Entwicklungskonzept Stadtraum Solitude

13.12.2023

Stellungnahme zum Entwicklungskonzept Stadtraum Solitude

Wir begrüssen es, dass mit dem vorliegenden Entwicklungskonzept der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur mit der stadträumlichen Entwicklung abgestimmt wird. Damit wird die Gefahr von Fehlplanungen und fehlender Koordination der verschiedenen in diesem Parameter aktiven Akteure vermindert. Wir begrüssen es insbesondere, dass die Bahnknotenorganisation bei der Erarbeitung des Konzeptes miteinbezogen wurde.

Generelles

Das Konzept atmet den Geist gestaltungsfreudiger Stadtplaner. Es sollen attraktive Räume, wertvolle Aufenthaltsqualität und Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen werden. Dies ist im Grundsatz erstrebenswert. Die Erhaltung, Leistungsfähigkeit und Funktionalität der Verkehrsinfrastruktur an dieser verkehrlich zentralen Stelle dürfen der besagten Gestaltungsfreude jedoch nicht zum Opfer fallen. Mit dem vorliegenden Konzept ist dies unserer Meinung nach nicht sichergestellt. Die Arbeiten sind unvollständig und die vorgeschlagenen Stossrichtungen nicht immer konsistent mit anderen Geschäften und Entwicklungen (Beispiel Roche-Parkhaus). Das Konzept muss deshalb deutlich nachgebessert und mit den direkt betroffenen Akteuren (insbesondere Roche als grosse Arbeitgeberin im Konzeptperimeter) eng abgesprochen werden. Im Folgenden gehen wir auf einige Punkte ein, wo wir besonderen Handlungsbedarf verorten.

Begrünung

Wir begrüssen Begrünung und Entsiegelung, wo dies umsetzbar ist und keine bestehenden oder künftigen Infrastrukturen einschränkt oder auf eine sonstige Art die Funktionalität der Stadt beeinträchtigt. Die Behörden werden aufgefordert, unkonventionelle Ideen zu erwägen und aus festgefahrenen Prozessen auszubrechen. Es existiert ein reicher Schatz an Konzeptideen von Planungsbüros und Beispielen anderer Städte, wo Begrünung und Funktionalität gleichzeitig gewährleistet werden können.

Underfly

Wir stehen einer Aufhebung des Underflys, äusserst skeptisch gegenüber. Der betrachtete Perimeter ist von hohem Verkehrsaufkommen geprägt – insbesondere auf der Strasse. Dank des Autobahnzugangs in unmittelbarer Nähe, handelt es sich um ein zentrales Zugangstor zur Stadt. Der Underfly hilft, die Verkehrsbelastung des Knotens Grenzacherstrasse/Schwarzwaldstrasse zu entlasten und den Verkehrsfluss von der Autobahn her zu erleichtern. Seine Aufhebung würde also die Kapazität des Knotens reduzieren und zwangsläufig auch den öV verlangsamen. Es sind nicht nur die dort fahrenden Linien betroffen, sondern auch nahezu alle aus der Garage Rank ausfahrenden Busse der BVB.

Angesichts der wachsenden Mobilitätsbedürfnisse – bis 2040 140'000 zusätzliche Einwohnerinnen und Einwohner in der trinationalen Agglomeration – und der bereits heute bestehenden Verkehrsüberlastungen (gemäss Konzept «Teil des am stärksten befahrenen Strassen- und Schienenkorridors der Schweiz») droht ein Kapazitätsabbau in Form eines Rückbaus des Underflys in einem Verkehrschaos zu enden. Vor diesem Hintergrund erachten wir es als übereilt, eine solche Massnahme vorzusehen, ohne auf eine adäquate verkehrstechnische Analyse der möglichen Auswirkungen verweisen zu können. Selbst die kurze Einschätzung diesbezüglich muss kritisch stimmen. Es wird zugegeben, dass die Aufhebung des Underflys «gegebenenfalls zu mehr Verkehr auf Stadtraumebene» führen kann, dies «zulasten des ÖV». Wir fordern den Regierungsrat entsprechend auf, von dieser Massnahme Abstand zu nehmen und den Underfly zwingend zu erhalten. Stattdessen könnte geprüft werden, ob mittels Brücken oder Stegen die «Zerschneidungswirkung» der Grenzacherstrasse reduziert werden kann.

Entflechtung Fuss- und Veloverkehr

Um die bestehenden Konflikte an der Rheinufer-Promenade zwischen Velo- und Fussverkehr zu entschärfen, beabsichtigt das Entwicklungskonzept, den schnellen Veloverkehr über die Grenzacherstrasse zu leiten und die Rheinufer-Promenade dem Fussverkehr und den komfortorientierten Velofahrenden vorzubehalten. Wir stehen dieser Absicht skeptisch gegenüber. Wie oben ausgeführt, muss der Knoten Grenzacherstrasse/Schwarzwaldstrasse eine zunehmend wichtige Verkehrsleistung als Bindeglied zwischen dem städtischen Strassennetz und der Nationalstrasse A2 übernehmen. Vor diesem Hintergrund lehnen wir eine Umwidmung der bestehenden Spuren in Verkehrsflächen für den Veloverkehr dezidiert ab. Die Grenzacherstrasse wird auch künftig für Velofahrende unattraktiv sein. Der rege Busverkehr in diesem Perimeter sowie die vielbefahrende Kreuzung Grenzacherstrasse/Schwarzwaldstrasse machen die Strecke für Velofahrende auch künftig zu einem unangenehmen Erlebnis. Erfolgsversprechender erscheint es uns deshalb, die Rheinufer-Promenade punktuell zu verbreitern, sodass die Konflikte zwischen Velo- und Fussverkehr, welche vornehmlich im Sommer auftreten, entschärft werden können. Dies sollte in den aktuell laufenden Planungen zur Solitude-Promenade untersucht werden. Zudem begrüssen wir vor diesem Hintergrund die Absicht, einen Steg rheinseitig des Brückenkopfes zu prüfen. Die Entflechtung soll also nach unserem Verständnis nicht gemäss Entwicklungskonzept vorgenommen, sondern als Trennung des MIV vom Langsamverkehr umgesetzt werden.

Fuge Schwarzwaldstrasse und Rückbau Roche-Parkhaus

Aktuell wird der Bereich zwischen Autobahn und Bahndamm unter anderem als Parkraum für Autos genutzt. Dieser Raum eignet sich aufgrund seiner Lage zwischen zwei emissionsintensiven Infrastrukturen nur für ein engbegrenztes Feld von Nutzungen. Selbst eine Begrünung würde kaum zu hoher Aufenthaltsqualität führen. Es scheint deshalb wesentlich sinnvoller, den Raum weiterhin zum Parkieren von Fahrzeugen zu nutzen. Dies insbesondere aufgrund der praktisch einmaligen Lage des Parkhauses mit hervorragender Autobahnanbindung und der Nähe zum Badischen Bahnhof, welcher im Zuge der Bahnknotenausbauten deutlich an Relevanz gewinnen wird. So kann der Perimeter Solitude die Funktion einer multimodalen Verkehrsdrehscheibe und eines Stadttors einnehmen. Stadtbesucher können mit ihrem Fahrzeug in die Stadt gelangen, ohne das Stadtstrassennetz zu belasten. Im Bereich Solitude stehen ihnen dann leistungsfähige Anschlussmöglichkeiten via Fuss-, Velo- und öffentlichem Verkehr in alle Richtungen offen. Auch Sharing-Angebote wären dort optimal angesiedelt. Es wäre daher auch angesichts des Ziels, den MIV im städtischen Kernnetz zu vermindern, nicht zielführend, das Parking zurückzubauen. Von den grauen Emissionen durch die Vernichtung der voll funktionsfähigen Infrastruktur ganz zu schweigen.

Als Massnahme soll gemäss Entwicklungskonzept geprüft werden, ob das bestehende Roche-Parkhaus künftig als Quartierparking genutzt oder doch rückgebaut (Empfehlung im Konzept) werden soll. Vor dem Hintergrund der obenstehenden Ausführungen bitten wir den Regierungsrat, auf einen Rückbau zu verzichten. Es sollte geprüft werden, ob das Parkhaus zusätzlich zur Funktion als Quartierparking weitere Parkplatznutzungen (beispielsweise Sharing-Angebote und/oder Park & Ride) ermöglicht. Dass die Verwaltung weiterhin einen Rückbau empfiehlt, obwohl der Grosse Rat mit einer überwältigen Mehrheit von 76 zu 16 Stimmen die Motion Luca Urgese und Konsorten betreffend «Umnutzung des Roche-Parkhauses an der Schwarzwaldallee zu einem Quartierparking» (23.5114) überwiesen hat (Zweitüberweisung), welche genau dies verhindern will, ist äusserst befremdlich. Zudem lassen sich zwischen den Stossrichtungen des Entwicklungs-konzeptes und des Regierungsratsbeschlusses vom 6. September 2023 zur Motion 23.5114, in welchem sich die Regierung gegenüber einer Umnutzung wohlwollend zeigt und den Vorstoss zur Überweisung als Anzug empfiehlt, trotz gutem Willen wesentliche Widersprüche erkennen. Wir bitten den Regierungsrat deshalb seinen Aussagen im Regierungsratsbeschluss treu zu bleiben, den Willen des Parlaments zu vollziehen und die Umnutzung des Roche-Parkhauses als Quartierparking voranzutreiben.

Redimensionierung der Osttangente

Die Osttangente ist als Nationalstrasse im Besitz des Bundes. Allfällige Massnahmen können also nicht vom Kanton entschieden werden. Ein Rückbau oder Teilrückbau der Osttangente würde den Zielen, welche mit dem Projekt Rheintunnel verfolgt werden, diametral widersprechen. Durch den Bau des Rheintunnels kann der Transitverkehr unterirdisch geführt werden. Die Osttangente wird damit um rund 30 Prozent ihrer für das Jahr 2040 prognostizierten Verkehrsbelastung entlastet. Dies bietet die Möglichkeit, den bisherigen Ausweichverkehr, der sich aufgrund der Überlastung der Osttangente seinen Weg durch die Quartiere gesucht hat, zurück auf die Osttangente zu führen. Wird die Kapazität auf der Osttangente reduziert, kommt es dort wiederum zu Stau und in Folge zu Ausweichverkehr in die Quartiere. Von einer Umwidmung von Verkehrsflächen ist dem-entsprechend dringend abzusehen.

Fazit

Wie den vorausgehenden Ausführungen zu entnehmen ist, weist das Entwicklungskonzept unserer Einschätzung nach gravierende Mängel auf, insbesondere was den Mobilitätsaspekt betrifft. Wir bitten den Regierungsrat deshalb, das Entwicklungskonzept nach diesen Gesichtspunkten nochmals grundlegend zu überarbeiten und direkt betroffene Unternehmen eng in die Planungen einzubeziehen.

Angehängt siehe die Antworten aus dem Fragebogen

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