Strukturwandel beschleunigt
Die Erholung der Wirtschaft nach dem Corona-bedingten Lockdown im Frühjahr verliert an Fahrt, das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage der Handelskammer beider Basel. Die Ungewissheit über die weitere Entwicklung der Covid-19-Situation und damit die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung ist gross. Der Strukturwandel wird durch Covid-19 stark beschleunigt.
Die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der Handelskammer beider Basel bei ihren Mitgliedern zeigen: Nicht alle Branchen der regionalen Wirtschaft sind gleich stark von der Corona-Krise betroffen. So beurteilt ein Drittel der Unternehmen den aktuellen Geschäftsgang mit «gut» und ein weiteres Drittel mit «befriedigend». Jedes fünfte Unternehmen bewertet den aktuellen Geschäftsgang mit «unbefriedigend» und jedes achte Unternehmen mit «schlecht». «Dieses Stimmungsbild deckt sich mit den Werten unserer Konjunkturumfrage im Sommer», erklärt Andreas Meier, Abteilungsleiter Mitglieder & Netzwerk.
«Die Erholung nach dem Corona-bedingten Lockdown im Frühjahr verliert an Fahrt. Die Ungewiss-heit über die weitere Entwicklung der Covid-19-Situation und damit die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung ist gross. Auf keinen Fall darf es zu einem zweiten Lockdown kommen. Dieser hätte drastische Folgen für die Wirtschaft. Er wäre nicht zu finanzieren», so Meier weiter.
Differenzierung nach Branchen
Für Unternehmen aus dem Life Sciences-Bereich wirkt sich die Pandemie weniger dramatisch aus und so sprechen denn auch fast drei Viertel der Life Sciences-Unternehmen von einem guten Geschäftsgang. Damit wirkt sich die Leitbranche der Region einmal mehr stabilisierend auf die Gesamtwirtschaft aus. «Erfreulich ist, dass aber auch andere Branchen wie die Finanz- und Versicherungswirtschaft, die Immobilienwirtschaft, die Energiewirtschaft sowie das Baugewerbe die Krise bislang gut gemeistert haben.»
Hart getroffen
Branchen wie der Tourismus, die Gastronomie und Hotellerie sowie die Event-Industrie kämpfen stark mit den Auswirkungen der Krise: «In diesen Geschäftszweigen besteht aufgrund behördlicher Vorgaben und der Unsicherheit eine besondere Betroffenheit. Viele Unternehmen befinden sich in einer existenzbedrohlichen Situation», erläutert Meier. Doch auch andere Branchen wie die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie oder die Logistik- und Transportbranche seien von der Krise betroffen: «Dass über die Hälfte der Unternehmen den aktuellen Geschäftsgang im Vergleich zur Vorjahresperiode als schlechter beurteilt, überrascht wenig.»
Verhaltener Blick in Zukunft
Mit Blick auf das kommende Halbjahr geht die Hälfte der Unternehmen von einem gleichbleibenden Geschäftsgang aus. Je rund ein Viertel prognostizieren einen schlechteren beziehungsweise einen besseren Geschäftsgang. Die schlechtesten Prognosen stammen aus dem Detailhandel, dem Grosshandel und – wenig verwunderlich – aus dem Tourismus, der Gastronomie und Hotellerie sowie der Event-Branche.
Weniger investieren
Auch hinsichtlich Investitionstätigkeit hinterlässt Covid-19 seine Spuren. Über ein Drittel der Unternehmen wird weniger investieren. «Bei der Investitionstätigkeiten der Unternehmen zeigt sich, dass je grösser das Unternehmen, desto eher bleiben die Investitionen stabil. Gesamtwirtschaftlich ist das ein gutes Zeichen», erklärt Meier. Aber zahlreiche Unternehmen, insbesondere angebotsseitig – also die Lieferanten und Leistungserbringer –, berichten von Projektverzögerungen, Projektstopps und gar von Projektstornierungen. Es komme zu Verschiebungen und Umlagerungen initiierter und geplanter Projekte. Neuprojekte würden zurückgestellt. Die Folgen dieser Vorsicht und Zurückhaltung seine schwer absehbar, so Meier weiter.
Ein ähnliches Bild zeigt die Entwicklung des Personalbestands. Im Durchschnitt wird bei zwei Dritteln der Unternehmen der Personalbestand gleichbleiben. Bei rund einem Fünftel der befragten Unternehmen wird es zu Personalabbau kommen.
Strukturwandel beschleunigt
Der Strukturwandel – die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen im Wandel der Zeit – wird durch Covid-19 stark beschleunigt. Die Corona-Situation hat der Digitalisierung einen immensen Schub verliehen. Neue Arbeitsformen hielten in kürzester Zeit in den Unternehmen Einzug. Diese Veränderungen werden auch nach überwundener Corona-Krise Bestand haben. Open Space-Bürolandschaften werden zugunsten von Homeoffice bereits wieder in Frage gestellt. Dies kann zu einer Überkapazität an Büroflächen führen, was wiederum den Immobilienmarkt und letztlich die Bauwirtschaft beeinflussen wird.
Klarheit schaffen
«Auch wenn die Erholung nach dem ersten Lockdown besser verläuft als erwartet, bleibt die Unsicherheit bei den Unternehmen gross», resümiert Meier. Für die Unternehmen sei es deshalb dringend notwendig, dass sie Planungssicherheit erhalten. «Die Politik ist gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die für klare Verhältnisse bei den Unternehmen sorgen.»
Stimmungsbarometer der Handelskammer beider Basel
Die halbjährliche Konjunkturumfrage basiert auf Expertengesprächen mit Führungskräften des C-Level-Managements von Mitgliedunternehmen. Der Stimmungsbarometer integriert die Ergebnisse einer Online-Umfrage, an der vom 2. bis 21. September 2020 134 Entscheidungsträger aus Unternehmen der Region Basel teilgenommen haben. Befragt werden Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen und von unterschiedlicher Grösse – vom Einmannbetrieb bis zum global tätigen Unternehmen. Die Ergebnisse fliessen direkt in die standortpolitische Arbeit der Handelskammer ein und werden auch mit den Regierungen beider Basel besprochen.