Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Massnahmen zur Kostendämpfung – Paket 2)

24.11.2020

Die Gesamtqualität des Gesundheitssystems darf nicht gefährdet werden. Deshalb appellieren wir dazu, eine gesamtheitliche Sicht auf die Kosten-Nutzen-Thematik einzunehmen. Der Anteil der Arzneimittel an den Gesundheitskosten liegt seit Jahren stabil bei rund 12 Prozent. Dennoch zielen die meisten Massnahmen von Behörden und Politik auf die Ausgaben für Medikamente, ohne gleichzeitig deren Nutzen zu berücksichtigen. Bei einer einseitigen Konzentration auf die Kostendämpfung besteht das Risiko, dass die Qualität zu kurz kommt. (Qualitäts-) Wettbewerb und Versorgungssicherheit würden mit den Massnahmen zur Kostendämpfung massiv beeinträchtigt respektive gefährdet. Dies können wir uns nicht erlauben.

Das Kostendämpfungspaket 2 sieht unter anderem die Einführung einer Zielvorgabe, die Regelung zur Vereinbarung von Preismodellen, die differenzierte Prüfung der WZW-Kriterien, die koordinierte Versorgung und die Schaffung einer obligatorischen Erstberatungsstelle vor.

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen im Kostendämpfungspaket 1 (KP1) wird bereits auf die Arzneimittelpreise gezielt, obwohl die Pharmaindustrie bereits in den letzten Jahren einen substantiellen Beitrag zur Kostendämpfung beigetragen hat. Falls sie beschlossen werden, haben die Generika- und die Originalhersteller zusätzliche substanzielle Einsparungen zu tragen, was zu einer Ausdünnung der Produktevielfalt und einer Monopolisierung des Arzneimittelmarktes führt.

Mit den Massnahmen im Kostendämpfungspaket 2 (KP2) hat der Bundesrat erneut die Medikamentenpreise im Fokus, obwohl die Pharmaindustrie seit langem einen signifikanten Beitrag zur Kostendämpfung in der Schweiz leistet. Als bedeutende Akteure im Schweizer Gesundheitswesen ist die Pharmaindustrie bereit, darüber hinaus gehende Massnahmen zu evaluieren. In diesem Zusammenhang ist es zentral, dass die Massnahmen bei den Ursachen ansetzen und nicht dort, wo sie aufgrund föderaler Strukturen am einfachsten durchgeführt werden können.

Angesichts der Tatsache, dass die neu geregelten dreijährlichen Preisüberprüfungen deutliche Wirkung zeigen, und die Preise weiter nachhaltig gesenkt werden, ist es grundsätzlich verfrüht, erneut Massnahmen im Arzneimittelbereich vorzuschlagen. Mit den dreijährlichen Preissenkungsrunden hat die Pharmaindustrie seit 2012 stetig steigend zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen beigetragen, dieser Beitrag beläuft sich heute auf eine Milliarde Franken pro Jahr beläuft. Die pharmazeutischen Firmen stehen auch in Zukunft zu diesen 3-jährlichen Preissenkungsrunden und leisten damit einen gewichtigen Beitrag zur Dämpfung der Gesundheitskosten.

Medikamente machen unverändert rund 12 Prozent der Gesundheitsausgaben aus. Die bisher geleisteten Beiträge der Pharmabranche zur Kostendämpfung sind damit deutlich höher als der Anteil an den Gesundheitsausgaben. Obwohl der Anteil der Arzneimittel an den Gesundheitskosten seit Jahren stabil bei rund 12 Prozent liegt, zielen die meisten Massnahmen von Behörden und Politik auf die Ausgaben für Medikamente, ohne auch deren Nutzen gebührend zu berücksichtigen.

Insgesamt trägt der einseitige Fokus der Vorlage auf die Kostendämpfung wenig zu einem zukunftsgerichteten, nachhaltigen Gesundheitswesen bei. Im Gegenteil droht mit den vorgeschlagenen Massnahmen eine weitere administrative Belastung aller Beteiligten. Leistungen und Qualität für Patienten werden beschnitten, der Zugang zur Innovation behindert und der Innovationsstandort geschwächt. Auch wird damit eine weitere, deutliche Verschlechterung der Versorgungssicherheit akzeptiert und der Produktionsstandort Schweiz geschwächt.

Insbesondere das Zulassungs– und Vergütungssystem sollte sich parallel zum wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt weiterentwickeln. Dies erfordert u.a., dass das Vergütungsverfahren des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) stärker an die beschleunigten Zulassungsverfahren von Swissmedic angebunden wird. Dabei muss eine zeitgemässe Preisfestsetzung auf einer breiten Nutzen-Kosten-Evaluation basieren, die den Nutzen für den Patienten, für das Gesundheitswesen und die Gesellschaft sowie alle Kostenfolgen berücksichtigt.

Aufgrund der stark verzögerten Aufnahme von innovativen Medikamenten in die Spezialitätenliste (SL) wird der Zugang zu innovativen Medikamenten aktuell beträchtlich eingeschränkt. Die Pharmaindustrie fordert, dass die Patienten im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) unmittelbar ab bestehender Swissmedic-Zulassung Zugang zur Innovation mit Kostenerstattung erhalten. Zur Erreichung dieses Ziels zeigt sich die Industrie dazu bereit, mit Vergütungsmodellen - wie im KP2 vorgeschlagen - eine rasche, zeitlich befristete Aufnahme zu ermöglichen. Dadurch können auch Vergütungen im Einzelfall nach Art. 71a-d KVV reduziert werden. Nicht nur der Zugang hochinnovativen Produkten ist erschwert, auch Weiterentwicklungen von bestehenden Medikamenten wird erschwert, teilweise verunmöglicht, wodurch die Vielfalt der Therapieoptionen fehlt und der Patient nicht die optimale Behandlung erhält.

Kostendämpfungspaket 2

Das Kostendämpfungspaket 2 sieht unter anderem die Einführung von Zielvorgaben, die Regelung zur Vereinbarung von Preismodellen, die differenzierte Prüfung der WZW-Kriterien, die koordinierte Versorgung und die Schaffung einer Erstberatungsstelle vor, zu welchen die Handelskammer beider Basel Stellung nimmt.

Die Handelskammer beider Basel regt an, anstelle einer einseitigen Kostendämpfung eine zukunftsgerichtete Diskussion über die Qualität des Schweizer Gesundheitswesens zu führen. Anstelle der einseitigen Fokussierung sollte das Krankenversicherungsgesetz (KVG) Fortschritt belohnen und unnötige Kosten einsparen. Es soll den Nutzen für die Patienten ins Zentrum der Gesundheitspolitik stellen und ein hochwertiges Gesundheitsdaten-Ökosystem unterstützten.

Nachfolgend die Positionen der Handelskammer beider Basel:

Einführung von Zielvorgaben für das OKP-Wachstum
Die Handelskammer beider Basel spricht sich, wie die Pharmabranche, gegen Zielvorgaben im Gesundheitswesen aus, die im Endeffekt Innovationen verhindern und den Zugang zu solchen beschränken und zudem zu einer de facto Rationierung führen könnte.
Regelung für die Vereinbarung von Preismodellen und allfälligen Rückerstattungen
Grundsätzlich befürwortet die Handelskammer beider Basel die vorgeschlagene Regelung zu Preismodellen, neue Produkte müssen aber ab dem Tag der Marktzulassung durch Swissmedic erstattungsfähig sein und so den Patienten unmittelbar zugänglich gemacht werden.

Schaffung von Rechtsgrundlagen für eine differenzierte Prüfung der WZW-Kriterien inkl. Kostengünstigkeitsprinzip

Die Einführung des Kostengünstigkeitsprinzip, die differenzierte WZW-Prüfung sowie die jährliche anstatt dreijährlich Preisüberprüfung verschärfen die andauernde Rechtsunsicherheit bei der Festlegung der Medikamentenpreise sowie den Zugang zu innovativen Arzneimitteln. Dies verringert insbesondere die Planbarkeit für Unternehmen, weswegen wir diese ablehnen. Ferner führt dies zu einem drastischen Anstieg des administrativen Aufwandes bei den Firmen genauso wie beim BAG, welche nicht in einem vernünftigen Verhältnis zu den Einsparungen steht.

Stärkung der koordinierten Versorgung und Schaffung einer Erstberatungsstelle

Die Handelskammer beider Basel befürwortet grundsätzlich die Förderung der koordinierten Versorgung über die Definition von Netzwerken in gleichem Masse wie die vorgesehenen Programme der Patientenversorgung.

Hingegen spricht sich die Handelskammer beider Basel gegen den Zwang zur Kontaktierung einer Erstberatungsstelle aus. Im Sinne eines freiheitlichen Systems sind wir klar gegen ein Obligatorium. Die Freiwilligkeit ist uns hier sehr wichtig. Zu begrüssen wären hingegen verbesserte Anreize zur Förderung von Gatekeeping Systemen, z. B. durch die Aufhebung der aktuell gültigen Obergrenzen bei den Rabatten für solche Versicherungsmodelle, wobei jeweils gezeigt werden müsste, dass dies in Summe tatsächlich zu Einsparungen ohne Qualitätsverlust führt.

Im Weiteren verweist die Handelskammer beider Basel auf die detaillierten Stellungnahmen von scienceindustries, der Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz (vips), sowie Interpharma und unterstützt deren Forderungen hiermit ausdrücklich.

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