Änderung des Stromversorgungsgesetzes
Die Handelskammer beider Basel unterstützt die vorgeschlagenen Änderungen des Stromversorgungsgesetzes grundsätzlich. Eine Strommangellage ist gemäss dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS das momentan grösstmögliche Risiko in der Schweiz und verbunden mit den höchsten aggregierten Schäden aller Gefährdungen. Entsprechend wichtig ist der Aufbau einer Stromreserve. Oberstes Ziel ist aber, dass von dieser Reserve gar nie Gebrauch gemacht werden muss. Dafür braucht es einen raschen und massiven Zubau bei der Stromproduktion, eine Aktivierung sämtlicher bereits vorhandenen Produktionskapazitäten, einen Um- und Ausbau der Netze sowie ein Energieabkommen mit der EU. Deshalb fordern wir den Bund auf, sein Engagement in diesen Bereichen nochmals zu verstärken.
Zusammenfassung unserer Forderungen
- Die Handelskammer beider Basel unterstützt die vorliegenden Änderungen des Stromversorgungsgesetzes grundsätzlich.
- Wir fordern, dass grüner Wasserstoff als Energieträger stärker in die Überlegungen miteinbezogen wird.
- Neben der Stromreserve geht es vor allem darum:
- die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen massiv auszubauen,
- bestehende Produktionskapazitäten voll auszuschöpfen,
- den Um- und Ausbau der Netze voranzutreiben,
- ein Energieabkommen mit der EU zu forcieren.
Ausgangslage
Der Bundesrat hat dem Parlament am 18. Juni 2021 mit dem Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien Massnahmen zur Stärkung der Stromversorgungssicherheit der Schweiz unterbreitet. Ein wichtiges Element ist die Errichtung einer Stromreserve zur Absicherung gegen ausserordentliche Situationen wie kritische Versorgungsengpässe oder -ausfälle. Die gesetzliche Grundlage dafür wurde vom National- und Ständerat angenommen. Der Bundesrat geht davon aus, dass das Parlament das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien bis zur Herbstsession 2023 in der Schlussabstimmung annehmen wird. Die gesetzliche Grundlage, welche das Parlament voraussichtlich beschliesst, sieht eine Stromreserve vor, welche sich aus Speicherwasserkraftwerken, Speichern und Verbrauchssenkungen speist. Aufgrund der Erfahrungen aus dem vergangenen Winter und der zu erwartenden Entwicklungen auf europäischer und globaler Ebene ist der Bundesrat der Ansicht, dass diese Reserveelemente mit thermischen Kraftwerken ergänzt werden müssen.
Konzeption
Um die Stromversorgungssicherheit zu stärken, soll die Schweiz über eine Stromreserve verfügen. Diese soll gebildet werden aus einer Wasserkraftreserve, Reservekraftwerken, Notstromgruppen, Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen (WKK-Anlagen), Speichern und allenfalls Endverbrauchern mit einer Bereitschaft zur Reduktion ihrer Nachfrage. Die Stromreserve ist eine Absicherung gegen ausserordentliche Situationen bei der Stromversorgung, wie etwa kritische Strommarkt- oder Netzsituationen. Der Einsatz der Stromreserve für den Strommarkt ist ausgeschlossen. Die Stromreserve kann jedoch ausnahmsweise auch vorzeitig eingesetzt werden, um einen künftigen Strommangel abzuwenden, indem der Wasserkraftreserve zusätzliche Energie zugeführt wird. Die Reservekraftwerke müssen mit mindestens zwei verschiedenen Energieträgern (z.B. Gas und Öl) betreibbar sein, um auch bei einem gleichzeitigen Versorgungsengpass beim Strom und beim Gas oder Öl die notwendige Redundanz sicherzustellen. Zudem müssen die Kraftwerke so betrieben werden, dass sie die Treibhausgasbilanz gesamthaft nicht belasten. Ein weiteres Element der Vorlage ist die Einführung von Investitionsbeiträgen für WKK-Anlagen im Energiegesetz. Durch die zusätzliche Stromproduktion von Anlagen soll die Wasserkraftreserve geschont werden. Die geförderten Anlagen müssen mit erneuerbaren Brennstoffen betrieben werden. Wenn nicht, müssen die CO2-Emissionen kompensiert werden. Die Investitionsbeiträge sollen über den bestehenden Netzzuschlag finanziert werden. Im Energiegesetz soll zudem der Auftrag an das Bundesamt für Energie verankert werden, die Öffentlichkeit über die aktuelle Entwicklung der Energieversorgung der Schweiz zu informieren. Dazu sind ihm die dafür notwendigen Daten zu liefern. Schliesslich soll es dem Bund ermöglicht werden, den Betreibern von Anlagen, die mit mehreren Energieträgern betrieben werden können (sog. Zwei- oder Mehrstoffanlagen), die Mehrausgaben zu erstatten, wenn sie auf Anweisung des Bundes hin auf den alternativen Energieträger umstellen, dadurch zusätzliche CO2-Emissionsrechte erwerben müssen und dadurch einen nicht zumutbaren finanziellen Nachteil erleiden.
Forderungen
Die Handelskammer setzt sich seit geraumer Zeit mit politischen Forderungen für eine Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit im Bereich Energie ein. Die Schaffung einer erweiterten Reserve kann hier einen Beitrag leisten, weshalb wir diese begrüssen. Wir sehen den vorliegenden Entwurf grundsätzlich als geeignet an, die bereits beschlossenen Massnahmen des Bundes zu ergänzen.
Gerade die Tatsache, dass das Risiko einer Strommangellage gemäss Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS als aktuell grösstes und potenziell folgenschwerstes Risiko für die Schweiz eingestuft wird, zeigt den hohen Handlungsbedarf. Schon im Jahr 2021 hat die Handelskammer beider Basel in ihrem Themendossier «Sicher in die Stromzukunft» vor einer drohenden Mangellage gewarnt. Dies nicht zuletzt aufgrund der abnehmenden Exportfähigkeit unserer Nachbarstaaten, eine Entwicklung, welche sich in den nächsten Jahren noch akzentuieren wird. Natürlich stellt uns auch der geplante Umbau auf erneuerbare Energien vor grosse Herausforderungen, insbesondere im Winterhalbjahr. Folglich begrüsst die Handelskammer beider Basel die angestrebte Stärkung der Stromversorgungssicherheit und unterstützt die vorgeschlagenen Änderungen des Stromgesetzes.
Die Stärkung der Reserve darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Schweiz beim Aus- und Umbau ihres Energiesystems nochmals einen Gang zulegen muss. Vor allem die Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen muss massiv ausgebaut werden. Nachgelagerte Infrastrukturen, insbesondere die Leistungsfähigkeit der Stromnetze, müssen mit dieser Entwicklung schritthalten und an die neuen Anforderungen angepasst werden. Nachgelagerte Infrastrukturen müssen mit dieser Entwicklung schritthalten und an die neuen Anforderungen angepasst werden. Hier fordert die Handelskammer bessere Rahmenbedingungen. Hauptsächlich müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Die vorliegende Verordnung ist eine Massnahme, um bei einer temporären Mangellagen einen Totalausfall zu verhindern. Ziel muss es aber sein, dass es gar nie zu einem kritischen Engpass kommt. Ohne massiv beschleunigten Zubau, deutliche Steigerung der Effizienz, fokussierten Um- und Ausbau der Netze sowie einem effizienten Energieaustausch mit Europa, sind die Schweizer Energie- und Klimaziele nicht zu erreichen. Die Handelskammer beider Basel fordert den Bund deshalb auf, bei diesen Themen den Fokus zu legen.
Aus unserer Sicht muss auch die Rolle von grünem Wasserstoff noch klarer definiert werden. Wasserstoff kann zu einem essenziellen Element der Schweizer Energieversorgung werden. Aller Voraussicht nach wird er nach 2040 in grossen Mengen über eine europaweite Pipelineinfrastruktur zur Verfügung stehen. Hier muss sich der Bund für einen adäquate Ein- und Anbindung der Schweiz einsetzen und mit den Kantonen eng zusammenarbeiten. Für uns ist daher auch klar, dass möglichst alle neuen Reservekraftwerke für den Einsatz von Wasserstoff und/oder dessen Derivate, insbesondere Methanol, geeignet sein müssen. So ist nicht nur die nötige Redundanz sichergestellt, sondern auch die Klimaneutralität. Kraftwerke, welche die Treibhausgasbilanz gesamthaft nicht belasten, sind zwar gut, CO2 -neutrale Kraftwerke wären aber wünschenswerter!
Des Weiteren begrüssen wir die Einführung von Investitionsbeiträgen für WKK-Anlagen. Diese bringen ein zusätzliches Element ins Spiel und erhöhen damit die Versorgungssicherheit. Auch die Finanzierung über den bestehenden Netzzuschlag unterstützen wir. Das letzte Element, welches im Energiegesetz verankert werden soll, ist der Auftrag an das Bundesamt für Energie, die Öffentlichkeit über die aktuelle Entwicklung der Energieversorgung der Schweiz zu informieren. Grundsätzlich beurteilen wir diesen Ansatz positiv, die Unternehmen und die Bevölkerung brauchen fundierte und verlässliche Informationen. Im letzten Winter war dies nicht immer der Fall, wobei die vom Bund zusammen mit der Wirtschaft lancierte Kampagne als positiv zu werten ist. Nur mit einer fundierten Entscheidungsgrundlage kann die Bevölkerung effizient Energie sparen und zur Verhinderung einer Mangellage beitragen. Durch eine transparente Informationspolitik entsteht ein gegenseitiges Vertrauen und unnötige Hysterie wird verhindert. Im Umkehrschluss sind die Unternehmen und die Bevölkerung im Notfall eher bereit, in den freiwilligen Verzicht zu gehen. Aus Sicht der Wirtschaft müssen die entsprechenden Prozesse aber möglichst schlank und unbürokratisch ausgestaltet werden. Der administrative Mehraufwand für die Unternehmen, welche die Daten zur Verfügung stellen, muss auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Es muss ausserdem klar sein, dass die gesammelten Daten einzig für den angegebenen Zweck verwendet und danach gelöscht werden.