Stellungnahmen zu den Grossratssitzungen vom 16. und 23. Oktober 2024

04.10.2024

Die Handelskammer beider Basel nimmt zu diversen Traktanden der Grossratssitzung vom 16. sowie 23. Oktober 2024 Stellung.

Traktandum 18: Petition P476 "Nein zum Rheintunnel", Bericht der PetKo

Die Handelskammer beider Basel spricht sich klar für den von National- und Ständerat befürworteten Bau des Rheintunnels aus, da mit dem Projekt bestehende Engpässe im Kern der Agglomeration Basel behoben werden und die Osttangente nachhaltig vom Durchgangsverkehr entlastet wird. Somit steht dort künftig mehr Kapazität für den Quell-, Ziel- und Binnenverkehr zur Verfügung. Die Kapazitätserweiterung wird gemäss offiziellen Berechnungen zu einer Verlagerung des Strassenverkehrs auf das sicherere Nationalstrassennetz führen, wodurch sich die Anzahl der Unfälle vermindert. Diese Verlagerung wird zudem zu einer Aufwertung der betroffenen Siedlungsgebiete führen und den Agglomerationskern weiter stärken. Insbesondere wird der Rheintunnel zu einer Verminderung der Luftschadstoffemissionen sowie einer Reduktion der Lärmbelastung im Siedlungsgebiet beitragen. Dies nicht zuletzt, da der Rheintunnel rund 80 Prozent des Schwerverkehrs aufnehmen wird.

Schliesslich muss erwähnt werden, dass der Rheintunnel die hohe Qualität der Erreichbarkeit des Wirtschaftsstandorts und Lebensraums Basel strassenseitig erhalten soll. Angesichts der Wachstumsaussichten der Region gibt es keine Alternative zum punktuellen Ausbau des Verkehrsnetzes. Dies gilt gleichermassen für andere Verkehrsträger.

Die Handelskammer setzt sich jedoch ebenfalls dafür ein, dass der Bau des Rheintunnels für die Bevölkerung möglichst erträglich umgesetzt wird. Es sollen, wie von ASTRA und Regierung Basel-Stadt angekündigt, grosszügige und auch nach dem Bau des Rheintunnels verbleibende Ersatzflächen geschaffen werden. Auch weitere Lärmschutzmassnahmen sind für die Anwohnerschaft der Osttangente zu implementieren. Vor diesem Hintergrund befürworten wir es, die Petition an den Regierungsrat zur Stellungnahme innert eines Jahres zu überweisen.

Wir bitten Sie, die Petition an den Regierungsrat zur Stellungnahme zu überweisen.

Traktandum 19: Petition P477 "Für den Erhalt unserer Universität!", Bericht der PetKo

Die Handelskammer beider Basel unterstützt die Forderungen der Petition. Forschung, Innovation und – in Verlängerung davon – eine exzellente Lehre entwickeln sich in langen Zeithorizonten. Und eine auf Spitzenniveau forschende und lehrende Universität ist für die Region Basel von entscheidender Bedeutung. Deshalb sind, wie die Petition fordert, kurzsichtige Sparvorschläge abzulehnen und eine langfristige und stabile Finanzierung durch Trägerkantone sicherzustellen.

Wir bitten Sie, die Petition an den Regierungsrat zu überweisen.

Traktandum 27: Motion Christian C. Moesch und Konsorten betreffend Rückvergütungen von kantonalen Überschüssen an die steuerzahlenden Privatpersonen, Stellungnahme des RR
Traktandum 120: Motion 9 Tonja Zürcher und Konsorten betreffend ganze Bevölkerung am Überschuss des Kantons beteiligen

Der Kanton Basel-Stadt schliesst seine Jahresrechnungen seit einigen Jahren deutlich über Budget ab und schreibt jeweils hohe Überschüsse. Es muss deshalb auch nach der letztjährigen Steuersenkung von einem strukturellen Überschuss gesprochen werden. Eine Rückvergütung von kantonalen Überschüssen kann deshalb ein sinnvolles Instrument sein, um die Bevölkerung an der positiven Finanzlage des Kantons zu beteiligen.
Der Regierungsrat begrüsst diesen Vorschlag in der Stellungnahme zur Motion Moesch als «vielversprechenden Ansatz», beantragt jedoch die Überweisung als Anzug, unter anderem um eine Pro-Kopf-Ausschüttung zu prüfen, wie dies auch die Motion Zürcher fordert.

Eine Pro-Kopf-Ausschüttung ist entschieden abzulehnen. Sie würde zu einer neuen versteckten Umverteilung führen, die weder nötig noch angebracht ist. Ein hoher Überschuss bedeutet zu hohe Steuersätze. Es ist deshalb folgerichtig, wenn die Rückvergütung im Verhältnis zum persönlichen Steueraufkommen an diejenigen erfolgt, die diesen Überschuss durch zu hohe Steuern finanziert haben.

Es bleibt schliesslich festzuhalten, dass eine Rückvergütung von Überschüssen nur ein ergänzendes Instrument zu einer massvollen Steuerpolitik sein kann. Bei der Rückvergütung wird mit einem Symptom umgegangen, dessen Ursache im Wesentlichen zu hohe Steuereinnahmen sind. Deshalb muss eine weitere Senkung der Steuersätze für natürliche Personen im Vordergrund stehen, damit es gar nicht erst zu derart hohen Überschüssen kommt. Auch deshalb, weil wenn es um die Beurteilung der Standortattraktivität geht, der Vergleich von Steuersätzen im Vordergrund steht. Eine Rückvergütung findet in solche Vergleiche keinen Eingang.

Wir bitten Sie, die Motion Christian C. Moesch zur Erfüllung an den Regierungsrat zu überweisen.

Wir bitten Sie, die Motion Tonja Zürcher nicht zu überweisen.

Traktandum 30: Motion Anina Ineichen und Konsorten für einen Klimafonds "New Green Deal für Basel" (NGDB), Stellungnahme des RR

Die Motion fordert die Einrichtung eines Fonds, um die von der Klimaschutzstrategie vorgesehenen Massnahmen finanzieren zu können. Der Fonds soll gespiesen werden aus einem Teil der Überschüsse des Kantons, aus einem Teil der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer und aus Bundesmitteln.

Die Ergänzungssteuer setzt die OECD-Mindeststeuer um und stellt sicher, dass international tätige Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro mindestens 15 Prozent Gewinnsteuer bezahlen. 75 Prozent der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer fliessen an die Kantone. In Basel-Stadt sind rund 100 Unternehmen von dieser Steuer betroffen.

Dass die sich daraus ergebenden Mehreinnahmen zur Verbesserung der Standortattraktivität eingesetzt werden, ist ein zentrales Anliegen der Wirtschaft. Die Ergänzungssteuer führt zu einer finanziellen Mehrbelastung der betroffenen Unternehmen, ohne dass hierfür ein Mehrwert geboten wird. Um im internationalen Standortwettbewerb auch in Zukunft attraktiv zu sein, ist eine anderweitige Verbesserung der Standortbedingungen, die sich auch finanziell für die Unternehmen positiv auswirkt, daher unabdingbar.

In seiner Stellungnahme weist der Regierungsrat darauf hin, dass bei der kantonalen Umsetzung der Mindeststeuer auch ökologische Ziele mitberücksichtigt werden. Eine weiterführende Verwendung dieser Einnahmen im Sinne der Motion ist sachlich nicht gerechtfertigt. Dies würde dazu führen, dass ein kleiner Teil der Unternehmen einen überproportionalen Anteil der Kosten tragen müsste. Die umfassenden Bemühungen der betroffenen Unternehmen für mehr Klimaschutz bleiben gänzlich unberücksichtigt.

Der Vorschlag ist auch demokratisch äusserst fragwürdig. Entgegen beispielsweise dem Mehrwertabgabefonds, bei dem Ausgaben ab einer bestimmten Höhe durch den Grossen Rat zu beschliessen sind und dem fakultativen Referendum unterliegen, würde hier eine sogenannte Vergabekommission über die Verwendung der Mittel entscheiden. Die Massnahmen zur Umsetzung der Klimaschutzstrategie würden damit nicht nur dem Parlament, sondern auch der Mitbestimmung durch das Volk entzogen, die heute über Klimaschutzmassnahmen und deren Finanzierung entscheiden. Die Handelskammer ist demgegenüber überzeugt, dass Klimaschutz nur dann erfolgreich sein kann, wenn die entsprechenden Massnahmen von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen werden.

Wir bitten Sie, die Motion nicht zu überweisen.

Traktandum 121: Motion 10 Joël Thüring betreffend Ausbildungsobligatorium – zur Erhöhung der Abschlussquote im Kanton Basel-Stadt

Der Kanton Basel-Stadt weist schweizweit die niedrigste Abschlussquote auf der Stufe Sek II auf: Nur 85,4% der Jugendlichen haben bis zum Alter von 25 Jahren eine Lehre oder eine weiterführende Schule abgeschlossen. Das bedeutet: Von 100 Jugendlichen verfügen ganze 15 im Alter von 25 Jahren über keinen Abschluss auf der Sekundarstufe II. Die Konsequenzen für Wirtschaft, Gesellschaft und die Betroffenen selbst sind schwerwiegend, wie der Motionär belegt.

Wie der Motionär sieht die Handelskammer hier einen dringenden Handlungsbedarf. Bereits im Anzug von Melanie Nussbaumer vom September 2022 (22.5329.01) wird die Idee eines Ausbildungsobligatoriums bis 18 Jahre analog zum Kanton Tessin in den Raum gestellt. Auch der zuständige Regierungsrat hält ein Ausbildungsobligatorium für eine gute Idee. Die Motion fordert nun, dass ein solches innerhalb eines Jahres realisiert wird.

Die Handelskammer sieht in einem Ausbildungsobligatorium ein geeignetes Mittel, die Abschlussquote mittelfristig zu erhöhen und weitere griffige Massnahmen vorzubereiten. Ein solches Obligatorium erlaubt dem Kanton ein effizientes Monitoring des Ausbildungsstands seiner Jugendlichen. Und auf Grundlage dieses Monitorings, das endlich gesicherte Zahlen und nicht blosse Hochrechnungen liefert, lassen sich gezielte Massnahmen zur Verbesserung der Abschlussquote ergreifen.

Wie der Motionär erwähnt, verfügt der Kanton Basel-Stadt bereits jetzt über geeignete Gefässe, um Jugendliche und junge Erwachsene zu unterstützen, die nach der obligatorischen Schulzeit Schwierigkeiten haben, eine geeignete Anschlusslösung zu finden. Diese Instrumente haben sich bewährt. Ein Ausbildungsobligatorium muss und soll deshalb nicht neue Angebote nach sich ziehen, sondern es macht einzig die bereits etablierten und bewährten Angebote verpflichtend. So fallen Jugendliche und junge Erwachsene nicht mehr durch die Maschen des Ausbildungssystems, sondern werden auf ihrem Weg zu einer Ausbildung auf der Sekundarstufe II unterstützt.

Da die Abschlussquote im Kanton Basel-Stadt seit geraumer Zeit auf einem sehr niedrigen Niveau stagniert, sind weitere Verzögerungen bei der Einführung von griffigen Massnahmen nicht angezeigt. Die Zahlen sind deutlich und seit langem bekannt. Die Handelskammer befürwortet deshalb die in der Motion geforderte Umsetzung innerhalb eines Jahres.

Wir bitten Sie, die Motion zu überweisen.

Traktandum 130: Anzug 7 Daniel Seiler und Konsorten betreffend Stärkung der dualen Berufsbildung durch besseren Einbezug der Wirtschaft

Die Handelskammer beider Basel unterstützt den Ansatz, die duale Berufsbildung durch einen besseren Einbezug der Wirtschaft zu stärken. Um die Wirtschaft nicht über Gebühr zu strapazieren, regen wir an, die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft über die regionalen Wirtschaftsverbände zu vermitteln, da die Verbände über die geeigneten Netzwerke und das notwendige Know-how verfügen.

Wir bitten Sie, den Anzug zu überweisen.

Traktandum 150: Anzug 27 Thomas Widmer-Huber und Konsorten betreffend Solarstrom via IWB-Contracting-Vertrag auch auf Dachflächen von Einfamilienhäusern, Mehrfamilienhäusern und Genossenschaften

Die Handelskammer beider Basel lehnt den Anzug zur Erweiterung der IWB-Contracting-Verträge auf Einfamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Genossenschaften ab. Die vorgeschlagene Ausweitung der Aktivitäten der IWB in diesem Bereich ist aus unserer Sicht nicht notwendig und würde den Wettbewerb im privaten Sektor unverhältnismässig verzerren.

Es gibt in der Region bereits eine Vielzahl von privaten Unternehmen, die massgeschneiderte Lösungen für die Installation und den Betrieb von Photovoltaikanlagen anbieten. Diese Unternehmen haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie in der Lage sind, die Nachfrage nach Solarstrom in der Bevölkerung effizient und wettbewerbsfähig zu bedienen. Eine staatlich unterstützte Ausweitung der IWB auf dieses Segment würde die bestehenden privaten Anbieter unnötig unter Druck setzen und ihre Marktchancen schmälern.

Wir bitten Sie, den Anzug nicht zu überweisen.

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