Stellungnahme zur Teilrevision der CO2-Verordnung

03.07.2019

Die Handelskammer beider Basel begrüsst die Verknüpfung der Emissionshandelssysteme (EHS) der Schweiz und der Europäischen Union. Sie ermöglicht hiesigen Unternehmen die Teilnahme am deutlich liquideren und transparenten europäischen Markt für Emissionsrechte und stellt diesbezüglich eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischen Konkurrenten dar. Bei der konkreten, in der Vorlage vorgeschlagenen Ausgestaltung, gibt es jedoch noch deutlichen Verbesserungsbedarf. So darf ein Einbezug von Luftfahrzeugen in das EHS nur unter der Voraussetzung geschehen, dass nicht weitere Abgaben oder Steuern auf anderer Ebene eingeführt werden – ein Wildwuchs von luftfahrtspezifischen Abgaben muss verhindert werden. Weiterhin soll der Bund nicht verwendete Emissionsrechte des Vorjahres in die nächste Periode überführen, um eine Reinvestition in CO2-reduzierende Innovationen nicht zu gefährden. Für eine allfällige Weiterentwicklung des Abkommens zwischen der Schweiz und der EU im Rahmen eines Gemischten Ausschusses müssen die Interessenverbände, insbesondere die gesamtwirtschaftlichen und relevanten Branchenverbände, eng einbezogen werden.

Die Schweiz unternimmt seit geraumer Zeit sowohl auf nationaler, als auch auf kantonaler und kommunaler Ebene umfassende Massnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen. Die Unternehmen leisten hier über verschiedene Ansätze bereits einen umfangreichen Beitrag. Das marktwirtschaftliche Instrument des Emissionshandels, im Rahmen des Schweizer Emissionshandelssystems (EHS), stellt hierbei einen pragmatischen und ökonomisch effizienten Weg zur Reduktion von CO2-Emissionen dar. Teilnehmer am EHS handeln CO2-Zertifikate und sind im Gegenzug von der CO2-Abgabe auf Brennstoffe befreit. Da das System bislang nur 50 Unternehmen in der Schweiz umfasst, ist die Liquidität des Marktes gering und dieser entsprechend nicht voll entfaltet, was sich vor allem negativ auf seine Effizienz auswirkt.

Mit der Vorlage «Teilrevision der Verordnung über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Ver-ordnung)» des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), wird die Verknüpfung des Schweizer EHS mit dem deutlich grösseren europäischen EHS auf Grundlage eines Abkommens der Schweiz mit der Europäischen Union (EU) angestrebt. Schweizer Unternehmen würden so zukünftig von einem deutlich liquideren und transparenteren System profitieren und gegenüber ihren europäischen Konkurrenten diesbezüglich wettbewerblich ebenbürtig. Die gegenseitige Anerkennung und der Handel von Emissionsrechten zwischen Unternehmen in der Schweiz und der EU bedingen die elektronische Verknüpfung der beiden Plattformen. In der Schweiz soll der Kreis an Teilnehmern am Emissionshandel, analog zur EU, auf die Luftfahrt und fossil-thermische Kraftwerke ausgeweitet werden, wobei keine direkte Übernahme von EU-Recht zur Anwendung kommt.

Es ist beabsichtigt, dass diese Änderungen zusammen mit dem teilrevidierten CO2-Gesetz sowie oben erwähntem Abkommen zum 1. Januar 2020 in Kraft treten.

Stellungnahme und Forderungen

Ersatz von Begriffen

Der Begriff «Unternehmen» soll, analog zum revidierten CO2-Gesetz, auch in der CO2-Verordnung durch «Betreiber von Anlagen» ersetzt werden. Der Begriff «ortsfest» wird gestrichen, da er im teilrevidierten CO2-Gesetz aufgeführt sein wird.

Unter der Prämisse, dass dies zur Herstellung einer gemeinsamen Terminologie mit jener der EU beiträgt, und somit einer erfolgreichen Verknüpfung der Plattformen sowie einer Vereinfachung des Vollzugs dient, begrüsst die Handelskammer diese Anpassung.

EHS für Betreiber von Anlagen

Ein Anlagenbetreiber, der neu eine Tätigkeit, die unter Anhang 6 der CO2-Verordnung aufgeführt ist, aufnimmt, kann mit unmittelbarer Wirkung eine Ausnahme von der Teilnahme am EHS beantragen, sofern er dauerhaft weniger als 25'000 Tonnen CO2eq pro Jahr emittiert. Zudem soll die Härtefallregelung für Anlagenbetreiber, die als Übergangsregelung bis zur Verknüpfung mit dem EHS der EU eingeführt wurde, entsprechend der beantragten Anpassung der CO2-Verordnung aufgehoben werden.

Für die Handelskammer ist zentral, dass Betreiber neuer Anlagen, die naturgemäss auf keine Verbrauchsdaten der Vorjahre verweisen können, ein liberales und unbürokratisches Verfahren zur Entlassung aus der obligatorischen EHS-Teilnahme erhalten. Zudem muss zunächst abgewartet werden, ob die Verknüpfung der EHS einwandfrei und wie beschrieben bzw. erwartet realisiert werden konnte, bevor die Übergangsregelung (Härtefallregelung) definitiv aufgehoben wird.

EHS für Betreiber von Luftfahrzeugen

Neu sollen Betreiber zur Teilnahme am EHS verpflichtet werden, die Flüge im Inland oder Flüge aus der Schweiz in den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) durchführen. Flüge, die aus dem EWR in die Schweiz durchgeführt werden, werden vom EHS der EU abgedeckt. Somit kommt es nicht zu einer Doppelbelastung. Analog zu den Regelungen in der EU, werden auch im Schweizer EHS Ausnahmen für Spezialflüge (bspw. Militär-, Rettungs- oder Forschungsflüge) und Schwellenwerte festgesetzt. Notwendig wird somit auch die Berechnung der maximal verfügbaren Menge an Emissionsrechten für die Luftfahrt sowie der Mechanismus zur Ausgabe dieser (kostenlose Zuteilung und Versteigerung). Weiter werden Regelungen zur CO2-Berichterstattung und zur Abgabe von Emissionsrechten festgehalten.

Die Handelskammer beider Basel verfolgt die Diskussionen rund um Abgaben im Bereich der Zivilluftfahrt intensiv. Dabei stellen wir einen teils aktionistischen und unkoordinierten Wildwuchs an Ideen aus unterschiedlichen politischen Milieus fest. Diese reichen von einer Kerosinsteuer, über eine Einbindung des Luftverkehrs in den Emissionshandel (wie in dieser Vorlage vorgeschlagen) bis zu einer pauschalen Flugticketabgabe, wie sie etwa im Rahmen der Revision des CO2-Gesetzes vorgeschlagen wurde. Da die Debatten hierzu, wie oben erwähnt, unkoordiniert und im Lichte einer überhitzten Klimadiskussion stattfinden, befürchten wir eine übermässige Belastung des Flugverkehrs gegenüber anderen Branchen und insbesondere gegenüber dem europäischen Ausland, was der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen und somit der Schweiz insgesamt äusserst abträglich wäre.

Die Integration von Betreibern von Luftfahrzeugen zu oben genannten Konditionen im Rahmen eines verknüpften EHS der Schweiz und der EU, stellte im Gegensatz etwa zu einer Schweizer Flugticketabgabe, keinen nationalen Alleingang dar. Im Vergleich mit europäischen Fluggesellschaften schafft es gleichlange Spiesse. Global betrachtet führt das EHS jedoch zu Wettbewerbsvorteilen für aussereuropäische Gesellschaften, die nicht den Auflagen des EHS unterliegen. Dies im Gegenzug zum neuen UN Instrument CORSIA, welches nach der Initialphase ab 2027 (bis auf wenige Ausnahmen) alle internationalen Flüge weltweit umfasst. Wir befürworten die Integration von Betreibern von Luftfahrzeugen in das EHS daher lediglich unter der Prämisse, dass dies nicht eine von vielen Massnahmen ist, welche die Luftfahrt bezüglich Reduktion von CO2-Emissionen einbindet und durch Mehrfachbelastung zu deutlichen Wettbewerbsnachteile für den Luftfahrtstandort Schweiz führt.

Versteigerung von Emissionsrechten

Es wird vorgeschlagen, dass 15 Prozent der maximal verfügbaren Menge an Emissionsrechten für Luftfahrzeuge versteigert werden. Die jährliche Versteigerung von Emissionsrechten insgesamt soll 10 Prozent des vorjährigen Schwellenwerts («Cap») nicht überschreiten.

Die Handelskammer teilt die Befürchtung, dass es zu einer Überversorgung mit Emissionsrechten kommt, wenn diese nicht auf 10 Prozent des Vorjahres-Cap fixiert werden, nicht. Das europäische EHS verfügt als liquider und transparenter Markt über effiziente Preisfindungsmechanismen, die keinesfalls durch einen staatlichen Eingriff behindert werden dürfen. Die Vernichtung von Emissionsrechten durch den Bund ist aus Sicht der Handelskammer inakzeptabel. Zum einen werden damit Mittel entzogen, um in Innovationen für den Transformationsprozess der Dekarbonisierung zu reinvestieren. Zum anderen wird der wahre Marktpreis der Emissionsrechte verzerrt, womit der Markt seine Transparenz und Effizienz gleichermassen verliert.

Emissionshandelsregister

Schon heute sind in den EHS der Schweiz und der EU beträchtliche Vermögenswerte enthalten. Durch die elektronische Verknüpfung wird das System zudem komplexer. Die Anforderungen für die Kontoeröffnung, -führung und -schliessung sollen daher verschärft werden.

Die Handelskammer versteht, dass die substanziellen Werte, welche sich in den Plattformen befinden, Missbrauch und kriminelle Aktivitäten hervorrufen könnten. Ein Schutz der Plattformen vor derartigen Zugriffen ist somit auch im Interesse der Teilnehmer. Jedoch müssen die Sicherheitsmassnahmen so ausgestaltet sein, dass ein anwenderfreundlicher und komplikationsloser Betrieb durch den Nutzer stattfinden kann. Die im EHS vorhandenen namhaften Beträge stellen schliesslich auch für die Unternehmen hohe Summen dar, womit ein zu jeder Zeit einwandfreier Betrieb der Plattform ein absolutes Muss darstellt. Dieser muss aus unserer Sicht ebenso hohe Priorität wie die Sicherheit des Systems haben.

Abrechnung von europäischen Emissionsrechten

Durch die Verknüpfung der Schweizer und europäischen EHS können die Emissionsrechte im Sinne der Binnenmarktlogik barrierefreie gehandelt werden. Für den Fall, dass die Schweizer Unternehmen ihren Bedarf an Emissionsrechten gesamthaft nicht durch das Schweizer EHS decken können, kommt es zu einer Anrechnung von europäischen Emissionsrechten. Ansonsten werden die beiden Märkte bezüglich der Deckung durch die Emissionsrechte getrennt voneinander betrachtet.

Die Handelskammer begrüsst, dass die Emissionsrechte für den Fall einer Überschreitung der maximal zur Verfügung stehenden Emissionsrechte pro Markt mit jenen des anderen Marktes kompensiert werden können. Es stellt sich aus Sicht eines bürokratievermeidenden Prozesses jedoch die Frage, weshalb der Markt nicht von vornherein als Ganzes betrachtet wird, sondern nur dann, wenn die CO2-Emissionen in der Schweiz den nationalen Cap übersteigen.

Genehmigung von Beschlüssen untergeordneter Tragweite

Zur Verwaltung des Abkommens und einer allfälligen Weiterentwicklung dessen, soll ein Gemischter Ausschuss gebildet werden. Hierin sollen Beschlüsse von untergeordneter Tragweite durch das UVEK genehmigt werden können, um den Bundesrat zu entlasten.

Die Handelskammer befürwortet, dass für die Klärung und Präzisierung rein technischer Natur ein Gemischter Ausschuss auf Verwaltungsebene eingerichtet werden soll. Da jedoch auch kleine Anpassungen grosse Auswirkungen auf den Standort Schweiz und die hier tätigen Unternehmen haben können, sehen wir auch hier eine Einbindung der Interessensgruppen (z.B. gesamtwirtschaftliche oder relevante Branchenverbände) in Form einer aktiven Einbeziehung in den Gemischten Ausschuss oder in Form einer Konsultation oder Vernehmlassung in der üblichen Form, als notwendig an.

Änderungsanträge

Die Handelskammer setzt sich generell dafür ein, dass Abgaben, die in einem spezifischen Kontext erhoben werden, auch tatsächlich wieder dort eingesetzt werden (Zweckbindung). Das Schweizer EHS sieht derzeit keinerlei Zweckbindung der Einnahmen aus dem Handel mit Emissionsrechten vor. Aus unserer Sicht sollen generierte Staatseinnahmen vollumfänglich für Umweltprojekte zur Minderung von CO2-Emissionen eingesetzt werden und nicht in das allgemeine Budget übergehen.

Die Ausführungen zu den Änderungsanträgen finden Sie im pdf. 

 

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