Weiterentwicklung der Schwerverkehrsabgabe (LSVA)
Die Handelskammer beider Basel unterstützt die vorliegende Weiterentwicklung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe grundsätzlich. Wir sehen aber in einigen Punkten noch Optimierungsbedarf.
Ausgangslage
Logistik und Güterverkehr sind für das Funktionieren einer Volkswirtschaft unverzichtbar. Für die Region Basel mit ihrem wichtigen Logistikcluster ist der Güterverkehr von besonderer Bedeutung. Hier vereinen 740 Betriebsstätten insgesamt 13'000 Logistik-Fachkräfte. Die Branche erwirtschaftet in der Region Basel eine Bruttowertschöpfung von 1,6 Mia. Franken und kommt als wichtigste Grenzregion für den Aussenhandel der Schweiz auf 27 Prozent des gesamtschweizerischen Umschlagwerts.
Die Schweiz hat die LSVA im Rahmen des Verlagerungsauftrags im Transitverkehr auf der Nord-Süd-Achse ins Leben gerufen und ist damit insgesamt gut gefahren. Der Marktanteil der Schiene liegt heute bei etwa 74 Prozent, ohne dass die Effekte der fertiggestellten NEAT bereits voll spürbar sind. Gleichzeitig ist der Fahrzeugpark auf der Strasse so sauber wie nie zuvor. Der Anteil an Fahrzeugen der Kategorie «Euro 6» auf der Strasse lag 2021 bei 80 Prozent, die Fahrleistung älterer Euro-Klassen als 5 lag noch bei 3 Prozent. Die ungedeckten externen Kosten des Schwerverkehrs konnten somit substanziell reduziert werden. Das ist im Wesentlichen ein Verdienst der LSVA, welcher noch dazu in einem einigermassen verträglichen wirtschaftlichen Rahmen erreicht werden konnte.
Gemäss dem Bundesamt für Statistik kommen die Verkehrsnutzenden im Strassengüterverkehr mit schweren Fahrzeugen für 91 Prozent der finalen Kosten auf. CHF 800 Mio. bleiben ungedeckt und werden auf die Allgemeinheit abgewälzt. Somit besteht die Aufgabe der LSVA darin, diese CHF 800 Mio. zusätzlich zu internalisieren.
Unsere Position
Die Handelskammer beider Basel (HKBB) begrüsst grundsätzlich die Vorlage des Bundesrates, künftig auch erneuerbar betriebene LKW in die LSVA einzubinden. Damit können die vorgegebenen Ziele der LSVA weiterhin erfüllt werden. Insbesondere die resultierenden Mehrerträge für die Deckung der Kosten zulasten der Allgemeinheit erachten wir (weiterhin) als prioritär. Weitere, sekundäre Ziele bilden die Infrastrukturfinanzierung, die Steigerung der Attraktivität des Schienengüterverkehrs und die Verkehrsverlagerung. Als kritisch erachten wir die Änderung der LSVA-Zielfunktion und deren Ausweitung durch die Änderung des Kostendeckungsprinzips (Netto-Betrachtung, Tarifobergrenzen).
Die Verfassung ermächtigt den Bund, auf den Schwerverkehr eine leistungs- oder verbrauchsabhängige Abgabe zu erheben, soweit dieser der Allgemeinheit Kosten verursacht, die nicht durch andere Leistungen oder Abgaben gedeckt sind. Umso notwendiger erscheint es deswegen auch, alle Fahrzeuge in die LSVA einzubeziehen, da auch umweltverträglichere Fahrzeuge Kosten durch Staus, Lärmemissionen etc. verursachen. Mit dem Einbezug von allen Fahrzeugen (Integration von erneuerbaren Antrieben und die Einführung der EURO 7 Norm) wird es denn auch möglich sein, besser zwischen den verschiedenen Fahrzeugmodellen und den von ihnen generierten externen Kosten zu differenzieren und neue LSVA-Tarife festzulegen.
Dennoch ist absehbar, dass die externen Kosten des Schwerverkehrs durch immer umweltverträglichere Fahrzeuge weiter sinken und irgendwann einmal vollständig internalisiert werden. In der Konsequenz werden das Lenkungs- und Internalisierungsziel irgendwann erreicht, aber das Finanzierungsziel nicht.
Es ist wichtig sicherzustellen, dass auch in Zukunft der Bahninfrastrukturfonds (BIF) solide finanziert ist. Neben den hohen Unterhaltskosten stehen wichtige Bahnausbauprojekte an, insbesondere der Ausbau des für den nationalen und internationalen Güterverkehr entscheidenden Bahnknotens Basel. Dies stimmt mit dem Grundsatz überein, dass sich die Verlagerungspolitik, je stärker die externen Kosten des Schwerverkehrs reduziert und internalisiert sind, desto mehr mit der Attraktivität der Schiene befassen sollte. Diese muss weiterhin verlässlicher und kundennäher werden, um zusätzliche Gütermengen anzuziehen.
Die Vernehmlassungsvorlage setzt die Kernidee der Systemintegration erneuerbarer Antriebe gut um. Zwar ist die LSVA-Befreiung für alternative Antriebe aktuell ein wichtiger Anreiz für die notwendige Dekarbonisierung des Schwerverkehrs, die steigenden Marktanteile werden eine Systemintegration mittelfristig jedoch unumgänglich machen. Entscheidend ist, dass in dieser Übergangsphase Planungssicherheit besteht und keine Investitionsanreize zerstört werden. Die Kernelemente der Vernehmlassungsvorlage werden diesem Ziel gerecht. Insbesondere wird spürbar auf die Investitionszyklen der Wirtschaft Rücksicht genommen, indem Änderungen an den Rahmenbedingungen jeweils mit siebenjähriger Vorlaufzeit implementiert werden sollen. Dieses Prinzip sollte noch stärker im Entwurf zum SVAG Eingang finden.
Auch das vorgesehene Rabattsystem und die Investitionsbeiträge für den Schwerverkehr sind unter diesem Gesichtspunkt grundsätzlich positiv zu werten. Die Rabatte verhindern, dass Investitionen kurz vor dem Systemwechsel gehemmt werden. Die Investitionsbeiträge sind insofern zu begrüssen, als dass damit die LSVA direkt der Dekarbonisierung des Strassenverkehrs zugutekommt. Das vorgeschlagene Rabattsystem müsste jedoch angepasst werden, um in der Übergangsphase tatsächlich einen positiven Effekt auf die Elektrifizierung des Schwerverkehrs zu erzielen. Einerseits fordern wir einen Rabatt von 50 Prozent; die vorgeschlagenen 25 Prozent sind zu tief, um den «Systembruch» für Investitionen nahe an 2031 abzufedern. Andererseits lehnen wir die degressive Ausgestaltung ab. Diese wirkt arbiträr und verkompliziert die Planung einer Investition unnötig. Drittens fordern wir, dass die Übergangslösung nicht für fünf Jahre gilt, sondern für sieben Jahre ab Inverkehrsetzung der Fahrzeuge (spätestens 2031). Diese Frist ist kongruent mit den übrigen Fristen der Vernehmlassungsvorlage und mit den Investitionszyklen im Schwerverkehr.
Insgesamt sollte sich die Vorlage auf die Kernelemente der Integration erneuerbarer Energien beschränken und weitere Eingriffe ins System unterlassen.
Unsere wichtigsten Forderungen
Die Handelskammer beider Basel möchte folgende Punkte speziell hervorheben:
- Das Primärziel der LSVA der Internalisierung der externen Kosten des Schwerverkehrs, muss beibehalten bleiben. Die Verlagerungspolitik soll hingegen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene fokussieren. Insbesondere müssen die Engpässe entlang der Nord-Süd-Achse, namentlich im Bahnknoten Basel, beseitigt werden. Dafür ist eine solide Finanzierung des BIF notwendig.
- Wir begrüssen es, dass den Bedürfnissen der Branche Rechnung getragen wird und die Einteilung der Abgabekategorien mit sieben Jahren «Vorlaufzeit» erfolgt.
- Wir bevorzugen Variante 2 der vorgeschlagenen Anreizinstrumente für elektrisch angetriebene Fahrzeuge (Wahl zwischen Rabattsystem und Investitionsbeiträgen). Jedoch fordern wir einen Rabatt von 50 Prozent, lehnen die degressive Ausgestaltung ab und fordern, dass die Übergangslösung für sieben, statt für fünf Jahre gilt.
- Insgesamt sprechen wir uns dafür aus, dass sich die Vorlage auf die Kernaufgabe der Systemintegration erneuerbarer Energien beschränkt und weitere Eingriffe unterlässt.
In den weiteren Punkten verweisen wir auf die Stellungnahme von economiesuisse, welcher wir uns anschliessen.