SRH für die Versorgungssicherheit wurde insbesondere während der Covid-19-Pandemie sowie der drohenden Energiemangellage deutlich. Mengenmässig werden 10 Prozent aller Importe in die Schweiz über die SRH abgewickelt. Bei den Mineralölerzeugnissen sind es gar jeder dritte eingeführte Liter. Bestehende Kapazitäten, die perspektivisch für Produktion, Umschlag und Lagerung von grünem Wasserstoff zur Verfügung stehen. Den Einbezug der SRH in die Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für den Schweizer Güterverkehr erachten wir daher als zentral, um die Klima- und Energieziele des Bundes zu erreichen und die Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten.
Die vorgeschlagene Form einer Leistungsvereinbarung zwischen dem Bund und einer noch zu schaffenden Betriebsgesellschaft für die Infrastrukturen des Hafens – einer Hafeninfrastruktur Schweiz AG analog zur Hafenbahn Schweiz AG – sehen wir als wirkungsvolles und zielführendes Instrument an. Der Bund kann somit strategisch auf eine schweizerische Schlüsselinfrastruktur und somit durch ein «Geben und Nehmen» auf wirtschaftliche und ökologische Hafeninfrastrukturen hinwirken. Zudem unterstreicht er damit die nationale Bedeutung der SRH, welche ein zentrales Element des Logistikclusters Region Basel sind.
Zu Kapitel 4.2.8: Anreize für den Einsatz klimaneutraler Antriebe in Schienengüterverkehr und Güterschifffahrt
Die Investitionszyklen von Güterschiffen sind verhältnismässig lang. Eine Erneuerung der Flotte ist mit hohen Kosten verbunden, weshalb der aktuellste Stand betreffend Technik, Effizienz etc. nicht flächendeckend zum Einsatz kommt. Güterschiffe stellen aufgrund ihrer mengenmässigen Leistungsfähigkeit schon heute ein ökologisches Verkehrsmittel dar.
Die verstärkte Anwendung von Schiffen mit alternativen Antrieben und/oder für Niedrigwasser geeignete Schiffen könnte diesen Vorteil ausbauen. Analoges gilt im Schienengüterverkehr, dessen Fahrzeuge in der Mehrheit jedoch bereits heute als «klimafreundlich» gelten.
Im Übrigen verweisen wir auf die Antworten im offiziellen Fragebogen und schliessen den Ausführungen der Schweizerischen Vereinigung für Schifffahrt und Hafenwirtschaft (SVS) an.
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1) Quelle: Bundesamt für Umwelt, Treibhausgasinventar, Indikator «Treibhausgasemissionen nach Sektor», 2020.
2) Gemäss einer Untersuchung von Rapp (2020), können durch das trimodale Terminal Gateway Basel Nord 10'000 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Dies entspricht der Menge CO2 wie 10'000 Buchen innerhalb von 80 Jahren speichern können.