Das neue Biozentrum – einzigartig in Europa
Im Herbst wird das neue Biozentrum der Universität Basel seine Türen öffnen. Schon jetzt besichtigte Martin Dätwyler, Direktor Handelskammer beider Basel, den Neubau und sprach mit Prof. Alex Schier, Direktor Biozentrum, über das State-of-the-Art-Bauwerk mit internationaler Ausstrahlung.
Herr Schier, die Schlüsselübergabe für eine neue Immobilie ist ein erhabener Schritt. Was ging Ihnen bei der Schlüsselübergabe für das neue Biozentrum durch den Kopf?
Ich war erleichtert, dass es endlich soweit war, und verspürte sehr grosse Freude. Gleichzeitig war ich auch etwas melancholisch, weil das alte Biozentrum auf eine fantastische Geschichte zurückblickt und wir es nun verlassen. Aber die Begeisterung über das grossartige neue Gebäude überwiegt bei mir natürlich.
Welches sind die Forschungsschwerpunkte des Biozentrums?
Wir wollen verstehen, wie Moleküle und Zellen Leben erschaffen. Uns interessiert zum Beispiel, wie Organe gebaut werden, wie Bakterien mit anderen Zellen interagieren oder wie Moleküle als Maschinen funktionieren. Ein relativ neues Forschungsthema ist die Verhaltensforschung bei Tieren. Die Themenvielfalt ist am Biozentrum also sehr gross, die Bandbreite reicht vom Atom bis zum Tier. Unser Fokus liegt dabei auf der Grundlagenforschung, wir möchten ganz neues Wissen generieren. Unsere Erkenntnisse kommen aber auch zur Anwendung, denn Krankheiten basieren oft auf molekularen Änderungen. Ein Beispiel: Ergebnisse aus der Erforschung des Wachstums von Hefezellen werden nun in der Krebstherapie angewandt. Dabei wird der Weg immer kürzer: Früher dauerte es 30 Jahre von der Entdeckung bis zur Anwendung, heute sind es oft nur noch 5 Jahre.
Bieten sich zusätzliche Möglichkeiten für die Forschung im neuen Biozentrum?
Das neue Biozentrum ist ein technisch hochkomplexes Gebäude, einzigartig in Europa und bietet die optimalen Rahmenbedingungen für Spitzenforschung auf höchstem Niveau. Neben der Technologie ist jedoch auch die soziale und psychologische Komponente nicht zu unterschätzen, die der Neubau mit sich bringt: Das Gebäude ist sehr offen konzipiert, Menschen können sich hier unkompliziert treffen und austauschen. Die Begegnungen von 900 Studierenden und 400 Forschenden sind genauso wichtig wie die Technologie.
Zweites Standbein des Biozentrums neben der Forschung ist die Lehre: Was studieren die jungen Menschen hier?
Das Biozentrum ist auf Molekularbiologie und Bioinformatik spezialisiert. Wir haben rund 350 Bachelor-Studierende und rund 70 Master-Studierende. Dazu kommen 120 Doktorierende. Das Biologiestudium ist breit gefächert und ermöglicht ein grosses Spektrum an Berufsperspektiven.
Werden Sie im neue Biozentrum mehr Studienplätze anbieten können?
Natürlich freut es uns, wenn mehr Studierende kommen. Für uns steht aber die Qualität an erster Stelle. Wir haben im Neubau neue grosse Labors, und die Studierenden erhalten so die Möglichkeit, selber zu forschen, also wortwörtlich Wissen zu schaffen. Im Studium ging es früher zu oft darum, Wissen zu konsumieren. Dabei ist es für uns Wissenschaftler wichtiger zu wissen, was wir nicht wissen – das erforschen wir dann.
Die Präsenz eines renommierten Forschungszentrums ist für den Life Sciences Cluster eine Bereicherung: Einerseits durch den Wissenstransfer in die Wirtschaft und andererseits durch die Bereitstellung von Fachkräften für die Unternehmen. Wie arbeitet das Biozentrum konkret mit der regionalen Wirtschaft zusammen?
Diese Zusammenarbeit geschieht auf vielen Ebenen. Am wichtigsten ist sicherlich die Ausbildung. In den letzten 50 Jahren wurden am Biozentrum rund 1500 Post-Doktorandinnen und -Doktoranden, 1300 Doktorandinnen und Doktoranden sowie mehr als 1000 Master-Studierende ausgebildet. Diese hochqualifizierten Arbeitskräfte sind in Basel und überall auf der Welt in der Life Sciences- und Biotech-Branche tätig. Zwei Drittel unserer Forschungsgruppen arbeiten zusammen mit Roche, Novartis und weiteren Life Sciences-Unternehmen in der Region Basel. Die meisten unserer Forschenden widmen sich der Grundlagenforschung, doch einige gründen Start-ups. Ein Vorzeigebeispiel ist T3 Pharma, ein Spin-off der Universität Basel, das in der Krebsforschung tätig ist. Das Schöne an Basel ist, dass die Stadt so klein ist – die Wege sind kurz und informelle Kontakte zu Unternehmen einfach möglich.
Wie könnte man den Wissenstransfer bzw. die Forschungskooperationen noch zusätzlich stimulieren?
Die besten Entwicklungen passieren «Bottom up». Oft arbeiten die Forschenden drei bis vier Jahre an einer Entdeckung und dann kommt für sie der Moment der Entscheidung: Entwickeln sie die Idee weiter in Richtung Anwendung oder betreiben sie weiter Grundlagenforschung? Aus finanziellen Gründen bleiben sie oft bei der Grundlagenforschung. Es gibt natürlich Förderangebote wie Innosuisse, doch diese Unterstützung zu beantragen ist oft kompliziert. Es braucht niederschwellige, weniger bürokratische Angebote, die es den Forschenden ermöglichen, weitere ein bis zwei Jahre an ihrer Idee weiterzuarbeiten. Es könnte zum Beispiel eine Fachkommission ins Leben gerufen werden, die sich mehrmals im Jahr berät und vielversprechende Ideen schnell mit kleineren Anschubfinanzierungen unterstützt.
In Wirtschaft und Gesellschaft dreht sich aktuell alles um das Coronavirus. Gibt es Schnittstellen des Biozentrums und der Bekämpfung der Pandemie?
Während der Pandemie stand unser Biozentrum dank Prof. Richard Neher sehr im Mittelpunkt. Prof. Neher erforscht die Evolution von Viren. Zusammen mit Forschenden in den USA arbeitet sein Team an der Webapplikation «Nextstrain». Mit «Nextstrain» kann man in Echtzeit verfolgen, wie sich das Coronavirus verbreitet und verändert. Richard Neher und Emma Hodcroft, eine Postdoktorandin in seiner Gruppe, waren auch oft als Experten in den Medien. Dank unseren hausinternen Spezialistinnen und Spezialisten waren wir schon früh für das Thema Coronavirus sensibilisiert und konnten auch in Basel den Behörden und Institutionen beratend zur Seite stehen.
Zurück zum Gebäude: Die Entstehung des Biozentrums war kein Spaziergang. Wenn Sie das Rad zurückdrehen könnten: Was würden Sie anders machen?
Der Neubau entspricht dem höchsten Stand der technischen Entwicklung und erfüllt die komplexen Anforderungen der modernen Forschung im Life Sciences-Bereich. Es beinhaltet unter anderem äusserst sensible wissenschaftliche Gerätschaften und Speziallabore für verschiedene Gefahrenstufen. Das Bewusstsein dafür, wie komplex die Erstellung des Biozentrum-Neubaus ist, hätte sich bei den Verantwortlichen früher entwickeln sollen. Dadurch wäre man besser auf mögliche Probleme vorbereitet gewesen.
Wann hat das lange Warten ein Ende? Und findet ein grosses Eröffnungsfest statt?
Die Eröffnung ist Ende September, dann nehmen wir im Neubau den Lehrbetrieb auf. Ob wir dann ein Fest veranstalten können, kommt auf Corona an. Ich bin zuversichtlich, dass wir im September oder Oktober feiern können.
Eng mit dem Biozentrum verbunden
Prof. Alex Schier, Direktor des Biozentrums der Universität Basel, wuchs in Oberwil (BL) auf und studierte an der Universität Basel. Nach dem Doktorat am Biozentrum verbrachte er viele Jahre an der Harvard University und an der New York University, zuletzt als Vorsitzender des Departements für Molekular- und Zellbiologie in Harvard. 2017 konnte er dem Ruf seiner Alma Mater nicht widerstehen und kehrte zurück nach Basel, um die Leitung des Biozentrums zu übernehmen. «Basel ist das europäische Pendant zu Boston, was Life Sciences angeht», sagt er.
Der Neubau in Zahlen
19 Etagen – 16 Ober- und 3 Untergeschosse
40% des gesamten Volumens unterirdisch
23'400 m2 Nutzfläche
40 Labor-Quadranten
900 Studierende
400 Forschende aus über 45 verschiedenen Ländern
32 ProfessorInnen
Total 600 Mitarbeitende in div. Departementen und Funktionen
©Universität Basel, Dominik Plüss
22.06.2021 - René Ströhmann
Hallo Zusammen,
Ich bin Neuling und freue mich sehr auf die kommenden Aufgaben in neuer Umgebung.
Mut zum Neuanfang ein Out of the Box denken beflügelt den Neustart.
Liebe Grüße
René Ströhmann